Autor | Hans von Storch |
Verlag | J.H.W. Dietz |
Umfang | 192 Seiten |
ISBN | 978-3-8012-0659-8 |
Preis | Fr. 28.90 (UVP) |
Der Klimaforscher und Mathematiker Hans von Storch darf als unbequeme Stimme in der Klimadebatte gelten. Nicht, weil er den menschengemachten Klimawandel relativiert oder kleinredet; das tut er nirgends. Schon eher, da er schon vor zehn Jahren den Einfluss des einzelnen Individuums auf die Klimaveränderung als gering einschätzte und stattdessen auf politische, möglichst internationale Handhabung pochte – womit er dem populären Narrativ der persönlichen Klimaverantwortung entgegenstand. Oder weil er die Einflusssphären von Wissenschaft und Politik gerne getrennter sähe, als es aktivistische Klimaforscher zunehmend praktizieren, um so die jeweiligen Stärken der Kompetenzfelder nicht zu unterminieren. Oder auch, weil er schon damals nicht nur die Reduzierung der Treibhausgase, sondern auch die Anpassung an die Folgen der Klimaveränderung dringender auf die Agenda setzte, als es (noch) üblich war… In seinem neuen Buch bringt er all dies im Zusammenspiel von Natur- und Gesellschaftswissenschaften noch einmal bündig und faktenorientiert auf den Punkt und ergänzt es um konstruktive Anstösse, wo der politische Massnahmenkatalog verstärkt ansetzen sollte.
Aus einer kurzen, sachverständigen Einführung in die Geschichte, die Daten und Mechanismen des Klimawandels entwickelt sich das Buch hinüber in eine breit angelegte Analyse der gesellschaftlichen Möglichkeiten, dessen Auswirkungen zu mildern. Dabei diskutiert Hans von Storch – wie oben schon angeklungen – insbesondere auch die Rolle der (Natur-)Wissenschaft im Prozess der Entscheidungsfindung. Das könnte leicht zum rein akademischen Disput geraten, würde er dabei nicht gleich auch die Grundlagen, Probleme und Methoden der Klimaforschung laientauglich erläutern – und würde er nicht noch nebenbei seine Argumente für eine planvolle Antwort auf die Erderwärmung herausarbeiten. In Gegenüberstellung der möglichen Treibhausgas-Einsparungen appelliert er hier statt auf Konsumverzicht verstärkt auf Innovation und die Förderung der darunterliegenden Forschung; statt auf bürgerliche Selbstgeisselung auf politische Tatkraft, Anpassung an die bereits unvermeidlichen Klimawirkungen und Entwicklungsbereitschaft. Dabei ist ihm (auch wenn er das von sich weist) ein weitreichender Technikoptimismus nicht abzusprechen. Wir würden ausserdem – aus unserer umweltpädagogischen Warte – der individuellen Klimaverantwortung mehr Wert zusprechen als er. Wer sich persönlich zum Klimaschutz entscheidet, wird dies auch deutlicher und informierter von der Politik fordern.
Doch solche Einwürfe sollen nicht überbewertet werden: Widerspruch regte sich selten während der Lektüre. Ein besonderes Anliegen ist Hans von Storch nicht zuletzt auch die faire und verständige Einbindung des Globalen Südens in die Klimaschutzbemühungen, abseits kolonialistischer Ideenwelten. Hier fordert er das Angebot nachhaltiger, aber auch wirtschaftlich attraktiver Technologien an die „Entwicklungsstaaten“ - ebenso wie unsere demütige Kenntnisnahme, dass den Mangelernährten die nächste Mahlzeit näher sein darf als die eingesparte Tonne CO2. Dass er über all diesen Relativierungen und wichtigen Differenzierungen das klare Bild eines wirkkräftigen, demokratischen Klimaschutzes bewahrt und festigt, ist die besondere Stärke seines Buches.
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