Autor | Andreas Weber |
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Verlag | Berliner Taschenbuch |
Umfang | 239 Seiten |
ISBN | 978-3-8333-0638-9 |
Preis | Fr. 14.90 (UVP) |
In seinem Buch „Biokapital" betreibt er fundierte Kritik an unserem Wirtschaftssystem und fordert eine radikale Veränderung. Diese macht er uns in Form einer Verquickung von ökonomischen mit ökologischen Kreisläufen schmackhaft. Dabei redet er gegen den reduzierten Wachstumsbegriff an und stellt der gängigen Form der Ressourcenschändung eine Handvoll Beispiele gegenüber, in denen dem Naturkapital Rechnung getragen wird. Dennoch bleibt das Buch hinter unseren Erwartungen zurück. Um uns seine Vorschläge zur Versöhnung der Ökonomie mit den Ökosystemen und unseren nichtmateriellen menschlichen Bedürfnissen verständlich zu machen, gewährt er uns Einblick in seine Sicht ihrer Funktionsweise. Im Fall der Ökonomie gelingt ihm das gut, und wir wollen ihm bestimmt nicht ins Wort fallen, wenn er uns lehrt, dass es zur Beschreibung unserer Lebensumwelt mehr bedarf als Zahlen oder Querschnittzeichnungen von Käfern. Es wurde uns nur nicht ganz klar, wie seine anhand von zehn Geboten dargelegten, mal liberalen, mal regulativen Prämissen des humanistischen Wirtschaftens effektiv zusammenwirken sollen. Wirklich seltsam wird es dann überall dort, wo er auf „Natur" und „Leben" zu sprechen kommt. Hier lässt er sich zu literarischen Schwärmereien hinreissen, die erreichten, dass uns die Mechanismen und die Komplexität von Ökosystemen zunehmend vor den Augen verschwammen und sich in hübsche, aber vage Schleier auflösten. Auch, mit welcher Verve er der Biologie ihre Erfolge bei einer dienlichen Einschätzung unseres Lebensumfelds abspricht und dabei ausgerechnet Darwin als „bösen" Prediger eines fortschrittsbesessenen, nutzenberechnenden Naturbegriffs porträtiert, lässt Zweifel an den Grundlagen seiner Ausführungen aufkommen. Seine Lehre von den menschlichen Bedürfnissen und den Gesellschaftsstrukturen, die uns ihre Erfüllung ermöglichen sollen, nimmt schliesslich noch Anleihen bei einem allzu simplen Tribalismus, der uns glauben machen will, Stammesgesellschaften hätten über Jahrtausende in satter Zufriedenheit und in schönster Harmonie mit sich und ihren natürlichen Lebensgrundlagen gelebt.
Bei all diesen Kritikpunkten, die uns nicht unerheblich erscheinen, wollen wir doch hervorheben, dass das Buch abseits der Details viele gewinnbringende, mutige und inspirierende Ideen vermittelt. Mehr noch: Mit einigen Tagen Abstand wird spürbar, wie diese nachwirken. Das bedeutet, dass der Autor seine grundsätzlichen Anliegen eindrücklich darzustellen weiss. So diskussionsbedürftig seine spezifischen Vorschläge zur Umbildung unseres Wirtschaftssystems sein mögen, zeichnet sein Buch doch ein einprägsames Bild von einer Gesellschaft, die wir gern verwirklicht sähen. Er gibt damit eine Marschrichtung vor, der wir uns leichten Herzens anschliessen.
Rezension: Sacha Rufer
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