Autor | Sven Böttcher |
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Verlag | Kiepenheuer & Witsch |
Umfang | 445 Seiten |
ISBN | 978-3-462-04278-8 |
Preis | Fr. 28.90 (UVP) |
Sven Böttcher legt uns hier einen Thriller vor, für den er ein ökologisches Motiv nicht nur als Aufhänger heranzieht, sondern das Geschehen substanziell darum sortiert. Er schafft es dabei, ein nicht aus sich selbst heraus nervenzerfetzendes Thema, namentlich Klimamodelle, zu einem tatsächlich hochgradig spannenden Lesestoff zu erheben. Dazu traf er einige Entscheidungen, die dem Rezensenten Achtung abfordern.
Der Plot gehört zwar, ausserhalb der originellen und mutigen Themenwahl, nicht unbedingt zu diesen Entscheidungen. Ein geheimes, undurchschaubar finanziertes Klimamodell-Programm erstellt eine Prognose, die eine Katastrophe in nächster Zukunft ankündigt. Dunkelmänner versuchen zu verhindern, dass die Öffentlichkeit von dieser Prognose erfährt. Die Helden, an Leib und Leben bedroht, hetzen durch die Gegend und versuchen, zumindest Alarm zu schlagen, bestenfalls einige hundert Millionen Menschenleben zu retten, und womöglich die Dunkelmänner blosszustellen. Die Weltrettung verläuft also nach bewährtem Plan; dramatisch, aber ohne Wendungen, die uns vor Überraschung aus den Schuhen hoben. Doch Sven Böttcher erzeugt zusätzliche Spannung ausserhalb der genretypischen Ebene. Seine Haupt- und Nebenfiguren zeichnet er so, dass zumindest dem Rezensenten die Sympathieverteilung schwerfiel. Zur Rettung der Welt laufen hier Zyniker, arrogante Besserwisser und ignorante Hedonisten auf. Diese liefern sich unterwegs labyrinthische Wort- und Ideologiegefechte, wobei sie wissenschaftliche Fachbegriffe in Fülle vor dem Leser ausschütten. Das würden wir als Verbrechen des Autors an seinem Publikum werten, wenn er damit nicht erreichen würde, dass man sein Hirn ungewohnte Kapriolen schlagen lässt. Da wir gerne wissen möchten, wer jetzt eigentlich der Böse in diesem Spiel um Macht und Geld auf der unbewegten Schulter des Klimawandels ist, müssen wir uns darauf einlassen, nicht bei Gores „Unbequemer Wahrheit" stehen zu bleiben, sondern weiter zu fragen. Das hat seinen Wert nicht nur im Roman. Auch wenn wir empfehlen, die Spielereien des Autors mit Verschwörungstheorien nicht durchweg für bare Münze zu nehmen: Wir haben ehrliche Freude an seinen Fragen, und bestens unterhalten wurden wir zudem.
Rezension: Sacha Rufer
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