Autor | Martin Ott |
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Verlag | Faro im Fona Verlag |
Umfang | 174 Seiten |
ISBN | 978-3-03781-033-0 |
Preis | Fr. 34.90 (UVP) |
Martin Ott ist sowohl Landwirt als auch Pädagoge. Wem ob dieser Verbindung der Verdacht kommt, dass da auch irgendwo die Anthroposophie noch ein Wörtchen mitredet, ist auf dem vollkommen richtigen Dampfer. Doch eventuelle Anthroposophie-Verächter sollten sich davon nicht abhalten lassen, dem Buch und seinem Autor eine Chance zu geben. Zum einen, weil sich der Verdacht aus der Lektüre selbst nur bestätigt, wenn man ausdrücklich danach sucht. Zum andern, weil es ein auf allen Ebenen bemerkenswertes Werk ist. Zum Beweis dieser Einschätzung können wir mit dem Oberflächlichsten beginnen; mit der Aufmachung. In einem Buch, das Kühe im Titel trägt, Bilder von Kühen vorzufinden, ist ja noch nicht besonders erstaunlich. Sie aber durch das Auge des Fotografen Phillipp Rohner zu sehen, weckt dieses Erstaunen dann doch. Da erblicken wir für einmal nicht die Kuh in der Landschaft, sondern die Landschaft Kuh. Die Abbildungen sind damit perfekter Spiegel des Textes. Erst einmal führt uns Martin Ott die Kuh entlang. Er verrät uns dabei, schon mit einem Seitenblick auf das Verhalten und die Kommunikation der Kuh, allerlei Überraschendes zu ihrer äusserlichen Beschaffenheit. Dann führt er uns durch die Kuh hindurch. Auch dabei bemüht er sich, uns zum Staunen zu bringen, und obwohl hier zeitweilig etwas trockeneres zoologisches und landwirtschaftliches Wissen einfliesst, gelingt ihm das problemlos. Das eigentliche Anliegen des Autors ist jedoch die grundlegende Veränderung unseres Verhältnisses zur Kuh. Mit seinen feinfühligen und bedeutsamen Erkenntnissen zu ihrem Herdenverhalten und ihrer Kommunikation weckt er Neugier und Empathie. Und er verändert den Leser. Wir betrachten dieses duldsam unscheinbare Tier, ohne das wir kaum jemals sesshaft geworden wären, nach der Lektüre tatsächlich mit anderen Augen.
Für Martin Ott ist klar, dass wir gegenüber unseren Nutztieren in einer Bringschuld stehen. Wir haben ihre Welt verändert, und wir nutzen sie aus. Zumindest ein „tiefes Interesse", wie er sagt, sollten wir gegenüber diesen Tieren aufzubringen im Stande sein. Er hat dabei noch nicht einmal die Schlachtrinder, sondern hauptsächlich die Milchkühe im Sinn. Auch hier, so zeigt er uns, müssen wir erst einmal unsere Ansprüche an das Tier wieder auf gesunde Füsse stellen. Das können wir tun, indem wir beispielsweise auf einem Hof nur so viele Kühe halten, wie die Wiese an Futter hergibt - und dafür natürlich die Kühe auch wieder auf die Wiese lassen. Kühen Getreide zu verfüttern, das Menschen ihr täglich Brot sein könnte, davon sollten wir schon einmal Abstand nehmen. Eine andere einprägsame und wichtige Einsicht, die wir aus dem Buch ziehen, ist, dass die Kuh uns hauptsächlich wegen ihres Mistes, nicht ihrer Milch, ans Herz wachsen sollte. Ist es doch dieser Mist, der das Ackerland fruchtbar hält und den zunehmenden Bodenverschleiss stoppen könnte – zumindest, solange auch hier ein vernünftiges Mass eingehalten wird. (Die industrielle Massentierhaltung verkehrt diesen Zusammenhang auch mal ins Gegenteil.) Es ist klassisches biologisches Kreislaufdenken, das uns hier begegnet, nur einmalig praxisverbunden und nachvollziehbar dargelegt. Wir können zu ganz neuen, stolzen Bedeutungen des Titels Kuhschweizer vorstossen, wenn wir es beherzigen.
Rezension: Sacha Rufer
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