Buch «Der Letzte macht das Licht aus»

Buch «Der Letzte macht das Licht aus»

Die Zukunft der Energie

Der Physiker und Nobelpreisträger Robert B. Laughlin setzt seine Thesen und Ansichten gerne als Kontrapunkt zum gesellschaftlichen oder wissenschaftlichen Grundtenor. Bezüglich der Erneuerbaren Energien bedeutet das, dass er eine schreckliche Energiekrise heraufziehen sieht, die uns dann auch ein ganzes Weilchen beschäftigen und ökologische Problemstellungen wie den Klimawandel von der Alltagsagenda verdrängen wird. In seinem Buch findet er hierfür fachkundige Argumente und auch manch originelle und konstruktive Lösungsansätze, so dass wir unseren ersten Eindruck, wir hörten hier einen Warnruf um des Warnrufs willen, schnell revidierten. Unser Schiedsspruch bleibt dennoch zwiespältig.

 

Autor  Robert B. Laughlin
Verlag  Piper Verlag
Umfang  400 Seiten
ISBN  978-3-492-05467-6
Preis  Fr. 32.90 (UVP)

 

Um uns eine Zukunft, in der die fossilen Brennstoffe aufgebraucht sind, anschaulich zu machen, nimmt er uns dahin mit. Zweihundert Jahre, um genau zu sein, womit er in seiner Einschätzung der diesbezüglichen Reserven wohl auf der sicheren Seite ist. Dieser futuristische Ausflug funktioniert als dramaturgischer Ansatz bestens. Der Autor schafft es so (und mittels seiner Praxis, alle langatmigeren wissenschaftlichen Erläuterungen in den Anhang zu verschieben), seinen Text populärwissenschaftlich verständlich und doch faktisch präzise zu halten. Er macht aber auch allzu offensichtlich, dass Laughlin seine pessimistischeren Visionen der Energieunsicherheit auf zweifelhaften Grundlagen baut. Zum Einen jene, dass sich in jedem Fall und unbedingt die ökonomisch billigste Energiequelle durchsetzen müsse. Selbst wenn man geneigt wäre, ihm zuzustimmen, dass die Menschen ihren Alltag stets marktrational auf die Suche nach dem billigsten Benzin verbringen, geht er hierbei von einem liberalen Markt aus, der sich allenfalls im amerikanischen Traum gemeistert sieht. Des Weiteren scheint ihm offenbar unumstösslich, dass sich die Energieversorgung in den folgenden Jahrzehnten nach dem aktuellen Vorbild der Grossverteiler weiterentwickeln wird. Wer wahrnimmt, wie sich in Europa Haushalte und Unternehmen stückweise von diesen grossen Energieunternehmen unabhängig zu machen suchen, wird sich auch hier zu Zweifeln berufen fühlen. Auf Grund solcher Annahmen kommt er dann – ganz natürlich – zum Schluss, dass eine Zukunft ohne die „billige" Atomenergie und ihre utopische Schwester, die Fusion, kaum denkbar sei. Die Gemeinsamkeiten zwischen USA und Europa, die er in seinem Vorwort proklamiert, stossen hier bereits an ihre Grenzen.

Dass seine Schreckensvisionen vom gewaltbereiten Kampf um Ressourcen und Technologien, vom grossen Lichterlöschen und den kommenden ökonomischen Tiefschlägen nicht zwangsläufig zutreffen müssen, beraubt das Buch jedoch nicht all seiner Qualitäten. Robert B. Laughlin stellt die richtigen, unbequemen Fragen, die der unbedingte Glaube an den Fortschritt gern unter den Tisch fallen lässt, und macht uns darauf aufmerksam, dass die Physik einige Naturgesetze in petto hat, die sich nicht von Optimismus umstimmen lassen. Auch dass sich die ökologische Verträglichkeit von Solarpanels plötzlich ganz anders rechnet, sollten wir tatsächlich die irdischen Wüsten damit überdachen wollen, darf gern mal gesagt sein. Dies festgestellt, macht er sich auf, dennoch nach Lösungen zu suchen, und kann dabei Gedanken anstossen, die sich als äusserst fruchtbar erweisen dürften. Die Energiegewinnung aus Algen, Kuhmist oder Müll ist ein eher konventioneller, die Nutzung der ozeanischen Tiefsee als Energiespeicher einer der unerhörteren, die er gewissenhaft auf Schwächen und Stärken abklappert. Robert B. Laughlin präsentiert sich also keineswegs als Schwarzseher oder Miesmacher, sondern als ehrlich um unsere Zivilisation besorgter Herausforderer. Man muss sich seine Fragen und Zweifel genauso zu Herzen nehmen, wie man sich von seinen Ideen inspirieren lassen darf, wenn es einem kein begrüssenswertes Ziel scheint, zu Gunsten einer möglichst billigen Stromversorgung jeden ökologischen Anspruch über Bord gehen zu lassen.

Rezension: Sacha Rufer

 

 

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