Autor | Bettina Hartz |
---|---|
Verlag | Deutsche Verlags-Anstalt |
Umfang | 205 Seiten |
ISBN | 978-3-421-04479-2 |
Preis | Fr. 21.90 (UVP) |
Nun ist Frau Hartz Germanistin und Literatin, und so stösst sie für diese Recherchen mit Vorzug in die kulturellen und literarischen Jagdgründe vor. Zudem färbt ihr Selbstverständnis als Kulturprotagonistin natürlich auch ihre Sprachgewohnheiten ein, so dass sich das Gleichnis vom Lobgesang als recht treffend erweist. Mal ist ihr Gesang anmutig und harmonisch, mal fröhlich und lebendig... und dann versteigt er sich, entgleitet in selbstreferenzielle Höhen, bastelt sich im freien Raum des Ästhetizismus ein hübsches Schlösschen... Das ist uns dann schon mal ein wenig zu viel Literatur. Auch wie die Lieblinge des geschniegelten Kulturverständnisses in Reihe zitiert werden, ist uns etwas peinlich. Simone de Beauvoir, Henry Miller und Pablo Neruda geben Tati, Tussaud und Kaurismäki die Klinke in die Hand. Doch um der Wahrheit die Ehre zu geben: Wir haben diesbezüglich auch Entdeckungen gemacht, und überhaupt ist es uns natürlich tausendmal lieber, den guten Henry über Fahrräder philosophieren zu hören, als, sagen wir mal, Alan Greenspan über Privatjets.
Deshalb wollen wir die Negativkritik jetzt weit hinter uns lassen und gestehen, dass uns das Buch auch im Moment der obengenannten Vergehen ein Lächeln entlockte. Bettina Hartz' Analysen des spezifisch Radfahrerischen im menschlichen Wesen und ihre Überlegungen dazu, wie uns das Fahrradfahren zu intuitiveren, sozialeren, kreativeren Menschen macht, mögen nicht immer völlig geradlinig und empirisch überprüfbar sein. Sie sind stattdessen inspirierend und frohgemut, und sie unterhalten mit einem zerzausten Charme, der bestens zum Gegenstand passt. Dabei werden aus Kultur- und Zeitgeschichte vielerlei Informationen ausgebreitet, die dann gar die Grenze von der Unterhaltung zur Spannung überschreiten. Das Buch wird dem radfahrenden Teil der Bevölkerung neue Horizonte eröffnen, über die sich beim zügigen Strampeln ganz vorzüglich sinnieren lässt, und vielleicht, in hintergründiger Absicht an diesbezügliche Kostverächter verschenkt, Neugier und Neid wecken. Wir sind glücklich, es jetzt in unserem Köcher zu haben.
Rezension: Sacha Rufer
Kommentare (0) anzeigenausblenden