Autor | Andreas Grabolle |
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Verlag | Goldmann Verlag |
Umfang | 415 Seiten |
ISBN | 978-3-442-17316-7 |
Preis | Fr. 13.50 (UVP) |
Das Buch des Biologen und Umweltjournalisten ist genau in der Schnittstelle zwischen Reportage, Selbstreflexion und Ratgeber angesiedelt. Dieser Komplexität ist es geschuldet, dass es nicht ganz die Wucht und Kraft des ähnlich angelegten Buches „Tiere essen" von Jonathan Safran Foer entwickelt. Aber wir verspüren überhaupt keine Lust, den Autor deswegen zu tadeln. Wie Foer startet Grabolle sein Unternehmen aus der Position des Vegetariers, dem sich ob seiner Überzeugung und Motivation Zweifel regen, und genauso – oder sogar noch mehr – nimmt er die Argumente der Fleischesser ernst. Ist Vegetarismus wirklich die gesündere Lebensweise? Ist die konsequente Fleischverweigerung wirklich notwendig, oder lässt sich auch eine etwas weniger militante Einstellung verteidigen? Sind die Zucht- und Schlachtbedingungen der Nutztiere wirklich so widerwärtig? Zu letzterem findet er seine Antwort mittels persönlicher Anschauung schnell: Ja. Dennoch zieht er weiter, überprüft und vergleicht aus beabsichtigt persönlicher Perspektive die zugrundeliegenden ethischen Standpunkte zur Würde des Tieres. Damit begibt er sich gut gerüstet in die hinteren zwei Drittel seines Buches, wo er seine Themenvielfalt noch einmal beachtlich ausweitet. Fischfang und –zucht, die Jagd, die zunehmende Gefährdung durch Antibiotikaresistenzen, die Treibhausgasbilanzen von Lebensmitteln unterwirft er seiner kritischen, aber fairen und faktenorientierten Überprüfung. Einen besonderen Schwerpunkt setzt er zum Schluss noch mit der dichten und umfassenden Aufarbeitung von medizinischen Tücken und Vorteilen der vegetarischen bzw. veganen Ernährung. Auch hier lässt er sich von keinen Weltanschauungen blenden und gibt klare Tipps, wie mögliche Mängel ob einer strikt vegetarischen Ernährung im Auge behalten und angegangen werden sollten. Fast vergisst er darüber, die genauso vorhandenen gesundheitlichen Gefahren der „normalen", fleischreichen Kost relativierend zu erwähnen.
Diese Beibehaltung einer möglichst unvoreingenommenen Haltung ist eine besondere Leistung. Denn in den immer wieder eingeflochtenen, fröhlichen oder nachdenklichen Tagebuchberichten wird deutlich, wie Andreas Grabolle nicht nur mit neuer Klarheit zum Vegetarismus zurückkehrt, sondern sich immer näher an die Grenze einer strikt veganen Ernährung bewegt. Deshalb ist, ganz nebenbei, nicht nur die Fleischproduktion, sondern auch die Situation in der Ei- und Milchproduktion in Deutschland durchgehend Thema. Er vermittelt seine im Lauf des Buches neu erstarkenden Ansichten zwar deutlich, aber nirgends aufdringlich. Er wird damit weniger Leser zum Vegetarismus „bekehren", als dies kämpferischeren Autoren gelungen ist. Jenen achtsamen Geistern, die sich von seiner Fülle an Informationen, Bekenntnissen und Reflexionen berühren lassen, bietet er damit aber gleich ein Handbuch für den trittsicheren Einstieg in den allmählichen, teilweisen oder gar absoluten Fleischverzicht.
Rezension: Sacha Rufer
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