Autor | Martin Rasper |
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Verlag | oekom |
Umfang | 206 Seiten |
ISBN | 978-3-86581-183-7 |
Preis | Fr. 27.90 (UVP) |
Die Städte weltweit erhalten stillen und freundlichen Zuwachs. Die Neuankömmlinge heissen Tomate, Sonnenblume und Kohl, Apfel und Zwiebel. Sie nisten sich auf Brachflächen ein, auf Dächern und in Hochbeeten, in verlotterten Parks und auf Verkehrsinseln, eingeladen von dem bunten Völkchen der urbanen Gärtner. Wie kommt's, und was soll das? Martin Rasper verrät es uns.
Sein Buch ist nicht in erster Linie ein Ratgeber – obwohl dieses Wort in seinem Klappentext auftaucht und es auch einen ordentlichen Teil von essentiellen Tipps und Ratschlägen bereithält. Was uns Martin Rasper stattdessen anbietet, ist ein Spaziergang durch die Projekte von verschiedenen Garteninitiativen und Vorkämpfern der neuen städtischen Gartenkultur in Deutschland. Weil er uns dabei nicht nur mit vielgestaltigen Informationen versorgt, sondern flüssig erzählt - und nicht nur erzählt, sondern uns schmunzeln, staunen und gar lachen macht – ist dieser Spaziergang ein höchst anregendes Erlebnis. Die Menschen, denen wir dabei begegnen, und die Gartenprojekte, für die sie sich engagieren, sind so unterschiedlich, wie die leicht anarchisch anmutende Bewegung vermuten lässt. Doch genau so viel haben sie gemeinsam: Die Lust am bodenständigen Säen und Ernten und dem Genuss selbstgezogener Nahrung, die Freude an der lebendigen, wachsenden Pflanze, das Bedürfnis, dem Beton und Asphalt der Städte ihre kleine Ecke Lebensqualität abzutrotzen. Allesamt sind sie leidenschaftlich, wach und mit Visionen und Hoffnung gesegnet, und sie alle können uns die Augen öffnen für das Ökosystem Stadt, das ja in seiner Artenvielfalt und der Diversität der bereitstehenden Biotope dem von der industriellen Landwirtschaft genutzten Umland bereits überlegen ist. So ist das Buch zwar kein klassischer Gartenratgeber, aber Inspiration karrt es in grosszügigen Schubkarrenladungen heran.
Das Interesse für die gartentechnischen und landwirtschaftlichen Aspekte des Stadtgärtnerns ist das eine, das Martin Rasper wirkungsvoll auf uns Leser zu übertragen weiss. Das Verständnis für seine politischen und sozialen Botschaften ist das andere. Wenn in der „essbaren Stadt" Andernach am Rhein Tomaten an öffentlich zugänglichen Orten gezogen und der gesamten Bevölkerung zur Nutzung angeboten werden, kommt es, entgegen vorgängigen Befürchtungen, nicht zu Plünderungen oder Vandalismus. In den Garteninitiativen, wo sich Menschen unterschiedlichster Herkunft und Motivation zusammenfinden, ohne dass grossartige Auswahlverfahren in Gang gesetzt würden, wird mehr diskutiert und beratschlagt als gestritten. Da werden ganz neu noch einmal Erfahrungen mit dem politischen Problemfall der Allmende geschaffen, die Mut machen. Die Gemeinschaft mit den Menschen ist indessen nicht das einzige, das hier beiläufig gestärkt wird. Ebenso ist das Gefühl der Eingebundenheit in die Natur, auch dort zwischen Hochhausmauern, und des ganz neuen Respekts für den Boden ein Erlebnis, das all die zu Wort kommenden Guerilla- und Laiengärtner nennenswert finden. Wir erfahren so, wie gelebte Ökologie unser ganz persönliches Leben bereichern kann. Gleichzeitig erhalten wir einen kompetenten Führer durch die deutsche urbane Gartenszene. Martin Raspers Buch beweist uns in höchst unterhaltsamer Weise, dass am Stadtgärtnern mehr dran ist als nur das Gärtnern in der Stadt.
Rezension: Sacha Rufer
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