Autor | Daniele Ganser |
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Verlag | Orell Füssli |
Umfang | 414 Seiten |
ISBN | 978-3-280-05474-1 |
Preis | Fr. 34.90 |
Dass der amerikanische Einmarsch in den Irak oder der Krieg in Libyen nicht nur die selbstlose Aufopferung der USA und ihrer Verbündeten für Demokratie und Weltfrieden auf der Agenda hatte, dieser Verdacht ist schon mal aufgekommen. Daniele Ganser bestätigt uns diese Ahnung und verbindet seine Beweisführung mit einer weitläufigen und detaillierten Übersicht bezüglich unserer historisch beispiellosen Abhängigkeit von begrenzten Energieressourcen. Er bietet uns zum Einstieg in seine Thematik – die zu befürchtenden und auch die zu erhoffenden Folgen unseres unabwendbaren „Entzugs" vom Erdöl – eine breit angelegte geschichtliche Aufarbeitung der Erdölindustrie in ihrer Verflechtung in die europäische Politik und in die Kriege der Vergangenheit bis zur Gegenwart. Trotz dieses weiten Blicks steht er mit den Füssen stets fest in der Schweiz, und er kann uns darum auch aufzeigen, wie sehr diese globalen Verwerfungen für uns relevant sind. Er analysiert dann auf solider Datenbasis die Gegenwart, bevor er sein Buch mit einem unmissverständlichen Aufruf bezüglich der Dringlichkeit der Energiewende beschliesst. Dabei bewegt er sich sicher zwischen sicherheitspolitischen und energiewirtschaftlichen Aspekten der Erdölproblematik. Doch mehr noch als durch wissenschaftliche Genauigkeit beeindruckt er durch seine Entschlossenheit, heikle Fragen anzusprechen. Wenn er beispielsweise die offizielle Version des Attentats von 9/11 in Zweifel zieht, wird bei manchem Leser – wie auch beim Rezensenten – das Lämpchen mit der Aufschrift „Verschwörungstheorie" alarmiert zu blinken beginnen. Doch wie wir mit Erleichterung feststellen, nähert er sich auch diesem Thema nicht mit dem individuellen Anspruch der alternativen Welterklärung, sondern mit dem wohlbegründeten Skeptizismus des nachhakenden Wissenschaftlers.
Ein weiteres essentielles Thema seines Buches ist der Peak Oil, also die Frage nach dem historischen Fördermaximum des Erdöls. Hier stutzten wir kurz, als der Bucheinband uns darauf aufmerksam machen wollte, Daniele Ganser belege „erstmals", dass Peak Oil bereits hinter uns liege... Die Bücher, in denen diese Rechnung schon vorgängig angestellt wurde, liegen uns vor. Doch diese kleine Irritation ist nicht dem Autor anzulasten. Tatsächlich macht er keine Anstalten, sich irgendwelche Lorbeeren aufzusetzen, wenn er uns die komplexe Sachlage um die Bestimmung und die bedenklichen Folgen von Peak Oil in der ihm eigenen Lebendigkeit darlegt. Genauso wie im restlichen Buch gewährt er uns dabei einen gut mit Belegen abgesicherten Einblick in die hintergründigeren Motive der Akteure der Erdölwirtschaft. Wir empfehlen das Buch herzlich all jenen, die sich ob unserer unverminderten Abhängigkeit vom Erdöl sorgen. Das müssten dann eigentlich wir alle sein.
Rezension: Sacha Rufer
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