Buch «Der Keim unserer Zivilisation»

Buch «Der Keim unserer Zivilisation»

Vom ersten Ackerbau bis zur Gentechnik

Es gibt kaum etwas Unscheinbareres als die Samen von Pflanzen. Sie sind klein, und sie sind viele: Beides gute Voraussetzungen, um aus den Rastern unserer bewussten Wahrnehmung oder unserer Aufmerksamkeit herauszufallen. So machen wir uns nur selten bewusst, welche beispiellose Bedeutung sie für das Leben auf der Erde und speziell für uns Menschen haben. Sie waren (und sind) die wackeren Keimzellen dessen, was wir landläufig Zivilisation nennen.

 

Autor  Peter Thompson
Verlag  Primus Verlag
Umfang  280 Seiten
ISBN  978-3-86312-331-4
Preis  Fr. 35.90 (UVP)

 

Ein Buch über Pflanzensamen wird dennoch Mühe haben, sich ausser einer ausgewählten Leserschaft von Botanikern und vielleicht noch Landwirten und Gärtnern einem breiteren Publikum aufzudrängen. Zu Unrecht, wie uns Peter Thompson beweist. Sein Buch ist leicht und flüssig zu lesen, genauso unterhaltsam und anregend wie wissenschaftlich fundiert, und an einzelnen Stellen sogar kontrovers. Zu Beginn erzählt er uns, wo und wie die Interaktion zwischen Menschen und Pflanzensamen begann, und welche weitreichenden Konsequenzen dieses leichtfertige Tun nach sich zog: Zunehmende Sesshaftigkeit, Bevölkerungswachstum, Landwirtschaft, Lagerhaltung. Ein Schritt in die falsche Richtung? Unser heutiges, vergleichsweise langes und bequemes Leben wäre jedenfalls ohne dies nicht denkbar. Der Autor springt dann in die jüngere Wissenschaftsgeschichte, in der die Sexualität von Pflanzen entdeckt wurde und immer wieder mal ein wissbegieriger Geist seinen wissenschaftlichen oder sozialen Ruf aufs Spiel setzte, da er sich an neuartigen Ideen über Pflanzensamen erprobte. Von hier bis zur Genetik und schliesslich zur Gentechnik ist es nicht mehr weit, aber Peter Thompson lässt viel Geduld walten, um die zunehmend komplexe Materie leicht nachvollziehbar zu gestalten. Wir lernen dabei gleich noch einiges von der immer wieder erstaunlichen Vielfalt an Lebens- und Verbreitungsstrategien der Pflanzen, und wer glaubt, dass Botanik und Gärtnerei behäbige Künste seien, in denen man vor Überraschungen gut geschützt agiert, sollte sich hier auf eine Überprüfung seiner Vorstellungen vorbereiten.

So leichtherzig dies soweit klingen mag: Es geht dem Autor um ernsthafte Anliegen. Als Mitbegründer der britischen Millennium Seed Bank kämpfte er einen guten Teil seines Lebens lang um die Erhaltung bedrohter Pflanzenarten. Dass dies nicht nur das akademische Vergnügen eines weltentrückten Konservators, sondern entscheidende Arbeit zur Bewahrung einer dem Menschen verträglichen Umwelt ist, kann er uns beiläufig seiner Schilderungen der diesbezüglichen Erfolge und Rückschläge eindrücklich nahebringen. Nicht jeder wird seine ausdifferenzierte, uns stellenweise zu relativistische Haltung zur Genmanipulation an Pflanzen gutheissen, und wir teilen auch nicht unwidersprochen seine verhaltene Einschätzung der Zukunftsfähigkeit einer nachhaltigeren Landwirtschaft. Gleichwohl bleibt deutlich, dass ihm diese nicht aus technikgläubigem Mutwillen erwachsen, sondern aus einer unbedingten Entschlossenheit, die Zukunft von Mensch und Umwelt nicht kampflos den Händen von politischen oder wirtschaftlichen Profiteuren zu überlassen. So wird das Buch zudem zu einem bereichernden und diskussionswürdigen Beitrag zur Debatte um Saatgutpatente, Ressourcengerechtigkeit und Gentechnologie.

Rezension: Sacha Rufer

 

 

 

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