Buch «Die Zeit gehört uns»

Buch «Die Zeit gehört uns»

Widerstand gegen das Regime der Beschleunigung

Gerade haben wir wieder ein Jahr hinter uns gelassen. Mit seinem Ausklang kollidierten für viele von uns, und nicht nur für das Verkaufspersonal, die Vorstellungen einer Zeit der Ruhe und Besinnlichkeit mit der hektischen Realität, und mancher wird sich gefragt haben, was da eigentlich mit ihm geschieht. Eine hellsichtige Antwort gibt das vorliegende Buch.

 

Autor  Friedhelm Hengsbach
Verlag  Westend Verlag
Umfang  284 Seiten
ISBN  978-3-86489-025-3
Preis  Fr. 28.90 (UVP)

 

Der Sozialethiker und Jesuit Friedhelm Hengsbach legt uns damit keinen weiteren wohlmeinenden Ratgeber vor, der uns empfiehlt, uns einfach mehr Zeit zu nehmen oder unser Zeitmanagement zu optimieren. Sein Buch betreibt stattdessen eine tiefgründige Analyse unseres Wirtschafts- und Finanzmarktsystems. Den persönlichen Zeitmangel und Stress mit dem Verhalten von entrückten Wirtschaftsmächten in Zusammenhang zu setzen, mag auf den ersten Blick gewagt, vielleicht sogar kontraproduktiv erscheinen. Oder liegt es etwa nicht in der Verantwortung und Macht jedes Einzelnen, sich seine Zeit gesundheitsförderlich einzuteilen? Indem der Autor den Zeitdruck von den individuellen Haushalten die Wertschöpfungskette hinauf verfolgt, zeigt er auf, wie diese persönliche Verantwortlichkeit recht schnell an ihre Grenzen stösst, und kann auch einen Ausgangspunkt des Zeitdrucks ausmachen: Die Beschleunigung der Finanzmärkte mittels moderner Informationstechnologien. Zur Argumentation seiner schlüssig und präzise formulierten These greift er auf einen enormen Fundus von Fachwissen sowohl in den philosophisch-ethischen wie den wirtschaftlich-politischen Dimensionen zurück und berücksichtigt sie auf jeder Stufe seiner Analyse. So befasst sich das Buch bald nicht mehr ausschliesslich mit dem wirtschaftlichen Temporegime und seinen gesellschaftlichen Wirkungen, sondern weiter gefasst mit Gemeingütern und Allmenden - namentlich unserer natürlichen Umwelt -, mit Menschenrechten und Sozialpolitik. Das ergibt ein dichtes Geflecht aus aufeinander übergreifenden Themenfeldern, das auch mal verwirrend und, ironischerweise, hektisch wirkt.

Bei all dieser im Detail geforderten Konzentrationsfähigkeit bleibt das zentrale Anliegen des Buches aber stets sichtbar und deutlich. Es will uns aufzeigen, wie sich Widerstand gegen die Zeitherrschaft des Geldes auf persönlicher und gesellschaftlicher Ebene verwirklichen lässt. Sein letztes Viertel ist deshalb mit zahlreichen Vorschlägen zu einer persönlichen, sozialen und wirtschaftlichen Umorientierung gespickt, die wiederum in alle erörterten Bereiche der Problematik hineinreichen. Diese machen, trotz der vorgängigen Darstellung von scheinbar übermächtigen systemischen Zwängen, Mut, die Rebellion dagegen auch im Kleinen anzugehen. Darüber hinaus ist das Buch ein bestechend fundiertes Plädoyer gegen den Ausverkauf von Sozialwerken, die Ressourcenausbeutung auf Kosten zukünftiger Generationen und die Unterordnung der Staaten gegenüber Wirtschaftsmächten, das ethische Gemeinplätze meidet und sich auch in seiner Kapitalismus- und Konsumkritik durch reflektierte Argumentation auszeichnet. Entschleunigung, so zeigt es, kann – und wird hoffentlich – in all diesen Belangen zu einer heilsamen Veränderung beitragen.

Rezension: Sacha Rufer

 

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