Buch «No More Bull Shit»

Buch «No More Bull Shit»

Die Zukunftswerkstatt für die 99 Prozent

Kalle Lasn gilt als eine der wichtigsten Stimmen der Occupy-Bewegung. Ganz zu Recht, denn immerhin war er einer ihrer Initiatoren und hat auch unabhängig davon einiges Hörenswerte zu sagen. In seinem Buch hält er die eigene Stimme jedoch zurück und setzt an ihre Stelle die Stimmen und Augen von einer internationalen Schar von visionären Vordenkern einer neuen, zukunftsfähigen Wirtschafts- und Gesellschaftsordnung. Und dies ist, wie man rasch bemerkt, wohlgetan, denn diese Stimmen und Augen ergänzen seine eigenen höchst gewinnbringend.

 

Autor  Kalle Lasn
Verlag  Riemann Verlag
Umfang  400 Seiten
ISBN  978-3-570-50145-0
Preis  Fr. 40.90 (UVP)


Das Buch, das er uns präsentiert, verschränkt Wachstums- und Konsumkritik, Kunst, ökologisches Bewusstsein, wirtschaftstheoretische Erörterungen und gewitzte Adbusters-Propaganda miteinander. Kalle Lasn selbst versteht es als ein „Lehrbuch der realen Ökonomie" und richtet es an ein Zielpublikum von Studenten, die er zur kritischen und vor allem öffentlichen Hinterfragung der neoklassischen Ökonomiedogmatik animieren möchte. Das ist aber ein klares Understatement. Man kann das Buch einer viel breiteren Leserschaft empfehlen. Es ist ein Lesebuch und ein Bilderbuch gleichermassen, gehört ins Buchregal des Umweltbewegten genauso wie auf den berühmten Kaffeetisch, und eine elitäre Geisteshaltung wird von ihm weder in Sprache noch in der Aufmachung gefördert. Es führt beredte und fundierte Anklage gegen die sich wieder vehement ausbreitende „business-as-usual"-Haltung – nicht nur in der Hochfinanz – und demontiert recht effizient den Glauben an die Welterklärungkompetenz der Ökonomen. Man muss mit den einzelnen Beiträgen der mal namhaften, mal unbekannteren Autoren nicht immer umfassend übereinstimmen, um sie ausnahmslos als einsichtsvolle Betrachtungen und bereichernde Inspirationen wertschätzen zu können. Sie loten nicht nur die Tiefen der Volkswirtschaftslehre, sondern auch die kulturellen, psychologischen und philosophischen Hintergründe jener Geisteshaltung aus, die die natürlichen und sozialen Ressourcen als unbegrenzt wahrnehmen möchte. Das sind ernste und schwere Themen, soviel ist gewiss. Umso bemerkenswerter ist es, wie verspielt, ja vergnügt das Buch an sie herangeht und damit auch prompt eine vergnügliche und spielerische Lektüre ermöglicht. Die reiche Bebilderung leistet mindestens ebenso scharfsinnige Beiträge zu den erörterten Fragestellungen wie die Wortmeldungen und wird noch durchsetzt mit perfiden kleinen Fragen und Provokationen, die sich fröhlich und zielstrebig in Rempeleien mit den Glaubenssätzen der derzeitigen Weltordnung begeben.
Nun möchte man von einem Buch, das scharfe Anklage gegen den Status Quo führt, ja gerne verlangen, dass es auch ein möglichst scharf umrissenes Bild einer Alternative entwirft. Immerhin besteht die nicht ganz haltlose Vermutung, dass Kritik leichter falle als Innovation. Dass das Buch von Kalle Lasn eine solche Generalvision nicht liefert, zumindest nicht in dem Umfang, den man von seinem Autor eigentlich erwarten könnte, ist dennoch kein Auswuchs seiner Bequemlichkeit. Immerhin stellt es sehr wohl Alternativen zur Debatte, nur eben nicht im Sinne weit ausgreifender Modelle oder Ideologien. Es platziert sie stattdessen als Zeitbömbchen neben Hoffnungsfunken. Damit verfolgt es das Ziel, dem Leser die eigene Bequemlichkeit schwer zu machen und ihn zur Mitgestaltung der geforderten zukunftsfähigen Wirtschaftsform anzuregen. Und da diese Art von kritischen Büchern gerne eine Leserschaft anziehen, die sich – wie Leser anderer Literatur auch – in einem ohnehin schon gefestigten Urteil bestätigen lassen möchten, nimmt es schelmischerweise auch diese Leserschaft vom Verdacht der Bequemlichkeit nicht aus. Wir haben hier also ein Buch, das zum Denken und zum Spiel mit Ideen anregt. Humor beweist. Fachlich fundierte Kritik übt. Die Saat der Inspiration streut. Was möchte man als Rezensent noch mehr? Dass es das breite, vielgestaltige Publikum, dem man es empfiehlt, auch findet...

Rezension: Sacha Rufer

 

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