Autor | Frank Wiebe |
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Verlag | Orell Füssli Verlag |
Umfang | 262 Seiten |
ISBN | 978-3-280-05475-8 |
Preis | Fr. 29.90 (UVP) |
Frank Wiebe eröffnet sein Buch mit einer kurzen Einführung darüber, was Ethik überhaupt will und was Konzerne und Unternehmen mit ihr am Hut haben sollten. Diese Einführung ist schon deshalb gelungen, weil sie übersichtlich und prägnant bleibt, ohne die Probleme und Relativierungen, mit denen man sich bezüglich ethischer Forderungen herumschlagen muss, verschweigen zu wollen. Die vom Autor vertretenen ethischen Ansprüche sind pragmatische, behalten aber durchweg scharf umrissene Gestalt. Gestutzt haben wir nur ob seiner Aussage, der Kapitalismus sei „alternativlos". Diese Behauptung erklärt sich aus seiner Definition von Kapitalismus: Er interpretiert den Begriff so umfassend, dass er gleich auch alle angedachten und schon in Verwirklichung befindlichen Wirtschaftssysteme einschliesst, die wir üblicherweise als Alternativen ansprechen. Das ist uns dann aber wirklich zu unscharf... und ärgert auch ein wenig, denn eine solche Definition entzieht aller Kapitalismuskritik den Boden. Immerhin fordern auch Globalisierungsgegner kaum jemals den Verzicht der Menschheit auf Handelstätigkeit. Gleichwie: Die Ernsthaftigkeit und Substanz seines Buches wird dadurch nicht ausgehebelt. In seinem Hauptteil überprüft Frank Wiebe 50 global tätige Konzerne auf ihren Umgang mit ethischen Forderungen im sozialen, ökologischen und, ja doch, auch im ökonomischen Zusammenhang, und erstellt so auf jeweils vier Seiten genauso informative wie nützliche Ethik-Profile. Die Zusammenstellung der Unternehmen ist klug und deckt repräsentativ alle wichtigen Geschäftsfelder ab, mit denen der europäische Konsument regelmässig in Kontakt kommt. Zur Bewertung stützt er sich einerseits auf Berichte der Marktakteure selbst und auf der anderen Seite auf die Bewertungen durch kritische Organisationen und Ratingagenturen mit einer Spezialisierung auf Nachhaltigkeit. Zusätzlich hat er sich die Mühe gemacht, Medienberichte der letzten Jahre zu sichten und auszuwerten und schliesslich all diese Informationen in einer eigenen Wertung zusammenzufassen. Hier kommt er dann auch mal zu Schlüssen und Entscheidungen, die uns nicht ganz einleuchten. Beispielsweise, wenn er Microsoft fünf von fünf möglichen Sternchen, die absolute Bestwertung im ganzen Buch, zuteilt, damit aber eigentlich nicht Microsoft, den Software-Giganten, meint (dem er nur zwei Sterne gutspricht), sondern die Gates-Stiftung von Bill und Melinda Gates. Selbst unter dieser Überschrift wären uns dort fünf Sterne, aus unserer ökologischen Sicht, etwas hoch angesetzt. Ganz allgemein zeigt der Autor die Neigung, seine Wertungen auch mal subjektiv aufzurunden, wenn ihm genügend Guter Wille spürbar wird. Er verteilt dann Vorschusslorbeeren, die seinen sonstigen faktenbasierten und nüchternen Anstrengungen zuwiderlaufen.
Da haben wir nun doch einige Kritikpunkte aneinandergereiht. Das soll aber nicht davon ablenken, dass wir an dem Buch viel Freude haben und es allen – interessierten oder noch nicht interessierten – KonsumentInnen herzlich empfehlen! Frank Wiebe bietet uns in seinem Buch einen bunten Strauss Informationen, die man sich sonst äusserst mühsam zusammenpflücken muss, und gibt uns eine echte Richtschnur für den gezielten Einsatz der eigenen Marktmacht zur Hand. Er hält seine subjektiven Einschätzungen stets deutlich erkennbar und verweigert dadurch respektvoll die manipulative Bevormundung seiner Leser. Darüber hinaus lässt sich sein Buch als leicht verständliche, aber bemerkenswert umfassende Darstellung der zahlreichen, vielschichtigen Fragestellungen und Aufgaben lesen, die auch wir als Konsumenten beantworten müssen, wenn wir von Unternehmen „Responsibility" und Nachhaltigkeit einfordern. Oder eben jene Fairness, die uns Frank Wiebe im Umgang mit seinen „Opfern", den Weltkonzernen Ikea, Nestlé oder UBS, so kritisch wie konstruktiv vorführt.
Rezension: Sacha Rufer
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