Autor | Martha Robbins / Christophe Boesch (Hrsg.) |
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Verlag | Hirzel Verlag |
Umfang | 183 Seiten |
ISBN | 978-3-7776-2232-3 |
Preis | Fr. 34.90 (UVP) |
Es hat natürlich einen guten Grund, dass Forscher und Wissenschaftler sich davor hüten, Menschenaffen zu „vermenschlichen", ihnen menschliche Gefühle und Motive zu unterstellen. Allzu leicht führt dies zu Fehleinschätzungen, die ihre Bemühungen um ein Verständnis unserer nächsten evolutionären Verwandten eher hindern als befördern. Auch die Autoren des von den Anthropologen Christophe Boesch und Martha Robbins zusammengestellten Buches lassen diese Vorsicht immer wieder anklingen, lehnen sich aber dennoch im Bezug auf die Ähnlichkeiten zwischen Affen und Menschen recht weit aus dem Fenster. Und für einmal ist dies wahrlich kein Grund für Kritik. Das Buch versammelt, nur sparsam durchbrochen von Kästchen mit Vertiefungen der Fakten und Erkenntnisse, elf Berichte von verschiedenen Feldforschern an Gorillas und Schimpansen. Diese Berichte sind keine trockenen Faktensammlungen oder Studien. Die Autoren erzählen unbefangen und sehr persönlich von ihren Erlebnissen: Von den Tücken und Freuden der Feldforschung, von den Problemen und Taktiken des Artenschutzes, vor allem aber vom sozialen und privaten Leben der Menschenaffen. Was sich da an Geschichten findet, hat alles, was man sich von einer guten Erzählung wünschen kann; Spannung, Humor, Tragik. Die Geschichte vom Aufstieg und Fall des Schimpansen Volker hätte, wäre sie Shakespeare zu Ohren gekommen, wohl eines seiner Dramen inspiriert. Mit dem Buch wollen die Herausgeber und Autoren unsere Empathie mit unseren faszinierenden, aber eben auch höchst gefährdeten Verwandten wecken. Das gelingt Ihnen beispielhaft.
Der informative Gehalt des Buches kommt darüber nicht zu kurz. Allzu lange wissen wir noch nicht (oder können zumindest nicht fundiert belegen), dass Schimpanse nicht gleich Schimpanse, Gorilla nicht gleich Gorilla ist. Je nach Habitat finden sie verschiedene Lösungen für Problemstellungen, machen unterschiedliche Erfahrungen und bilden daraus dann auch verschiedene Kulturen und Traditionen aus: Ganz so, wie Menschen aus Zürich und Saigon sich unterscheiden. Das ist die wohl eindrücklichste Erkenntnis, die uns von dem Buch bleibt, und sie stellt auch gleich die Einblicke in den Werkzeuggebrauch oder in die verschiedenen sozialen Strukturen der Menschenaffen, die die Autoren uns vermitteln, noch einmal in einen neuen, faszinierenden Kontext. Daneben ist es ein schlüssiges Plädoyer für ihren verstärkten Schutz, kann uns diesbezüglich von der Dringlichkeit überzeugen und auch die möglichen Lösungsansätze einsichtig darstellen. All dies auf bescheidenen, fast zu schnell verschlungenen hundertachtzig Seiten.
Rezension: Sacha Rufer
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