Autor | Ulrich Holbein |
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Verlag | thinkOya (Drachen Verlag) |
Umfang | 95 Seiten |
ISBN | 978-3-927369-82-5 |
Preis | Fr. 14.— (UVP) |
Wir Ökos sind ja allesamt miesepetrige Nostalgiker und humorlose Weltverbesserer. Auch wenn wir uns selbst vielleicht nicht so sehen möchten, dem demokratischen Vorurteilsentscheid beugen wir uns natürlich. Und tatsächlich pflegt zumindest die ökologiesensitive Literatur einen haushälterischen Umgang mit Jux und Heiterkeit. Nicht, dass der Humor dort ein undenkbares Unding wäre. Er tritt aber sehr leise auf, kaspert nur kurz am Strassenrand von Kulturkritik und Umweltanalyse ein, zwei schüchterne Kapriolen und schlägt sich, wahrscheinlich mangels Applaus, gleich wieder in die Büsche. Was er dort dann so treibt, daran lässt uns Ulrich Holbein jetzt endlich einmal Anteil haben. Sein Humor ist ein wilder, aufgekratzter, ins Kraut schiessender. Mal ist er albern, mal böse, mal geistreich, mal weiss man es nicht so genau. Kostprobe? „Hylozoistischen und panpsychistischen Theorien zufolge gibt es Elfen nur deshalb nicht mehr, weil keiner mehr im Wald onaniert." Mehr? „Gurus ohne Bart bleiben bloss Seminarleiter." Gut, einen noch: „Sechs Wochentage lang randalierte man als Naturbeherrscher, um sonntags die beherrschte Natur mit Naturverbundenheit zu belästigen." Solcherart scharwenzelt der Autor mit uns durch die Kulturgeschichte von Mensch und Baum, Zivilisation und Wildnis. Er stellt und beantwortet dabei gewichtige Fragen wie jene, warum ausgerechnet Tarzan keinen Bart trug, reibt uns ununterbrochen erleuchtende Skurrilitäten, historisch-mythische Denkwürdigkeiten und botanisch-philosophische Einsichten unter die Nase und zieht doch zielsicher in Richtung einer beglückenden Vision eines freieren, pflanzenaffineren Lebens.
Da wir uns hier in dieser Rubrik indessen eher der Begutachtung von Umwelt- als von Lustigkeitskriterien verschrieben haben, sollten wir wohl unsere Freude an Ulrich Holbeins sprudelndem Sprachwitz kurz mal hintanstellen und nachfragen, was er damit erreichen will. Das ist manchmal gar nicht so klar. Wenn er beispielsweise die Gleichsetzung von Naturzerstörungen mit einem patriarchal-männlichen Prinzip – im Gegensatz zur feminin-lebensfrohen Baumumarmung – hätschelt: Ist das ein satirisches Reiten von Stereotypen? Oder sollen wir gleich mal einige Einwände in Stellung bringen? Doch da es nicht das vordringliche Bestreben eines humorig scharfzüngigen Pamphlets sein muss, uns aus der Spannung solcher Fragestellungen voreilig zu erlösen, wollen wir ihm diese herzzerreissende Ungewissheit einfach mal verzeihen. Ein übergeordnetes Anliegen lässt sich jedenfalls ebenso festmachen. Ulrich Holbein sensibilisiert uns höchst wirkungsvoll für die Idee einer Zivilisation, die, statt sich an der Ausbeutung allen anderen Lebens hochzuziehen, sich unter konstruktiver Einbeziehung all dieses Lebens neu (er)findet. Sein Büchlein bleibt auch dabei hauptsächlich eines: Ein hinreissendes Lesevergnügen.
Rezension: Sacha Rufer