Die Artenvielfalt oder Artendiversität ist ein Teil der Biodiversität. Während Biodiversität die gesamte biologische Vielfalt, inklusive Genen, Arten, Populationen, bis hin zu Ökosystemen umfasst, steht die Artenvielfalt für die Vielfalt von Flora und Fauna innerhalb eines Lebensraums oder geografischen Gebiets (vgl. Nentwig et al., 2009)
In der Natur kommt es häufig vor, dass Artenzahlen sich ändern und Arten aussterben. Erschreckend ist gemäss einer Forschungsgruppe rund um den Ökologen Stewart Chapin allerdings, dass diese Prozesse aufgrund menschlicher Aktivitäten rund 100 – 1‘000-mal schneller ablaufen als es ohne menschlichen Einfluss der Fall wäre. Dazu zählt unter anderem die Einführung invasiver Arten, Abholzung, Luft- und Bodenverschmutzung, sowie Überbauung. Weltweit sind gemäss der Organisation International Union for Conservation of Nature (IUCN) über 16'000 Tier- und Pflanzenarten vom Aussterben bedroht. Das Bundesamt für Umwelt BAFU bestätigt, dass allein in der Schweiz in den letzten 150 Jahren 224 Tier- und Pflanzenarten ausgestorben oder verschollen sind. Aktuell steht rund ein Drittel der Arten in der Schweiz auf der roten Liste.
"Ohne das Zusammenspiel der Arten gäbe es kein Leben auf diesem Planeten. Es braucht Pflanzen und Pilze, die aus unbelebter Materie Biomasse erzeugen können. Es braucht Tiere, die sich davon ernähren und andere Tiere, die sich von Tieren ernähren. Und es braucht Lebewesen, die tote Lebewesen wieder ersetzen und darauf wieder neues Leben ermöglichen."
Verein Pro Natura
Biodiversität ist die Basis für viele Wirtschaftszweige: von der Nahrungsmittelproduktion über die Pharmaindustrie und die Holzwirtschaft bis zum Tourismus. Der Ökonom Robert Constanza hat in einer Studie für Nature errechnet, dass der Wert der gesamten Biodiversität durchschnittlich 33 Billionen US Dollar pro Jahr beträgt. Einen direkten Nutzen hat die Artenvielfalt in unserer Ernährung, die komplett von Tier- und Pflanzenprodukten abhängt. Darüber hinaus sind viele weitere Naturprodukte für die Befriedigung unserer Grundbedürfnisse essentiell, wie beispielsweise Holz oder Baumwolle. Indirekten Wert hat die Artenvielfalt durch Ökosystem-Serviceleistungen wie die Sauerstoffproduktion photosynthetisierender Pflanzen, die Humusbildung durch Mikroorganismen oder die Nutzpflanzenbestäubung durch Insekten. Der wirtschaftliche Wert der Bestäubungsleistung durch Bienen und Hummeln (darunter viele Wildbienen) wird weltweit auf rund 50 Milliarden Euro US Dollar geschätzt.
Darüber hinaus fördert die Artenvielfalt auch technische Innovationen, wie z.B. die Erfindung des Flugzeugs zeigt. Auch die Medizin basiert weitgehend auf Wirkstoffen, die ursprünglich aus Pflanzen, Tieren oder Mikroorganismen gewonnen wurden. Nicht zuletzt hat Biodiversität auch einen hohen Freizeit- und Erholungswert für die Bevölkerung. Der Zugang zu vielfältigen Naturräumen verbessert die physische, psychische und soziale Gesundheit, wie eine Studie der Universität Bern (Abel et al. 2007) zeigt. Dabei hat ein vielfältiger Wald hat einen höheren Erholungswert als beispielsweise eine monotone Fichtenmonokultur.
Nicht nur weil wir von der Artenvielfalt profitieren, haben wir die Pflicht sie zu schützen. Es gibt keinen plausiblen Grund, weshalb wir Menschen das Recht haben sollten andere – uns oft schutzlos ausgelieferte – Lebewesen auszurotten. Jede Art ist einzigartig und für sich gesehen wichtig und wertvoll. Stirbt eine Art aus, so ist sie für immer verloren. Auch unseren Nachkommen möchten wir eine vielfältige Umwelt hinterlassen.
Gemäss Chapin ist ein konservierender Artenschutz dringend. Denn bereits das Aussterben einzelner Arten – sogenannter Schlüsselarten – kann sich verheerend auf Ökosysteme auswirken und das Verschwinden weiterer Arten nach sich ziehen. Leichtsinniger Umgang mit der Natur könnte daher schneller katastrophale Folgen nach sich ziehen, als uns lieb ist. Pro Natura fasst es treffend zusammen:
"Wir können ohne Pflanzen und Tiere nicht leben, die meisten Pflanzen und Tiere aber problemlos ohne uns."
Verein Pro Natura
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