Sind wir zu viele?

Der Weltbevölkerungstag vom 11. Juli hat uns einmal mehr vor Augen geführt, wie rasend schnell die Bevölkerung wächst: Jede Sekunde kommen fast drei neue Menschen hinzu – das sind über 200‘000 pro Tag! Das Wort Überbevölkerung ist in aller Munde und steht für einen nicht mehr nachhaltigen Verbrauch von Ressourcen wie Lebensmittel oder Energieträger sowie die daraus resultierenden ökologischen und sozialen Probleme. Doch trägt die riesige Anzahl Menschen wirklich Schuld, dass die Erde kränkelt?

Um das Jahr 1800 zählte die Menschheit erstmals eine Milliarde Individuen. Durch den medizinischen Fortschritt und einem grösseren Nahrungsmittelangebot ist die Weltbevölkerungszahl mittlerweile auf über 7 Milliarden geklettert. Allein zwischen 1960 und 2000 hat sich die Zahl der Menschen verdoppelt.

Laut einer UN-Prognose finden 95 Prozent des weltweiten Bevölkerungszuwachses in den Entwicklungs- und Schwellenländern statt. Das rasante Wachstum stellt die Menschheit vor immense Herausforderungen, denn mit der steigenden Anzahl Menschen nehmen der Konsum, der Energieverbrauch, die benötigten Flächen für die Landwirtschaft und die Umweltverschmutzung zu. Im Jahr 1968 behauptete der Biologe Paul R. Ehrlich in seinem Buch «The Population Bomb», dass auf der Erde längerfristig nur Platz für rund 1,2 Milliarden Menschen sei. Wäre der Rückgang der Bevölkerung also die Rettung für die Erde? Offenbar nicht unbedingt:

"Das wahre Problem der Erde ist  nicht die Überbevölkerung, aber sie dient als perfekte Ausrede für Armut, Hunger, Umweltverschmutzung und Ressourcenknappheit."

Werner Boote, Regisseur «Population Boom»

Im Film «Population Boom» erklärt Werner Boote – bekannt durch den Film «Plastic Planet» –, dass das Klagelied über die Überbevölkerung lediglich ein Ablenkungsmanöver von den dringenden Angelegenheiten darstellt. “Es ist interessant, dass die Industrienationen mehr Ressourcen und Energie verbrauchen und damit mehr Müll produzieren als die, von denen man behauptet, sie leben in Ländern mit dramatischer Überbevölkerung", meint der Regisseur. Gerade die Länder mit den höchsten Geburtenraten verbrauchen am wenigsten Rohstoffe. Auch die Anthropologin Shalini Randeria übt Kritik an der westlichen Doppelmoral: „Wenn eine Frau aus Kamerun mehrere Kinder zur Welt bringt, trägt sie angeblich zur globalen Überbevölkerung bei, wenn der Schweizer aber zwei Autos kauft, kurbelt er das Wirtschaftswachstum an. Man kann die Frage der vermeintlichen Überbevölkerung nicht vom Ressourcenverbrauch trennen.“ Dies scheint plausibel, denn immerhin verbrauchen die Einwohner der Stadt New York an einem Tag mehr Energie als der gesamte afrikanische Kontinent!

Zu glauben, eine Reduktion der Bevölkerung würde unsere Probleme mildern, wäre also zu kurz gedacht. Ob wir zu viele sind oder nicht, hängt nicht so sehr von der Anzahl Menschen, sondern  vielmehr von unserem Lebensstandard ab. Würden alle heute lebenden Menschen so viele Ressourcen verbrauchen wie die Amerikaner, so bräuchten wir laut „Living Planet Report 2012“ des WWF schon heute 4 Erden. Lebten alle wie die Indonesier, so wären es gerade mal 0,7 Erden.

Auch darf nicht vergessen gehen, dass sich der Ressourcenverbrauch nur schon durch weniger Verschwendung massiv senken liesse. Beispielsweise landen laut einem Uno-Bericht über ein Viertel aller weltweit produzierten Lebensmittel im Müll. Ein effizienterer Umgang mit diesem wertvollen Gut könnte laut Experten die verfügbaren Kalorien pro Person um beinahe 50 Prozent steigern.

Kommentar schreiben

Die Kommentare werden vor dem Aufschalten von unseren Administratoren geprüft. Es kann deshalb zu Verzögerungen kommen. Die Aufschaltung kann nach nachstehenden Kriterien auch verweigert werden:

Ehrverletzung/Beleidigung: Um einen angenehmen, sachlichen und fairen Umgang miteinander zu gewährleisten, publizieren wir keine Beiträge, die sich im Ton vergreifen. Dazu gehören die Verwendung von polemischen und beleidigenden Ausdrücken ebenso wie persönliche Angriffe auf andere Diskussionsteilnehmer.

Rassismus/Sexismus: Es ist nicht erlaubt, Inhalte zu verbreiten, die unter die Schweizerische Rassismusstrafnorm fallen und Personen aufgrund ihrer Rasse, Ethnie, Kultur oder Geschlecht herabsetzen oder zu Hass aufrufen. Diskriminierende Äusserungen werden nicht publiziert.
Verleumdung: Wir dulden keine Verleumdungen gegen einzelne Personen oder Unternehmen.

Vulgarität: Wir publizieren keine Kommentare, die Fluchwörter enthalten oder vulgär sind.

Werbung: Eigenwerbung, Reklame für kommerzielle Produkte oder politische Propaganda haben keinen Platz in Onlinekommentaren.

Dazu passende Artikel

Logo von umweltnetz-schweiz

umweltnetz-schweiz.ch

Forum für umweltbewusste Menschen

Informationen aus den Bereichen Umwelt, Natur, Ökologie, Energie, Gesundheit und Nachhaltigkeit.

Das wirkungsvolle Umweltportal.

Redaktion

Stiftung Umweltinformation Schweiz
Eichwaldstrasse 35
6005 Luzern
Telefon 041 240 57 57
E-Mail redaktion@umweltnetz-schweiz.ch

Social Media

×

Newsletter Anmeldung

Bleiben Sie auf dem neusten Stand und melden Sie sich bei unserem Newsletter an.