2010 erhob die Pro Natura die Langhornbiene zum Tier des Jahres. Sie liegt mit ihren 13- 16 mm Körperlänge im Mittelfeld. 3 bis 30 Millimeter lang können Wildbienen je nach Art werden. Wildbienen nennt man übrigens alle Bienen (Familie Apidae), die keine domestizierten Honigbienen sind. Hummeln zählen also auch zu den Wildbienen.
Die Lifestyles der wilden Bienen
Wildbienen haben ganz unterschiedliche ‘Lebensstile‘. Die einen leben solitär, andere in Gruppen oder gar parasitisch. Gehörnte Mauerbienen leben beispielsweise als Einsiedler. Sie sind häufige Gäste in Bambusnisthilfen. Jedes Weibchen legt bis zu 30 Eier in Bambusröhrchen oder andere glatte Gänge, die von Käfern und Co. hinterlassen wurden. Das äusserste Ei ist meist nicht befruchtet und bekommt weniger Futter. Die Männchen, die daraus entstehen, können so als erstes Schlüpfen. Einerseits bereiten sie den ‘Schwestern‘ den Weg und sind andererseits gleich in der Pole-Position zur Paarung mit anderen schlüpfenden Weibchen.
Schmalbienen und Hummeln leben in Gemeinschaften, die wir als primitiv-eusozial bezeichnen. Die Königin gründet ein Nest, legt ein paar Eier und versorgt diese. Sobald die ersten adulten Bienenarbeiterinnen schlüpfen, übernehmen diese die Aufzucht der künftigen Brut und die Nahrungssuche. Schmalbienen bauen kleine Türmchen aus Sand und Steinchen, die sie mit Speichel verfestigen, auf den Boden. Die verzweigten Nester gehen im Boden weiter. Hummeln nisten gerne in gebrauchten Vogelnistkästchen. Scheinbar gibt es sogar Hummeln, die mit lautem Summen die bewohnenden Meisen vertreiben, um den raren Nistplatz zu übernehmen.
Honigbienen und einige stachellose Bienen der Tropen haben eine sogenannt hoch-eusoziale Lebensweise. Bei ihnen tut die Königin nichts anderes als sich paaren und Eier legen. Eine neu geschlüpfte Königin tötet alle anderen Anwärterinnen und übernimmt dann das alte Nest. Die alte Königin hat zu diesem Zeitpunkt das Nest bereits mit einem Teil der Arbeiterinnen verlassen und ein neues gegründet. Die hochgezüchteten Honigbienenvölker, die wir in der Schweiz verwenden, werden jeweils künstlich getrennt und sind selten in der Lage, ein neues Nest zu gründen. Allerdings fängt der Mensch ausgeschwärmte Bienenvölker meist wieder ein.
Eusozial
Nach strenger Definition bedenkt man mit diesem Begriff Tierarten (Mensch, Nacktmull, verschiedene Insekten), die generationenübergreifend sozial kooperieren. Sowohl Brutpflege, als auch Nahrungsbeschaffung und –verteilung werden aufgegliedert. In solchen Gemeinschaften gibt es auch immer altruistische Tiere, die für das Wohl der Gemeinschaft auf die Fortpflanzung verzichten (oder an der Fortpflanzung gehindert werden).
Ungefähr ein Viertel der Schweizer Bienenarten sind parasitische Bienen. Bei sozialen Parasiten übernimmt eine Biene ein bestehendes Nest, tötet die Königin und macht die bestehenden Arbeiterinnen zu ihren Untertanen. Bei Futterparasiten legt eine parasitische Biene ihr Ei auf ein Wirtsei einer solitär lebenden Biene. Die Parasitenlarve schlüpft dann zuerst, verspeist erst das Ei, dann den Proviant: So muss beispielsweise die Kuckucksbiene nicht selber Nahrung für ihren Nachwuchs suchen. Diese Formen des Parasitismus regulieren sich von alleine. Würde ein Parasit zu stark, würde er seinen Wirt und damit auch seine Nahrungsgrundlage ausrotten. Der Mensch muss also keine Gegenmassnahmen ergreifen, sondern einfach staunen und weiter Lebensraum für die ‘Chrampfer‘ zur Verfügung stellen.
Irgendwann zwischen Frühling und Herbst sind die meisten Wildbienenarten für einige Wochen auf Nahrungssuche. Jede Art bevorzugt eine bestimmte Sorte Lebensraum: Waldränder, Wiesen, Sand-, Kies- oder Lehmgruben, Feldraine und Strassenböschungen, Hochstauden an Gewässerrändern, Steinbrüche, Trockenmauern, Pionier- und Schuttfluren oder Steilwände aus Sand, Lehm sowie Löss. Die Nistplätze befinden sich meist in der Nähe der Nahrungsquelle. Nester bauen sie in der Erde, in Tot- und Morschholz, markhaltigen Pflanzenstängeln, leeren Schneckenhäusern, alten Pflanzengallen, Frassgängen anderer Insekten, Hohlräumen, an Steinen und Felsen sowie Stängeln oder Baumstämmen.
Die vielen unterschiedlichen Ansprüche lassen erkennen, dass es so gut wie keinen terrestrischen Lebensraum gibt, in dem keine Wildbienen vorkommen.“ Paul Westrich, Wildbienenexperte
Laut dem WWF Zürich steht trotzdem rund die Hälfte der Schweizer Wildbienenarten auf der roten Liste der gefährdeten Tiere. Zurückzuführen ist dies vorwiegend auf die Intensivierung der menschlichen Eingriffe in die Natur, wodurch Nistplätze oder Futterquellen verloren gehen.
Ratgeber
Wer nun den Wildbienen helfen möchte, hat verschiedene Optionen. Am besten schaut man zunächst die ‘geologischen‘ Voraussetzungen im eigenen Garten oder auf dem Balkon an. Sobald man weiss, welchen Lebensraum man anzubieten hat oder anbieten möchte, kann man sich danach erkundigen, welche einheimischen Futterpflanzen normalerweise in solchen Lebensräumen wachsen. Diese dürfen auf keinen Fall mit Pestiziden behandelt werden; naturnah ist Trumpf.
Wer weder Steingarten, noch Morschholz oder Insektenfrassgänge anzubieten hat, kann auch Töpfe mit Lehm oder Sand aufstellen, markhaltige Pflanzen nach dem Verwelken weit über Boden abschneiden und aufrecht stehenlassen, oder Bambusröhrchen gebündelt und leere Schneckenhäuschen einzeln hinlegen. Falls man selber Nistgänge bohrt, sollte man nur gut gelagertes Hartholz verwenden und den Eingang mit Schleifpapier behandeln: Die Wildbienen mögen nur glatte Gangwände und keine Risse (Parasiten, Pilze). Zudem sollte man grosse Holzstücke unbedingt von der Seite und nicht an der Schnittfläche einbohren; schliesslich würden Insekten die Gänge auch von der Borke her bohren.
Weitere Informationen:
Spektrum Bericht
Nisthilfen Anleitung von Wildbee
Ausstellung Sexperten - flotte Bienen, im Naturama Aargau
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