Vor 200‘000 Jahren, an einem Dienstag, verliess der Mensch seine Wiege Afrika. Wo auch immer sich günstige klimatische und geographische Bedingungen boten, verweilte Homo sapiens länger. Erst viel später dämmerte ihm, dass es ausser Beeren, Nüssen, Fleisch und Wurzeln auch noch andere schmackhafte Esswaren gab. In vielen Gebieten wuchs wildes Getreide. Spätestens mit dem aktiven Ansäen von Getreidefeldern wurden die ersten Menschen sesshaft. Im Zuge dessen fingen sie an, Nutztiere zu halten.
Die Geschichte der Schweizer Vielfalt
Als die ersten modernen Menschen die damalige Schweiz besiedelten, war hier noch grösstenteils Wald. Ausserdem zogen die Flüsse jedes Jahr nach den Hochwassern andere mäandrierende Schlaufen.
Die Neuansiedler rodeten und beackerten die ‘Schweiz‘. Diese Aufsplitterung in verschiedene Lebensräume führte zu einer vergrösserten Artenvielfalt. Viele neue Pflanzen konnten sich etablieren oder sogar neu entstehen.
In den Alpentälern entstanden besonders viele neue Arten. Über Jahrhunderte erzüchteten die Menschen auch unterschiedliche Nutztierrassen. Je unterschiedlicher die schonende Nutzung der Hänge als Wiesen oder Weiden, desto breiter wurde die Vielfalt. Die Isoliertheit der Täler trug das Ihrige bei.
Mit der Lichtung der Wälder kamen nicht nur wärmeliebende Pflanzen, sondern auch Tiere, die auf offene Flächen angewiesen sind. Von der Jungsteinzeit (3500 v.Chr.) bis ins Mittelalter (1000 n.Chr.) wurde Feld-Gras-Wirtschaft betrieben. Die Artenvielfalt nahm stetig zu. Die danach bis zirka 1800 praktizierte Dreifelderwirtschaft, mit Winter- und Sommergetreide sowie Brache, hob die Pflanzenvielfalt der Schweiz auf ihren Zenit.
Im 19. Jahrhundert begannen wir, Flüsse zu begradigen, um durch Trockenlegungen mehr Ackerland zu gewinnen. Mit dem Verlust der Feuchtgebiete geriet auch erstmals die Artenvielfalt unter Druck. Da die traditionelle Landwirtschaft bis 1940 ohne Pestizide, Kunstdünger oder schwere Maschinen auskam, vermochte das kleinräumige Mosaik unterschiedlicher Lebensräume den Artenverlust zu bremsen.
Zur Zeit des zweiten Weltkrieges wurde in der Anbauschlacht möglichst jede freie Fläche mit essbaren Pflanzen bestückt. Dadurch gingen viele naturnahe Lebensräume verloren. Nach dem Krieg hielt die moderne Landwirtschaft Einzug und führte zu beispiellosen Ertragssteigerungen - wobei jedoch kontinuierlich die natürliche Vielfalt verloren ging und bis heute abnimmt.
Die Rettung der Schweizer Vielfalt
Nur mit biologischem Anbau und einem neuen Subventionssystem für die Landwirtschaft kann die grosse Bandbreite an Bewirtschaftungsmethoden und die daraus abgeleitete Artenvielfalt erhalten bleiben. Zu diesem Schluss kommt auch das Nationale Forschungsprogramm 48 zur Landnutzung und biologischen Vielfalt in den Alpen. Laut Synthesebericht sollten von der Gesellschaft gewünschte, nicht ‘marktfähige‘ Leistungen entschädigt werden. Subventionen sollen ausserdem zu mindestens einem Drittel effizient über regionale Programme gesprochen werden. Ebenfalls betont wird die Wichtigkeit einer Revision des Waldgesetzes, damit der steigende Holzbedarf für Pellets- und Schnitzelheizungen so gedeckt wird, dass Biodiversität und Landschaftsqualität erhalten werden können.
Bio ist nicht nur ein Trend, sondern wird wohl der einzige Weg sein, wie man längerfristig die Ernährungssicherheit garantieren kann. Setzt man nämlich Pestizide ein, braucht man mit der Zeit immer neue oder stärkere. Viele sind ausserdem schwer abbaubar und akkumulieren sich in der Nahrungskette. Mineraldünger werden heute in Bergwerken unter Tage abgebaut. Schätzungen zufolge reichen die Vorräte noch ungefähr 50 Jahre. Der Nachteil der Mineraldünger: Ihre Nährstoffe sind nicht so gut verfügbar für Pflanzen und werden deshalb in grossen Mengen ausgewaschen. So gelangen sie unter anderem auch in unsere Trinkwasserseen.
Die Zukunft der Schweizer Vielfalt
Mit der steigenden Zahl der Arbeitskräfte sollte es möglich sein, wieder vermehrt auf schweres Gerät zu verzichten. Von Hand arbeitende Menschen können nämlich mehr Ertrag pro Fläche aus dem Boden holen als Maschinen. Sie sind damit also, wenn auch nicht schneller, so doch effizienter. Ein weiteres Augenmerk sollte unbedingt auf steile Bergwiesen gerichtet werden. Diese wurden nämlich in den letzten Jahren in Folge ihrer Unrentabilität entweder zu Bergweiden umfunktioniert oder aufgegeben. Durch die Verwaldung gehen weitere wertvolle Arten und Nutzflächenverloren.
Vielleicht sollten wir vermehrt auch Ideen in der Vergangenheit finden. Gemeinsam mit aktuellen Standards wie BioSuisse und Demeter könnte die Schweiz eine Vorreiterrolle in der Entschleunigung übernehmen. Es wird Zeit Verantwortung zu übernehmen und weniger auf Kosten der Dritten Welt auf grossem Fuss zu leben.
Weitere Informationen:
Quelle Synthesebericht NFP 48
Schulmaterial Film <10 Milliarden>
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