Knickerige Trickser
Skorpionsfliegen paaren sich nur so lange, wie das Weibchen Freude am Geschenk hat. Ein paarungswilliges Männchen pappt einen Nahrungsklumpen zusammen und schenkt ihn dem Weibchen; als Anreiz für das Weibchen, sich mit ihm zu paaren. Je grösser das Geschenk ist, desto länger dauert normalerweise die Paarung. Bei längerer Paarung werden mehr Eier durch das betreffende Männchen befruchtet. Damit das Männchen möglichst viele Weibchen begatten kann, schliesst es gerne mal Steinchen in den Nahrungsklumpen ein, um Zeit und Mühe zu sparen. Es versucht so die Paarung trotz kleinerer Investition zu verlängern. Aber wehe, das Weibchen bemerkt den Beschiss, dann bricht sie die Paarung sofort ab.
Diese gegensätzlichen Taktiken der Geschlechter, auf Kosten des Anderen das Meiste aus der Situation herauszuholen, nennt man in der Fachsprache ‘Arms Race‘ – also Aufrüstungskrieg. Jedes Geschlecht versucht, das andere auszutricksen oder zu übertrumpfen.
Anspruchsvolle Spinner
Bei Spinnen produzieren die Weibchen einen Eierkokon und bewachen diesen dann meist. Die Männchen liefern nur das Sperma. Theoretisch könnte sich also ein Männchen mit mehreren Weibchen paaren, ein Weibchen aber unter Umständen nur einmal (pro Jahr). Das Weibchen muss also möglichst das ‘beste Männchen‘ aussuchen und etwaige Scharaden der Männchen rechtzeitig durchschauen. Oder?
Viele weibliche Spinnen haben mehr als ein Spermienreservoir. Sie können sich also mit mehreren Männchen paaren, das Sperma in verschiedenen Reservoirs speichern und später noch entscheiden, wessen Sperma sie zum Befruchten ihrer Eier einsetzen möchten. Das Sperma des Verlierers pressen sie ungebraucht wieder raus.
Mein Partner, der Snack
Wie in den Aufrüstungskriegen der menschlichen Geschichte, ist keine Seite für immer erfolgreich. Je nach äusseren Umständen und manchmal auch durch Zufall kippt der Erfolg zum anderen Geschlecht.
Wenn ein Fangschrecken-Männchen keinem anderen Weibchen begegnet ist, kann es sich entscheiden die Paarung, die mehr als 24 Stunden dauern kann, bis zum Ende – seinem Tod – durchzuziehen. Bei gewissen Gottesanbeterinnen-Arten lässt sich das Männchen also absichtlich auffressen.
Wenn die Paarung ein paar Stunden dauert, wird das Weibchen hungrig und beginnt am Männchen zu knabbern. Wenn das Männchen sich nun losreisst, hat es die Gewissheit, zumindest ein paar Eier des Weibchens befruchtet zu haben. Die Paarung mit dem aktuellen Weibchen ist damit jedoch beendet. Ist die Chance für das betreffende Männchen klein, noch weitere Weibchen zu befruchten, kann es alles auf eine Karte setzen und das Weibchen weiter knabbern lassen. Am Ende der Paarung ist vom Männchen nur noch das hinterste Ende übrig, es hat aber während der ganzen Zeit weitere Spermien übertragen und ist somit Vater von ganz vielen Nachkommen.
Längst nicht alle Fangschrecken-Arten sind Kannibalen. Dieser Eindruck ist ein sogenannter wissenschaftlicher Artefakt: Die ersten Experimente, die dazu gemacht wurden, fanden in Käfigen statt, aus denen die Männchen nicht entkommen konnten, weshalb sie allesamt verspeist wurden. Spätere Freilandbeobachtungen haben gezeigt, dass zum Beispiel bei der europäischen Gottesanbeterin alle Männchen die Paarung überleben. Das Vorurteil hält sich jedoch hartnäckig.
Die gebräuchlichen Kriegsmetaphern sollen nicht den missbräuchlichen Sozialdarwinismus propagieren, sondern dienen lediglich der bildlichen Illustration. Den Tieren werden dabei weder menschlichen Motive noch Methoden zugesprochen.
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