Fehlschlüsse halten sich hartnäckig

12 Nov 2015
Mantis religiosa 'praying for prey': Eigentlich gar keine notorische Männermörderin. Mantis religiosa 'praying for prey': Eigentlich gar keine notorische Männermörderin.

Zum Tag der Wissenschaft räumen wir mit einigen sich hartnäckig haltenden wissenschaftlichen Irrtümern auf. Wissenschaftliche Thesen gelten grundsätzlich so lange, bis sie widerlegt werden. Unser Bild der Erde sollte also immer exakter und facettierter werden. Wäre es bloss nicht so schwierig, alte Bilder loszuwerden.

Eisenhaltiges Grünzeug

Einer der berühmtesten Fehler in der Überlieferung wissenschaftlicher Ergebnisse ist wohl die im Spinat enthaltene Eisenmenge. Ein Kommafehler in einer der ersten Lebensmitteltabellen führte dazu, dass noch heute ganz viele Eltern ihre Kinder zum Spinatessen zwingen, mit der Begründung dieser enthalte besonders viel Eisen. Allerdings sind pro hundert Gramm Spinat nur gerade 3 Milligramm Eisen nachweisbar (nicht 10 Mal mehr). Um die empfohlene Tagesdosis von 10-15 mg Eisen zu erreichen, müsste man also ungefähr ein halbes Kilo Spinat verputzen: Der hohe Oxalatgehalt wirkt nämlich sogar hemmend auf die Eisenaufnahmen.

Spinat ist vitaminreich:
Wenn er auch nicht viel Eisen enthält; Spinat ist sehr vitaminreich. Er enthält mit 52 mg pro 100 g gleich viel Vitamin C wie eine Zitrone. Von den Zitrusfrüchten enthält die Zitrone zwar am meisten Ascorbinsäure (Vitamin C) pro 100 g. Allerdings essen wir von ihr auch am wenigsten. Interessanter – ihres Vitamingehalts wegen – sind Erdbeeren (64 mg), Schwarze Johannisbeeren (177 mg), Kiwi (300 mg), Sanddorn (bis 1200 mg) oder Hagebutten (bis 2900 mg)

Mordende Weibchen

Ein weiteres Artefakt der Forschung hält sich ebenfalls sehr hartnäckig. Weibliche Gottesanbeterinnen (Mantis) gelten als ruchlose Männermörderinnen. In Tat und Wahrheit haben die Männchen jederzeit die Möglichkeit, eine Paarung abzubrechen, um dem Tod durch Verspeisen zu entkommen. Die Männchen schätzen anhand der Zahl der in der Umgebung vorhandenen Weibchen ihre weiteren Paarungschancen ein, und entscheiden sich nur bei kleiner Wiederverpaarungswahrscheinlichkeit, alles auf eine Karte zu setzen. Darf das Weibchen am Männchen knabbern, dauert die Paarung teils länger als 24 Stunden. Fast alle Eier des Weibchens werden also von diesem einen Männchen befruchtet – was es, vom evolutiven Standpunkt gesehen, erfolgreich macht. Die ersten Laborexperimente, die das Vorurteil zementierten, wurden in kleinen Käfigen beobachtet, die weder weitere Weibchen noch Fluchtmöglichkeiten boten.

Übrigens fallen auch längst nicht alle Latrodectus-Spinnenmännchen ihren Gattinnen, den ‘Schwarzen Witwen‘, zum Opfer.

Waschende Bären

Nicht nur in zu kleinen Versuchssettings können Tiere merkwürdige Verhaltensweisen an den Tag legen. Auch wenn das Zoogehege nicht den natürlichen Bedürfnissen entspricht, werden stereotype Verhaltensmuster sichtbar. Waschbären waschen ihr Futter nur in Gefangenschaft. In der Natur suchen Waschbären ihr Futter lediglich im seichten Wasser. Bekommen sie ihr Futter im Zoo nicht auf dieselbe Art, kann es schon mal vorkommen, dass ein Waschbär sein Futter absichtlich ins Wasser wirft, um es anschliessend zu ‘waschen‘. Selbst wenn kein Wasser zur Verfügung steht, kann dieser Vorgang als ‘Trockenübung‘ sichtbar werden.

Tarnende Schuppenechsen

Chamäleons passen ihre Farbe entgegen der landläufigen Meinung nicht nur zur Tarnung der Umgebung an, sondern je nach Wetter und Stimmung. Möchte ein Chamäleon seine Körpertemperatur erhöhen, verdunkelt es seine Schuppen, um mehr Sonnenwärme aufnehmen zu können. Ist es entspannt und zufrieden, so passt es wunderbar in seine unmittelbare Umgebung. Gerät ein Chamäleon jedoch in Erregung, überwiegt diese ‘Emotion‘ und die neue Farbe überdeckt die Tarnfarbe.

Winzige Seebären

Wird eine neue Tierart beschrieben, so werden meist mehrere sogenannte Referenzexemplare in Museen aufbewahrt. So beugt man unter anderem dem folgenden Fehler vor: Ausgerechnet die grösste Art der Seebären heisst Zwergseebär, weil die Wissenschaftler bei der Erstbeschreibung ein Junges vor sich hatten. Die bis zu 2,3 Meter langen Tiere, welche in Südafrika heimisch sind, gehören zu den Ohrenrobben.

Melkende Vögel

Der Römer Plinius schilderte in seiner Historia naturalis, wie ein Vogel nachts Ziegen aufsuchte, ihnen Milch entsaugte und die Ziegen davon blind wurden. Caprimulgus, also Ziegenmelker, nannte er den Frevler. Tatsächlich verbringt der betreffende Vogel viel Zeit auf Viehweiden; allerdings nicht der Milch wegen. Das Vieh scheucht Insekten auf, welche er gerne verspeist. Noch heute lautet der wissenschaftliche Name der Vogelgattung Caprimulgus.

Weitere Informationen:
275 populäre Irrtümer über Pflanzen und Tiere

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