Manchem Tier wurde ein Name auf Grund eines Vorurteils oder blühender Fantasie angedichtet. Wer sich nicht gut im Tierreich auskennt, kann sich leicht übertölpeln lassen. Oft wurden Tierarten auch wegen ihres Aussehens in eine gewisse Tiergruppe eingeteilt. Häufig wären es allerdings anatomische und genetische Merkmale, die nicht von weitem sichtbar sind, welche die Abstammung aufzeigen würden.
Von blinden Schleichen und dem König der Heringe
Dass der Lämmergeier sich von Lämmern ernährt, ist eine vermutlich nicht ganz unbegründete üble Nachrede. Der – heute Bartgeier genannte – Vogel ernährt sich als Erwachsener vorwiegend von Knochen. Die Jungtiere brauchen aber auch Fleisch. So ist es denkbar, dass Altvögel auf Futtersuche auch die Nachgeburt eines Schafes oder gar tot geborene Lämmer mitnehmen. Bartgeier fressen allerdings nur Aas. Ihre Krallen sind nicht so spitz wie die von Adler oder Bussard und eignen sich deshalb nicht zum Töten von Beute.
Blindschleichen sind nicht blind. Ihr Name geht auf das Althochdeutsche ‘Plintslîcho‘ zurück. Dies bedeutet blendender Schleicher und bezieht sich auf die metallisch glänzende Haut der Blindschleiche. Sie gehören wie die Schlangen und Eidechsen zu den Schuppenkriechtieren und wie erstere verlassen sie sich bei der Nahrungssuche vorwiegend auf ihren Geruchssinn – auch wenn sie Augen haben.
Seepocken sind keine Krankheitserreger und Wasserflöhe gehören nicht zu den Flöhen: Es sind beides Krebse, genauso wie die Kellerasseln. Hauptunterscheidungsmerkmal zu Insekten (3 Paare) und Spinnen (4 Paare) wären die 7 (!) Laufbeinpaare. Nur verstecken sich die Seepocken halt in ihren Kalkblattern und die Wasserflöhe sind von blossem Auge nur als herumflitzende Punkte erkennbar.
Der Heringskönig ist kein grosser Hering, sondern er hält sich oft in der Nähe von Heringsschwärmen auf, da er sich gerne von ihnen ernährt. Beidseitig mittig vorhandene runde Flecken sollen der Legende nach die Fingerabdrücke von Apostel Petrus sein; deshalb ist er bekannter unter dem Namen Petersfisch (nicht zu verwechseln mit dem Petermännchen, welches ebenfalls ein Fisch ist).
Fische, die keine Fische, und Würmer, die keine Würmer sind
Tintenfische sind keine Fische, sondern Kopffüsser (Cephalopoden). Sie gehören somit wie Schnecken und Muscheln zu den Weichtieren (Mollusken). Manch einer nennt sie deswegen auch Tintenschnecken. Dieser Begriff ist allerdings ebenfalls irreführend, denn die Kopffüsser sind eine eigene Klasse neben den Schnecken. Schnecken und Muscheln kann man übrigens an der Zahl ihrer Schalen unterscheiden. Schnecken sind Gastropoden – also Bauchfüsser – und besitzen maximal ein Gehäuse; Muscheln haben normalerweise zwei sehr ähnliche Schalenhälften, deshalb heissen sie wissenschaftlich auch Bivalvia.
Übrigens hiess es im Mittelalter über den Biber: <Bezüglich des Schwanzes ist er ganz Fisch>: Manche nahmen das als Ausrede, um während der Fastenzeit trotzdem Fleisch essen zu können.
Auch die Walfische gehören nicht zu den Fischen. Die frühere, überholte Bezeichnung hält sich jedoch hartnäckig. Wale sind Säugetiere. Ihr Körperbau ist demjenigen der Fische lediglich sehr ähnlich, da sie alle sehr gut ans Leben im Wasser angepasst sind. Das äusserliche Hauptunterscheidungsmerkmal sind die Schwanzflossen, welche bei Fischen senkrecht und bei Walen waagrecht stehen.
Spitzmäuse sind keine Mäuse. Sie gehören wie die Igel und die Maulwürfe zu den Insektenfressern. Da sie sich von anderen Tieren ernähren, ist ihr Gebiss mit spitzen Zähnen bewehrt. Im Gegensatz dazu haben Mäuse ein typisches Nagetiergebiss, wie die Hörnchen-, Biber- und die Stacheltierverwandten (Meerschweinchen).
Zwerghasen sind keine Hasen, sondern Kaninchen. Die Jungen von Kaninchen kommen nackt und blind zur Welt, die Jungen der Hasen sind Nestflüchter. Hasen eignen sich wegen ihrer stark von Kaninchen abweichenden Verhaltensweise nicht als Haustiere.
Flusspferde sind nicht näher mit den Pferden verwandt. Sie gehören zu den Paarhufern, sind also eher mit Ziegen, Rindern und Kamelen verwandt.
Die Spanische Fliege (Lytta vesicatoria) ist ein Ölkäfer (Familie Meloidae). Sein Gift Cantharidin wurde schon früh als Aphrodisiakum, für Abtreibungen und ‘Erbfolgebeschleunigungen‘ verwendet. In der Familie der Weichkäfer, wissenschaftlich Cantharidae, kommt dieses Gift nicht vor. Lytta vesicatoria wurde jedoch anfänglich der falschen Gattung Cantharis zugeordnet. Der Name des Giftes wurde nach der Richtigstellung nicht mehr verändert.
Längst nicht jedes Tier, welches als Wurm bezeichnet wird, ist auch einer. Systematisch gesehen ist nicht die längliche, dünne Form entscheidend, sondern der Körperbau in Form von Segmenten. Ist ein Apfel wurmstichig, schmausen darin Raupen des Apfelwicklers; Holzwürmer sind die Larven von Pochkäfern und Glühwürmchen sind Leuchtkäfer.
Weitere Informationen:
275 populäre Irrtümer über Pflanzen und Tiere
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