Wenn im Spätherbst noch die letzten Blätter an den Bäumen hängen, kann man kaum glauben, dass da vor wenigen Monaten noch ein sattgrünes Blätterdach die Baumkrone bedeckte. Im Sommer enthalten die Blätter der Laubbäume grünes Chlorophyll, welches für die Photosynthese benötigt wird. Diese Pigmente fangen die Energie des Sonnenlichts ein, damit die Pflanze Stärke herstellen kann. Dabei werden alle Wellenlängen bis auf den grünen Anteil des Lichtspektrums absorbiert – weshalb die Blätter zu dieser Jahreszeit im satten Grün erscheinen.
Doch im Herbst ändert sich dies dramatisch. Innert weniger Wochen verfärbt sich die Baumkrone von grün, über gelb und rot, bis nach braun.
Wieso werden die Blätter bunt?
Wenn im Herbst die Temperaturen sinken und die Tage kürzer werden, erkennt der Baum, dass ihm schon bald nicht mehr genügend Licht zur Verfügung stehen wird, um weiter Photosynthese zu betreiben. Nun gilt es, sich für den kommenden Winter zu wappnen.
Da der Baum im Sommer bereits viele Energiereserven angesammelt hat, benötigt er das Chlorophyll in den Blättern nicht mehr. Also wird es zersetzt, und die Abbauprodukte werden zurück in die Äste, Wurzeln und den Stamm transportiert, wo sie bis zum Frühling für die neue Blattgeneration gespeichert werden.
Da nun das Chlorophyll in den Blättern verschwunden ist, kommen andere Farbpigmente zum Vorschein, die das Chlorophyll im Sommer überdeckte. Farbstoffe wie das orange Carotin oder das gelbe Xanthophyll verleihen dann den Laubblättern ihre bunte Pracht.
Zusätzlich produzieren Laubbäume auch aktiv rote Anthozyane, die während des Abbauprozesses dem UV-Schutz und dem Schutz vor freien Radikalen dienen. Dank diesem Schutzschild-Mechanismus kann selbst während des Chlorophyllabbaus für eine gewisse Zeit weiter Photosynthese betrieben werden. So gewinnt der Baum in dieser Zeit noch weitere wertvolle Energie, die ihm durch den Winter helfen kann.
Warum werden die Blätter abgeworfen?
Der Abwurf der Blätter sowie auch der Abbau des Chlorophylls werden von pflanzlichen Hormonen eingeleitet. Im Winter würde der Baum sehr viel Wasser durch Verdunstung auf der Blattoberfläche verlieren. In der kalten Jahreszeit kann er durch den gefrorenen Boden kaum Wasser über die Wurzeln aufnehmen, um den Verlust zu kompensieren. Also werden die Blätter durch programmierten Zelltod als Verdunstungsschutz abgeworfen.
Wenn in den Blättern der Abbau des Chlorophylls beendet ist und alle Nährstoffe zurückgezogen wurden, kappt der Baum die Verbindung zwischen Zweig und Blattstiel. Bei den meisten Laubbäumen wird an der Bruchstelle ein Trenngewebe aufgebaut, das schliesslich verkorkt. Der Korkverschluss ist notwendig, damit keine Krankheitserreger über die Blattansatzstelle in den Baum gelangen können.
Am Ende reicht ein leichter Luftstoss, um das Blatt vollständig vom Zweig zu trennen, sodass es in Richtung Boden segelt.
Einige Bäume wie Buchen und Eichen bauen kein Trenngewebe auf. Stattdessen bilden sie Zellen, welche die Wasserbahn zwischen Zweig und Blatt verstopfen, sodass die Blätter am Ast verdorren. Normalerweise bleiben die trocknen Blätter so länger hängen, bis sie von einem heftigen Sturm vom Baum gefegt werden.
Warum verlieren die immergrünen Nadelbäume im Herbst ihre Nadeln nicht?
Im Gegensatz zu den Blättern der Laubbäume verfügen Nadeln über einen effizienteren Verdunstungsschutz. Eine dicke Wachsschicht, die geringe Oberfläche der Nadeln und die verengten Spaltöffnungen minimieren den Wasserverlust, sodass Nadelbäume im Winter kaum Wasser verlieren und daher ihre Nadeln behalten können.
Die Laubbäume müssen also so einiges durchmachen, um sich auf den Winter vorzubereiten. Die kahlen Stämme mögen nicht mehr so schön aussehen wie in ihrem Sommerkleid, doch nur so können sie den Winter überstehen und der Schneedecke standhalten.
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