Die Meister des Überlebens: Bärtierchen

Ein putziges Bärtierchen von unten. Ein putziges Bärtierchen von unten.

Bärtierchen sind unglaubliche Überlebenskünstler. Nicht einmal ein Ausflug ins Vakuum des Weltalls kann ihnen etwas anhaben. Dies verdanken sie einem Protein, das ihre DNA schützt.

Auch wenn es ihr Name vermuten lässt, mit Bären haben Bärtierchen nichts zu tun. Ihr Aussehen mag zwar mit etwas Fantasie einem Bären gleichen, doch sie bilden einen eigenen Stamm innerhalb des Tierreichs: Die Tardigrada. Der wissenschaftliche Name setzt sich zutreffender Weise aus dem lateinischen tardus (langsam) und gradus (Schritt) zusammen. Tatsächlich sind diese winzigen Tierchen nicht die schnellsten auf ihren acht Beinchen. 

Die sich meist von Pflanzenzellen ernährenden Bärtierchen vermögen aber auch Fadenwürmer und Rädertierchen zu erbeuten, indem sie ihre Opfer anstechen und aussaugen.
Neben feuchten Moosteppichen, Süsswasser und dem Meer kommen Bärtierchen auch in Extremlebensräumen wie der Tiefsee, der Antarktis und selbst auf dem Himalaya zurecht.
Mit gerade einmal 50 bis 1500 Mikrometer sind sie kaum grösser als der Durchmesser eines Haars. Kein Wunder, dass die mikroskopisch kleinen Bärtierchen trotz ihrer grossen Verbreitung kaum jemandem auffallen. Doch in ihnen verbergen sich ungeahnte Fähigkeiten, wodurch die Tierchen praktisch unzerstörbar werden.

Bärtierchen überleben lebensfeindlichste Bedingungen

Sie trotzen Temperaturen von plus 100 °C bis minus 270 °C, kommen mit radioaktiver Strahlung zurecht, schwimmen munter in Flüssigethanol und fürchten sich selbst vor Vakuum nicht. So gut wie nichts kann den Bärtierchen etwas anhaben. Als absolute Überlebensgenies waren sie die ersten Tiere, die bei einem Experiment im luftleeren und strahlungsbombardierten All überlebt haben.

Wenn Bärtierchen auf solch widrige Bedingungen treffen, wenden sie einen ausgeklügelten Trick an: Sie begeben sich in einen scheintodähnlichen Zustand, die Kryptobiose. Dazu fahren sie ihren Stoffwechsel herunter, ziehen ihre Gliedmassen ein und formen ein Tönnchen. So können sie sogar locker mehrere Jahre verharren, bis die Situation wieder etwas lebensfreundlicher wird. Normalerweise sind die kleinen Überlebenskünstler nur in einem Wasserfilm aktiv und deshalb erwachen sie erst wieder aus ihrer Todesstarre, wenn sie mit Wasser in Kontakt kommen.

Einzigartige Schutzproteine

Wie kommen die Bärtierchen zu ihrer aussergewöhnlichen Widerstandsfähigkeit? Bis vor einigen Jahren waren Forscher überzeugt, dass Bärtierchen ihre Robustheit fremder DNA in ihrem Erbgut zu verdanken haben. Man glaubte, dass Bärtierchen durch einen Vorgang, den man horizontalen Gentransfer nennt, Gene von anderen Organismen wie Bakterien, Pflanzen, Pilze und Archaeen in ihr eigenes Genom einbauen könnten. So fand man in untersuchten Bärtierchen rund 6000 Fremdgene, die insgesamt mehr als ein Sechstel des Erbguts ausmachten. Es wurde vermutet, dass diese eingesammelten Gene ihnen die aussergewöhnlichen Schutzfähigkeiten verleihen würden.

Mittlerweile wird diese Hypothese stark angezweifelt. Bei einem weiteren Untersuch des Bärtierchen-Genoms stiessen Wissenschaftler nur noch auf gerade einmal 1.2 Prozent fremder DNA. Dafür entdeckten sie ein bisher unbekanntes Protein: „Dsup“ (=Schadens-Unterdrücker). Dieses bärtierchenspezifische Protein verhindert während der todesähnlichen Starre Schäden an der DNA, sodass die Tierchen nach dem Aufwachen ihr Leben munter weitergeniessen können. Gewöhnliche Tiere, denen das Dsup-Protein fehlt, kommen nämlich nicht ungeschoren an Extremtemperaturen, Strahlung oder extremen physikalischen Kräften vorbei.

Trotz ihrer unglaublichen Überlebenskünste haben selbst die Bärtierchen den Schlüssel zum ewigen Leben noch nicht gefunden. Ohne kryobiotische Zustände können sie wie jedes andere Lebewesen dem Tod nicht ausweichen und sterben normalerweise nach ihrer beschaulichen natürlichen Lebensdauer von rund 2 Jahren.

Bärtierchen überleben einen Ausflug ins All
Das Bärtierchen-Journal

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