Auf der ganzen Welt schwindet der Lebensraum vieler Tiere dahin. Keine Überraschung also, dass sich einige von ihnen in Städten neu angesiedelt haben. In Grünräumen, Parkanlagen und Alleen finden viele von ihnen ein neues Zuhause. Auch in Gebäuden entstehen neue Quartiere, z.B. für Fledermäuse. Die Vielfalt der in der Stadt lebenden Tiere ist gross, jede Tiergruppe ist vertreten. Meistens leben sie versteckt und vor den menschlichen Stadtbewohnern verborgen. Doch ihr Leben im Beton-Dschungel unterscheidet sich von dem in der Wildnis. Für manche Tiere, die sich erfolgreich anpassen konnten, bieten die ungewöhnlichen Bedingungen sogar Vorteile.
Wanderfalken, Leoparden und Hyänen
Auf den ersten Blick könnte man meinen, eine Grossstadt wie New York komme als Lebensraum für den Wanderfalken nicht in Frage. Blickt man genauer hin, stellt man fest, dass die Metropole die grösste Dichte an nistenden Wanderfalken der Welt besitzt. Die Vögel finden auf den Wolkenkratzern ideale Nistplätze. Von hoch oben haben sie guten Überblick über ihr Jagdrevier. Durch die hohe Taubenpopulation finden sie einen Überfluss an Nahrung. (Auch Tauben sind übrigens wahre Meister des urbanen Lebens, sie haben sich in Städten auf der ganzen Welt angesiedelt.) Des Weiteren nutzen die Wanderfalken die Thermik und Winde zwischen den Gebäuden, um gemütlich dahin zu segeln.
Ähnlich wie New York, verfügt auch Mumbai über eine faszinierend grosse Population normalerweise in der Wildnis lebender Tiere. Hier handelt es sich allerdings nicht um harmlose Vögel, sondern um grosse Raubkatzen. Leoparden haben sich seit vielen Jahren in der Millionen-Stadt angesiedelt. Auch hier finden wir die grösste Population weltweit. Durch den nie verstummenden Stadtlärm ist ihre Beutejagd so erfolgreich. Vereinzelt gibt es Angriffe auf Menschen, doch bevorzugen die Leoparden normalerweise deren Haustiere. Schweine und Hunde stehen auf ihrem Speiseplan.
In Harar, einer Stadt in Äthiopien, werden ebenfalls gefährliche Raubtiere akzeptiert. Die Menschen haben sich an die grosse Gruppe von Hyänen gewöhnt, die bei Nacht umherstreift. Auch diese normalerweise wilden Tiere haben sich an das andere Leben in der Umgebung der Menschen angepasst. Sie zeigen sich ruhiger und zutraulicher als in der Wildnis, werden sogar von Hand gefüttert.
Segen und Fluch zugleich
Durch die Wärme der Stadt überleben in Italien Tausende von Staren kalte Winternächte. Abfallreste bieten Füchsen, Waschbären und anderen heimlichen Bewohnern Nahrung. Doch gibt es auch Tiere, die sich nicht an die immer wechselnden Bedingungen in der Welt des Menschen anpassen konnten. So sterben an stadtnahen Stränden jedes Jahr tausende Babyschildkröten. Vom Mondlicht normalerweise zum Wasser gelockt, kriechen sie heute dank künstlichem Licht Richtung Stadt. In dieser harschen Umgebung haben sie keine Überlebenschance, werden überfahren, verfangen sich in Müll oder landen im Abwasserkanal.
So faszinierend das Leben dieser Tiere auch ist, sind sie nicht bei allen Menschen gleichermassen beliebt. Abfallplündernde Füchse werden nicht gerne gesehen, die Kotansammlungen von Vögel lösen Ekel aus, und die Bedrohung durch Raubtiere macht Angst. Dennoch sollten wir nicht vergessen, dass sich die Tiere gezwungenermassen in unseren urbanen Siedlungen ausbreiten. Projekte in Mailand und Singapur zeigen, wie wir ein besseres Zusammenleben aller Spezies ermöglichen. Im Gardens by the bay in Singapur wurde eine riesige Grünfläche realisiert, die nun vielen Tieren als neuer Lebensraum dient. In Italien werden hängende Garten zum Zuhause verschiedener Arten. Dazu werden hohe Gebäude mit vielen Balkonen versehen, auf denen später Bäume und diverse andere Pflanzen gedeihen. Auch in der Schweiz, in einer Waadtländer Gemeinde, soll ein solches Hochhaus entstehen - entworfen vom gleichen Architekten, der auch schon in Mailand die Projekte verwirklicht hat.
Bosco verticale in Mailand Quelle: Kent Wang, Flickr
Das Leben und die Bedingungen in den Städten werden sich weiterhin verändern, und immer mehr Tiere werden ihren natürlichen Lebensraum verlieren. Ob und wie ein gemeinsames Leben funktioniert, liegt in der Hand des Menschen.
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