Die Musik ist nicht der einzige Grund, weshalb uns beim Ansehen des Dokumentarfilms «Die Nomaden der Lüfte – das Geheimnis der Zugvögel» wohlig-rührende Schauer über den Rücken laufen. Es ist auch das Staunen über die unglaublichen Reisen mit all ihren Strapazen, die viele Vögel jedes Jahr erneut auf sich nehmen. Die sogenannte «Zugunruhe», die manche Vögel zur Migration bewegt, ist genetisch verankert. So werden sie nicht vom plötzlich hereinbrechenden Winter überrascht und machen sich rechtzeitig auf den Weg in ihr Überwinterungsgebiet. Innerhalb des Phänomens Vogelzug haben sich unterschiedliche Migrationstypen entwickelt.
Kurzstreckenzieher
Sie sind die Letzten, die gehen und die Ersten, die zurückkehren. Die Kurzstreckenzieher. Ihr Überwinterungsgebiet liegt meist nicht weiter als 2000 km von ihrem sommerlichen Brutgebiet entfernt. Im herbstlichen Mitteleuropa bedeutet das für viele: Ab ans Mittelmehr; Brüter in Nordeuropa ziehen für den Winter hingegen gerne an die Atlantikküste, nach Mitteleuropa oder Grossbritannien. Im Gegensatz zu Langstreckenziehern überqueren die Kurzstreckenzieher die Sahara nicht. Selbst das Mittelmeer wird nur selten, und wenn, dann auf sogenannten Inselrouten überquert.
In Europa bekannte Kurzstreckenzieher sind Rotkehlchen, Hausrotschwanz und Mönchsgrasmücke. Viele der Kurzstreckenzieher zählen auch zu den Teilziehern, so zum Beispiel das Rotkehlchen.
Teilzieher
Das Zugverhalten der Teilzieher richtet sich nach den jährlich wechselnden Überwinterungsbedingungen sowie nach der Beheimatung der jeweiligen Population. So ziehen beispielsweise nordeuropäische Rotkehlchen jeden Winter nach Südeuropa, während mitteleuropäische Rotkehlchen teils ziehen, teils bleiben; und südeuropäische Populationen den Winter in ihrem Brutgebiet verbringen (Standvögel). Bei manchen Arten sind in derselben Population Zug- und Standvögel vorhanden – vorausgesetzt sie haben entsprechend verschiedenes Erbgut. Kostet ein strenger Winter vielen Standvögeln das Leben, so haben ihre ziehenden Artgenossen einen Vorteil. Ein milder Winter kommt wiederum den Standvögeln zu Gute: Sie verschwenden keine Energie für die Suche nach einem Brutplatz und können, während die Zugvögel gerade erst zurückkehren, bereits mit dem Brüten beginnen.
Das Teilzugverhalten ist eine erstaunlich fein abgestufte Anpassung nicht nur an Jahreszeiten, sondern auch an wechselnde Bedingungen innerhalb derselben Klimazone.
Langstreckenzieher
Langstreckenzieher vermeiden konsequent tiefe Temperaturen, sie reisen dem Sommer - beziehungsweise ihrer Nahrung, den Insekten - hinterher. Sind sie mit dem Brüten fertig, verlassen Langstreckenzieher ihr Brutgebiet und treten eine bis zu 4000 km lange Reise an. Die Überwinterungsquartiere europäischer Langstreckenzieher liegen südlich der Sahara. In den letzten Jahren wurde ausserdem entdeckt, dass gewisse Arten, nachdem sie sich von der Saharaüberquerung einige Wochen im Sudan oder in Äthiopien erholt haben, erneut Richtung Südafrika zu ziehen beginnen. Mit Ausnahme der auf die Thermik angewiesenen Segler ziehen Langstreckenzieher in der Nacht.
In Europa bekannte Langstreckenzieher sind Gartenrotschwanz, Mauersegler und Rauchschwalben.
Quellen und weitere Informationen:
Vogelzug: Kurz- und Langstreckenzieher, Teilzieher. Und vieles mehr.
Naturwunder Vogelzug
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