Der Tourismus badet in goldenen Zahlen und das nun schon seit einigen Jahren. Das Geschäft des Reisens hat sich als einer der bedeutendsten Wirtschaftssektoren etabliert. Schöne Erinnerungen und Ferienerlebnisse für die einen, Arbeitsplätze und soziale Entwicklungsmöglichkeiten für die anderen. Auf der anderen Seite zementieren sich im Tourismus einmal mehr die Grundstränge des Kapitalismus: Alles inklusive, auch die Schattenseiten. Ungleichheit ist der zwangsläufige Nebeneffekt, den zwar niemand will, der aber trotzdem akzeptiert wird.
Blick auf den Schatten
„Der Tourist zerstört, was er sucht, indem er es findet.“ Das ist eine viel zitierte Aussage des deutschen Schriftstellers Hans Magnus Enzensberger. Die Tourismusindustrie bauscht ihre Erfolge, ihre schwarzen Zahlen und ihre wirtschaftliche Bedeutung auf. Die negativen Nebenerscheinungen bleiben dabei auf der Strecke. Wer den Blick öffnet, erkennt aber, dass hinter dem paradiesischen Ferienfoto und dem exotischen Reisesouvenir noch anderes steckt. Im Verlaufe meiner Arbeit an dieser Artikelserie bin ich auf verschiedenste Problematiken gestossen. Die Probleme sind sozialer, ökologischer und politischer Natur. Die Bedürfnisse der Geldzahlerinnen, der Kunden, werden über diejenigen der lokalen Bevölkerung gestellt. Die Umwelt wird auf Kosten einer „naturnahen“ Feriendestination zerstört. Reisende bringen Wertschöpfung in abgelegene Regionen… der Profit fällt dann aber meist in die falschen Hände.
Ökoferien - aber richtig
Im Hinblick auf all diese Schwierigkeiten ist es begrüssenswert, dass neue Formen von Tourismus aus dem Boden spriessen. Ökoressorts, nachhaltige Reisetouren, sozial verträglicher Tourismus: Die Bezeichnungen klingen alle in etwa gleich. Doch was wirklich hinter den Namen steckt, ist jeweils schwer herauszufinden. Auch das Tourismusgeschäft hat sich im Labeldschungel verheddert. Sanfter Tourismus beansprucht für sich, sozial verträglich, ökologisch und verbindend zu sein. Allerdings darf „Sanfter Tourismus“ nicht nur zu einer einzigen Form des Reisens degradiert werden. Vielmehr muss jeder einzelne Tourismusbereich auf die Grundprinzipien des Sanften Tourismus aufgebaut sein.
Grundprinzipen Sanfter Tourismus
1. Umwelt und natürliche Ressourcen schonen
2. Den Kulturen und Traditionen des Gastlandes gebührend Respekt erweisen
3. Reiseangebote sollen zu kulturellem Austausch, Verständnis und gegenseitiger Toleranz beitragen
Über den Overtourism
Overtourism oder zu Deutsch Übertourismus ist eine neue Herausforderung, die sich unserer Gesellschaft stellt. Städte wie Lissabon, Dubrovnik, Barcelona, Venedig sind nur einige Bespiele dafür, welche Folgen Tourismus für Feriendestinationen haben kann. Die UNWTO, Welttourismus-Organisation der UN, definierte 2018 das Phänomen des Übertourismus: “the impact of tourism on a destination, or parts thereof, that excessively influences perceived quality of life of citizens and/or quality of visitors’ experiences in a negative way.” Übertourismus ist demnach ein subjektives Problem. Nichtdestotrotz können die Folgen verheerend sein, es muss schnellstmöglich gehandelt werden. In überrannten Reisedestinationen müssen Massnahmen getroffen werden, die der aktuellen Entwicklung entgegenwirken.
Blick in die Ferne
Die Erlebnisse einer Reise sind ein unersetzbares Gut. Deshalb ist es umso wichtiger, die Tourismusbranche einem Nachhaltigkeits-Wandel zu unterziehen. Ansonsten werden wir uns nämlich bald damit abfinden müssen, zuhause zu bleiben. Ein solcher Wandel findet zwar bereits in einem gewissen Masse statt, doch der reicht nicht aus, um die Zukunft des Reisens sicherzustellen.
Ideen
Statt uns nur zu beschweren, wollen wir auch einige Ideen vorstellen, wie die Zukunft des Reisens denn aussehen müsste.
1. Umwelt: Entscheidungen im Tourismussektor müssen in dem Bewusstsein getroffen werden, dass Reisen nur auf einem Planeten mit einer intakten Umwelt möglich und lohnenswert sind. Der Schutz von Klima, Tieren und Natur hat oberste Priorität.
2. Mobilität: Die Mobilität muss auf die Schienen verlagert werden. Das Zugnetz muss ausgebaut werden. Die Entscheidung, den Zug zu nehmen, soll einen Vorteil im Komfort und im Preis bedeuten. Auf In- und Auslandsflüge werden Abgaben erhoben.
3. Lokale Bevölkerung: Die Bedürfnisse der Anwohnerinnen hat stets oberste Priorität. Denn die Touristen sind Gäste, die sich auch dementsprechend verhalten sollen. Die Beziehung zwischen Reisenden und lokaler Bevölkerung kann verbessert werden, wenn die Einheimischen stärker involviert werden: Die lokale Bevölkerung muss bei wichtigen Entscheidungen mitbestimmen können.
4. Soziale Gerechtigkeit: Tourismusangebote müssen von offiziellen Instanzen überprüft werden. Soziale Verträglichkeit im Tourismusbereich darf nicht vom guten Willen einiger verantwortungsbewusster Reisender abhängig sein. Im Bereich der Labels muss mehr Übersicht geschafft werden, damit die nachhaltigste Option für die Reisenden klar erkennbar ist. Wo Tourismus seinen Beitrag zur Entwicklung einer Region beitragen kann, soll dies unterstützt werden.
Quellen und weitere Informationen:
e-unwto: `Overtourism`? Understanding and Managing Urban Tourism Growth beyond Perceptions
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