Seit dem Pariser Klimaabkommen, auf das sich die Staaten einigten und beschlossen, alles zu unternehmen, damit die Erderwärmung möglichst nicht über 1,5°C ansteigen, sicher aber unter 2°C bleiben soll, ist eigentlich recht wenig geschehen. Es hat die Bewegung der Klimajugend gebraucht, die auf den Strassen protestierend verlangt, dass griffige Massnahmen beschlossen und vor allem umgesetzt werden.
Durch die Wahlen sind in die beiden Bundesparlamente erstaunlich viele ökologisch orientierte Personen entsprechender Parteien gewählt worden. Sie stehen hohen Erwartungen gegenüber, einen aktiven Klimaschutz zu betreiben und ihre Versprechen einzulösen. Ohne politische Rahmenbedingung, Richtlinien und Vorgaben -so lehrt die Erfahrung- werden die grossen Herausforderungen zur Dekarbonisierung unserer Wirtschaft nicht zu leisten sein. Nur mit Freiwilligkeit und durch vage Anreize ist es nicht zu schaffen, bis 2030 den CO2-Ausstoss gegenüber 1990 zu halbieren und bis 2050 auf Null zu senken. Dazu hat sich die Schweiz verpflichtet und hat der Bundesrat im Vorfeld des diesjährigen Klimagipfels von Madrid eben bekräftigt. Die Hoffnung besteht, dass sich die Parlamente jetzt ebenso zukunftsorientiert verhalten und entsprechende Massnahmen beschliessen werden.
Die Ziele sind hochgesteckt und verlangen einen ausserordentlichen Einsatz. Darüber diskutierten am 37. Zürcher Lifefair Forum Vertreter aus Wirtschaft, Verwaltung und Behörden.
Einigkeit herrschte, dass sich das Klima verändert und dass dies grösstenteils durch den Menschen verursacht wird. Ebenso einig waren sich die Referenten und Podiumsteilnehmer, dass dies die Folge eines weltweiten Versagens des Wirtschaftssystems ist, das schnellstmöglich zu korrigieren sei. Dazu müssen einerseits die Treibhausgasemissionen durch Effizienz und Substitution vermieden und andererseits möglichst viele Treibhausgase aus der Atmosphäre eliminiert und in dauerhaften Senken gebunden werden. Als Missstand wird erkannt, dass die Emissionen kostenlos sind und zahlreiche renommierte Ökonomen (und Ökologen) deshalb eine Klimasteuer fordern. Diese ist global nötig und soll Anreiz sein für Innovationen und Investitionen in neue Technologien.
Wegweisend wird die Entwicklung im nächsten Jahrzehnt sein. Bis 2030 wird sich entscheiden, ob wir die gesetzten Ziele erreichen können. Noch ist die Welt nämlich auf dem Weg zu +3-4°C !
Die Weltgemeinschaft versammelt sich dieser Tage zu ihrem 25. Klimakongress in Madrid. Wiederum gilt es, 196 Länder auf gemeinsame Klimaziele zu verpflichten und insbesondere Einigkeit für die Ausführungsbestimmungen zum Pariser Abkommen zu erreichen. Wie die Erfahrung zeigt, wird dies sicher nur mit vielen Kompromissen gelingen. Deshalb präsentiert economie suisse den Vorschlag, die G20-Staaten sollten als Leader vorangehen und eine CO2-Steuer einführen. Da ihre Märkte 85% des Welthandels umfassen und die wichtigsten zehn globalen Regionen repräsentieren, käme dieser Akt einem echten Befreiungsschlag gleich. Eine Einigkeit unter 20 Staaten dürfte tatsächlich schneller und umfassender zu erreichen sein, als die Zustimmung aller Länder.
Hoffnung machen nicht nur politische Veränderungen, sondern auch einzelne Konzerne und Firmen, die sich der Nachhaltigkeit verpflichtet haben. Offiziell sind es zwar erst 100 Grossbetriebe, die sich im Einklang mit dem Pariser Abkommen der internationalen Konvention angeschlossen haben, aber ohne grosses Aufhebens bemühen sich viele Firmen, ihre Aktivitäten nachhaltig zu gestalten. Sie wollen damit einerseits ihre aktuelle Marktstellung sichern -diese könnte wegbrechen, wenn der Klimaschutz nicht ernst genommen wird-, und andererseits möchten sie für den zukünftigen Markt gerüstet sein. Deshalb verlangen sie von den Behörden auch zunehmend Richtlinien, damit Rahmenbedingungen auch Marktchancen ermöglichen. Allerdings muss leider festgestellt werden, dass noch immer viele, va. Dienstleister, Green washing betreiben. Ihre Machenschaften werden sich aber früher oder später rächen.
Für viele Firmen ist der Druck von aussen (zB. durch Kunden oder Gesetze) schlicht (noch) nicht vorhanden, sich von ihren alten Mustern zu verabschieden. Noch immer denkt beispielsweise die Ölindustrie sehr kurzfristig, da immer noch nur das nächste Jahr wichtig ist. Die übermächtige Autolobby ihrerseits verhindert seit Jahrzehnten (vgl. Katalysator) neue Lösungen, obwohl diese marktreif und umweltgerechter sind. Energiekonzerne pflegen und verteidigen ihre zentralistischen Strukturen, wehren sich gegen dezentrale Einspeisung erneuerbar erzeugter Energien und unterhalten Atomkraftwerke, obwohl diese längst unrentabel sind.
Erneuerbare Energie ist heute wirtschaftlich, Strom von der eigenen PV-Anlage günstiger als jene vom örtlichen Versorger.
Viele Unternehmen handeln noch immer mit für Mensch und Umwelt schädlichen Produkten. Mit Lenkungsabgaben liessen sie sich langsam eliminieren, durch Verbote (wie bei Asbest, FCKW ua.) sofort und wirksam ausschliessen. Das könnte auch für CO2 in Betracht kommen und müsste für fossil befeuerte Heizungen längst der Fall sein. Dabei dürften fossile Energieträger keinesfalls mehr subventioniert und Flugkerosin von den Steuern befreit sein.
Der Handlungsbedarf ist enorm gross. Business as usual reicht nicht mehr. Der Umbau unseres Wirtschaftssystems wird nicht billig sein; sich der Notwendigkeit zu verweigern, wird aber ungleich teurer zu stehen kommen. Volkswirtschaftlich steht aber viel Geld zur Verfügung, insbesondere als Folge der Negativzins-Politik. Damit liesse sich die Infrastruktur auf Nachhaltigkeit ausrichten.
Es gilt, keine Zeit mehr zu verlieren. Politische Rahmenbedingungen, die schrittweise zu verschärfen sind, müssen schnellstmöglich ihre Wirkung entfalten können. Andererseits aber sind wir alle, jede Person an ihrer Stelle gefordert, das eigene Verhalten zu hinterfragen und klimagerecht zu gestalten, im Konsum, in der Mobilität, generell im Alltag. Dabei würde der Verzicht auf angebliche Annehmlichkeiten bestimmt neue Horizonte öffnen.
Die Hoffnung besteht, dass wir mit vereinten Kräften, die Wende schaffen können.
Handeln wir jetzt! Es wäre klug.
Quellen und weitere Informationen:
Lifefair Website
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