Im Dokumentarfilm von Regisseur Nikolaus Geyrhalter werden uns die Wege vom Abfallverursacher bis hin zur Entsorgung aufgezeigt – wie unterschiedlich sich diese auch präsentieren mögen. Dabei werden wir als Zuschauer nach jeder erzählten Geschichte in eine neue, komplett andere Welt katapultiert. Schnee, Wüste, Meer; alles dreht sich um die Überbleibsel unserer Konsumgesellschaft. Spannung erzeugt der Film, indem er uns irgendwo auf der Welt absetzt und wir uns erst orientieren müssen. Das Bild vervollständigt sich dabei erst nach und nach.
Die Macher von «Matter Out of Place» beugen sich also nicht der heute favorisierten filmischen Gestaltung mit schnellen Bildschnitten und dramatischen Musikeinspielungen. Das irritiert zuerst: Fehlt da nicht etwas? Lässt man sich aber auf diese Art von Dokumentation ein, fokussiert sich das Augenmerk unweigerlich auf den Kern der Sache. Es geht um die authentische Wiedergabe der Auswirkungen unserer Abfallproduktion. Mit seiner ungekünstelten Herangehensweise gewinnt der Filmemacher auch das Vertrauen der Zuschauer. Das Rauschen eines Baches im Hintergrund, das Krächzen der über den Abfallbergen kreisenden Raben, die Kuh, die durch den Schlamm stapft und so das unwegsame Gebiet veranschaulicht. All dies trägt dazu bei, dass das eigentliche Geschehen eindrücklich nachwirkt und in Erinnerung bleibt.
Teilweise werden wir ungewöhnlich lange ein und derselben Situation ausgesetzt. Das ist man sich nicht gewöhnt. Nach einiger Zeit wird das ungemütlich, ja gar nervenaufreibend, wenn sich die Erzählung derart in die Länge zieht. Den Filmemacher kümmert es offensichtlich nicht. Er zwingt uns weiter hinzuschauen, auch wenn wir längst genug haben von den Abfallmengen: Ganz nach dem Motto einer unbequemen Wahrheit.
Erklärt wird nichts. Das ist gewollt: Mittlerweile ist man sich dermassen daran gewöhnt, alles vorgekaut zu bekommen, dass es einen erst einmal merkwürdig dünkt, wenn dem nicht so ist. Während der langen, gleichbleibenden Kameraeinstellungen kann man aber nicht anders, als sich Gedanken zu machen. Dies schafft Raum für eigene Überlegungen und zweifelsohne Stoff für anschliessende Diskussionen.
Da nichts kommentiert wird, besteht auch keine Gefahr, im Gedankenfluss unterbrochen zu werden. Der Film tritt beobachtend auf, ohne zu werten oder zu kritisieren. Er ermöglicht den Zuschauern ihre eigene Meinungsbildung.
Trotzdem wird es schwerfallen, «Matter Out of Place» nicht als Kritik an der Konsumgesellschaft zu verstehen. Es müssen jeweils lange und verschlungene Wege auf sich genommen werden, um unseren Abfall zu entsorgen – egal wo auf der Welt.
Der innovative Dokumentarfilm hat drei Auszeichnungen einheimsen können, unter anderem den «Pardo Verde WWF», verliehen vom WWF und dem Locarno Film Festival.
Wer sich selber ein Bild machen will, kann «Matter Out of Place» in der Deutschschweiz ab dem 23. März im Kino sehen.
Quellen und weitere Informationen:
Matter Out of Place: Trailer
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