Noch vor rund 300 Millionen Jahren waren Insekten die einzigen Lebewesen, die fliegen konnten. Später entwickelten sich die Flugsaurier und bereits vor 150 Millionen Jahren auch fliegende Vorfahren der heutigen Vögel. Die Vorteile des Fliegens sind vielseitig: Vögel sind jederzeit in drei Raumdimensionen mobil, können leichter vor Feinden fliehen und – als Zugvögel – je nach Jahreszeit gar verschiedene Regionen bewohnen, um die jeweils besten Bedingungen zur Brut und Nahrungssuche auszunutzen.
Federn sind nicht nur zum Fliegen da
Ohne Federn wären solche Höhenflüge natürlich nicht möglich. Allerdings haben sie noch viele andere Nutzen: Federn schützen die dünne und empfindliche Haut vor Verletzungen, Sonnenstrahlung und Nässe und halten die Körpertemperatur der gleichwarmen Vögel konstant bei etwa 40°C. Nur so können beispielsweise Kaiserpinguine Temperaturen von bis zu -60°C widerstehen. Kauern sie sich dichtgedrängt aneinander, vermögen sie den Energieverlust um ein Vielfaches zu verringern. Reichen die Federn nicht, um einen Vogel warmzuhalten, plustert er sich auf, wobei Luftvolumen zwischen Haut und Federn eingeschlossen wird und isolierend wirkt.
Damit die Funktion des Gefieders einwandfrei gewährleistet ist, muss es gebührend gepflegt werden. Die Federn schützen nämlich nur dann vor Nässe, wenn das wasserabstossende Sekret der Bürzeldrüse regelmässig mit dem Schnabel im Gefieder verteilt wird. Ausserdem unterstützt das Wachs die Beweglichkeit der einzelnen Federn, sodass sie nicht miteinander verkleben. Parasiten sind wiederkehrende Gäste im Vogelgefieder. Regelmässiges Staubbaden hilft, sich gegen sie zu schützen.
Aufbau und Struktur des Gefieders
Um all diesen Anforderungen gerecht zu werden, verfügen Federn über einen äusserst komplexen Aufbau. Sie bestehen aus dem Protein Keratin, aus dem auch unsere Haare und Fingernägel aufgebaut sind. Zu Beginn des Federwachstums bildet sich ein Stumpf, der sogenannte Blutkiel. Er ist von vielen Blutgefässen durchzogen und nährt die wachsende Feder. Das Wachstum findet an der Federbasis statt, wo jeweils neues Zellmaterial nachgeschoben wird. Ist die Feder ausgewachsen, stoppt die Blutzufuhr und das Wachstum stellt sich daraufhin ein – bis zum Federwechsel, wo das Ganze wieder von vorne beginnt.
Grob werden die Federn in Körper-, Schwung-, Steuer- und Deckfedern unterschieden. Die Körperfedern dienen dem Schutz der Vogelhaut, während die leicht gebogenen Schwungfedern die eigentliche Tragfläche des Flügels an Hand (Handschwingen) und Unterarm (Armschwingen) bilden. Sie sorgen für den nötigen Auftrieb. Die Schwanzfedern gehören zu den Steuerfedern, die Richtungsänderungen und Bremsmanöver ermöglichen; im Gegensatz zu den Schwungfedern, die mit einem langen, geraden Kiel ausgestattet sind. Als Deckfedern werden die zusätzlichen Federn an Flügel und Schwanz bezeichnet.
Schliesslich gibt es auch noch Borstenfedern. Starke Borstenfedern bedecken und schützen Nasenöffnungen vor Staub, während feine Borstenfedern als Tasthaare an der Schnabelbasis dienen. Bei Singvögeln können wir zwischen 2000 und 4000 Federn zählen, beim Zwergschwan sogar bis zu 25'000.
Diskret oder lieber auffallend?
Federn werden zur Tarnung und auch als Mittel zur Partnersuche genutzt. Männchen vieler Vogelarten sind um einiges auffälliger als Weibchen, um ihre Chancen auf eine Paarung zu vergrössern. Weibchen können etwa beurteilen, ob ein Männchen qualitativ hochwertige Nahrung zu sich genommen hat und daher mehr zu leisten vermag. Dies erkennen sie an der Intensität der Färbung. Je intensiver die Farben, desto eher werden die Männchen von den Weibchen favorisiert.
Damit sie dem Feind trotzdem nicht zum Opfer fallen, haben manche Vogelarten ein eingefärbtes Gefieder, das nur bei der Balz und im Flug zur Schau gestellt wird. Bodenbrüter wie Enten, Hühnervögel und Lerchen, die sich vor Raubfeinden besonders in Acht nehmen müssen, sind eher unauffällig gekleidet. Vögel wie der Pfau, mit seinem besonders prachtvollem Gefieder, wandeln auf einem schmalen Grat zwischen Paarungserfolg und Überleben: Je imposanter die Federn, desto besser kommt das Männchen bei den Weibchen an. Im Selektionsprozess kann das Federkleid allerdings nicht von Generation zu Generation pompöser werden, da der Pfau sonst an der Beweglichkeit und Flugfähigkeit einbüsst, die er benötigt, um einem Feind zu entkommen.
Ein neues Gewand muss her
Einmal im Jahr – meist im August und September – wechseln unsere einheimischen Vogelarten das gesamte Gefieder; dies wird als Vollmauser bezeichnet. Nach so langer Zeit werden Spuren von Abnutzung durch Parasiten/Bakterien und mechanisches Abreiben während der Brutzeit sowie Ausbleichungen durch das Sonnenlicht deutlich. Bei der Mauser der Schwungfedern fallen bei den meisten Vögeln nicht alle Federn gleichzeitig aus, sondern werden nach und nach erneuert. Dies stellt sicher, dass die Flugfähigkeit während dieser Zeit nur marginal eingeschränkt wird.
Männchen der Entenvögel hingegen sind während ihrer Mauser völlig flugunfähig. Sie wechseln vom Prachtkleid während der Balz in ihr weitaus getarnteres Schlichtkleid im Sommer, das sie in Ruhe ihre Schwingen auswechseln lässt. Manche Singvögel wie der Star müssen, um vom Schlichtkleid ins Prachtkleid zu wechseln, gar keine Federn ersetzen; die Farbänderung passiert automatisch durch die natürliche Abnutzung der Färbung.
Adaptierte Eigenschaften des Gefieders
Je nach Vogelart haben die Federn über die Zeit spezialisierte Funktionen entwickelt. Die in der Wüste brütenden Flughühner beispielsweise können Wasser in ihrem Bauchgefieder zu den Jungen transportieren. Insgesamt können sie bis zu 40 ml Wasser halten, von dem nach einem 30km langen Flug immerhin noch rund die Hälfte übrig bleibt.
Eulen hingegen haben für ihre nächtliche Jagd den lautlosen Flug perfektioniert. Das Gefieder ist äusserst weich, fast pelzig. Potentiell pfeifende Geräusche der vorbeistreifenden Luft werden durch die Zähnelung an der Flügelaussenkante vermieden.
Kürzlich haben Forscher im Dschungel Neuguineas ausserdem bei zwei Vogelarten Giftfedern entdeckt. Das Nervengift Batrachotoxin, das auch in Pfeilgiftfröschen vorhanden ist, wurde in Haut und Federn des Bergdickkopfs und Rotnackenpfeifers gefunden. Die Konzentrationen des Gifts sind sehr gering, können aber Haut- und Schleimhautreizungen verursachen. In einigen Mägen der Vögel wurden Käfer der Gattung Choresine gefunden, die ebenfalls Batrachotoxin enthalten. Es liegt nahe, dass sich die Käfer ursprünglich mit dem Gift vor Fressfeinden schützen wollten und eine Mutation den Vögeln plötzlich die Fähigkeit verschaffte, die giftigen Insekten trotzdem zu verdauen. Ihre Immunität können die Vögel nun zur Anreicherung des Giftes im eigenen Körper und zum Schutz vor Fressfeinden nutzen.
Quellen und weitere Informationen:
Vogelwarte: Federn machen Vögel
Bodawatta et al. (2023): Multiple mutations of New Guinean toxic birds provide autoresistance to deadly batrachotoxin
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