Durch das Nachahmen und Umsetzen von biologischen Abläufen werden technische Verfahren verbessert und optimierte Prozesse ermöglicht. Bionik ist ein interdisziplinärer Bereich, in dem Naturwissenschaftler, Ingenieure, Architekten, Philosophen und Designer zusammenarbeiten. Die Genialität der Natur soll als Basis zu technologischen Innovationen führen. Die Natur hat in Milliarden Jahren Lösungen für unzählbare Probleme gefunden. In der Biologie und Botanik existieren für jede erdenkliche Schwierigkeit optimale Lösungen. Bionik bringt neue Ideen und ist ein Türöffner, um technische Hürden zu überwinden. Mit faszinierenden Lösungen aus der Natur können mechanische, chemische oder logistische Probleme gelöst werden. Bionik anwenden, bedeutet von der Natur lernen und dies für technisch-eigenständiges Weitergestalten umsetzen. Voraussetzung dazu sind schöpferische Ideen, die sich aus einem kontinuierlichen Studium der Natur ergeben.
Der Allrounder und geniale Erfinder Leonardo da Vinci gilt als Vordenker der Bionik. Er analysierte den Vogelflug und wendete dies an seinen Flugmaschinen an. Die Flugpioniere Otto Lilienthal und die Gebrüder Wright optimierten ihre Prototypen, indem sie grosse Vögel bei ihren Flugmanövern beobachteten. Untersuchungen an segelnden und gleitenden Vögeln führten zur Entwicklung der Winglets an den Enden von Tragflächen moderner Flugzeuge. Dank dieser raffinierten Anbauten an den Flügelenden kann der Treibstoffverbrauch erheblich gesenkt werden. Das Rückstossprinzip bei Quallen und Tintenfischen wurde in der Flugindustrie für Strahltriebwerke übernommen.
Die Biologie inspiriert die Technik, und die Technik fragt die Biologie. So kann die Bionik die geheimen Baupläne der Natur in der Technik nutzen.
Phänomene aus der Tierwelt beeinflussen massgeblich weitere technische Entwicklungen unserer Zeit. Kletten bilden eine Pflanzengattung in der Familie der Korbblütler. Nach ihrem Vorbild entwickelte der Schweizer Wissenschaftler George de Mestral den Klettverschluss. Die Konzeption von Termitenbauten beeinflusste Lüftungssysteme massgeblich.
Auch im medizinalen Bereich hat Bionik einen bedeutenden Einfluss. So basiert der Aufbau von Spritzen auf den Giftstacheln von Bienen und Hornissen. Die Chemie profitierte von der Oberflächenstruktur der Lotus-Blätter mit deren mikrokristallinen Noppung. So konnte die Produktion von adhäsionsarmen Autolacken und Fassadenfarben optimiert werden.
Um den Fahrkomfort beim Windsurfen zu verbessern, beobachtete man die Flossen des Buckelwals und baute die Finne analog nach. Die Aerodynamik des Kofferfisches beeinflusste die Entwicklung eines Experimentier-Fahrzeuges von Mercedes-Benz.
Das Känguruh speichert Energie beim Aufsetzen nach einem Sprung. Die Erkenntnisse aus dieser „Stossdämpfung“ hat Einfluss auf die Produktion von qualitativ hochstehenden Laufsportschuhen. Die Multifunktion des Elefantenrüssels wird zum Vorbild für „intelligente“ Roboter-Greifarme. Schliesslich wurden Sonar und Echolot schon lange bevor wir diese kannten, von Fledermäusen und Delphinen angewendet.
Eine breit abgestützte Trägerschaft hat sich zur Gründung des Bionik-Zentrums an der Fachhochschule Luzern, zusammengeschlossen. Es werden Workshops angeboten, an denen Firmen erfahren, was Bionik ist, und wie sie angewendet werden kann. Mechanismen der technischen und biologischen Welt werden dabei miteinander verglichen. Das BIONIK-Zentrum will Unternehmen bei ihren Produkten mit bionischen Methoden unterstützen und so deren Wettbewerbsfähigkeit erhöhen. Von der Natur abgeleitete Funktions-Prinzipien werden analysiert und gezielt in der Produktentwicklung eingesetzt. Das Potential von Bionik in industriellen Anwendungen ist bei Weitem noch nicht ausgeschöpft.
Bionik - das Lernen aus der Natur - ist die Herausforderung für die Technik unserer Zeit. Aber trotz aller innovativer Erfolge gilt es zu bedenken, dass zwar vieles der Natur abgeschaut und sie kopiert, aber niemals ersetzt werden kann.
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