Brasilianische Wissenschaftler des staatlichen Forschungsinstituts Embrapa wollen in Zusammenarbeit mit dem zoologischen Garten der Hauptstadt Brasilia gefährdete Wildtiere klonen und so ihr Fortbestehen sichern. Die Forscher sammeln fortwährend Genmaterial in Form von Blut, Sperma, Zellmaterial und Teilen der Nabelschnur und verfügen mittlerweile bereits über eine Gendatenbank von mehr als 400 Genproben der acht Tierarten. Als nächster Schritt soll jetzt ein Abkommen mit dem Zoo von Brasilia unterzeichnet werden, das erste Experimente mit den 420 Genproben ermöglicht. Die Forschungsleiterin des Zoos, Carolina Lobo meint: „Der technische Teil ist bereits gelöst, zur Umsetzung fehlen nur noch die letzten Details.“ Dennoch dürften bis zur Klonung noch einige Jahre vergehen. Bereits vor zehn Jahren präsentierte Brasilien die geklonte Kuh „Vitoria“, bei der ähnlich vorgegangen wurde wie beim weltbekannten Schaf Dolly, das 1997 als erstes geklontes Säugetier in die Geschichte einging. Laut dem brasilianischen Genforscher Carlos F. Martins ist die grösste Herausforderung, diesen Prozess jetzt auf Wildtiere anzupassen. Das hat vorher noch nie jemand versucht.
Falls das Vorhaben gelingt, sollen die Klone allerdings nicht in die Natur entlassen werden, denn dort hätten sie kaum Überlebenschancen. Zudem verlieren Klone ihren genetischen Wert und würden so bei einer Paarung mit wildlebenden Tieren die Bestände höchstwahrscheinlich sogar schwächen und so gefährden. Die Klone sollen deshalb in Gefangenschaft leben und das Fortbestehen ihrer Art innerhalb von Zoos gewährleisten, sodass dafür keine Tiere mehr aus freier Wildbahn eingefangen werden müssen.
"Um wirklich nachhaltigen Schutz der Artenvielfalt zu gewährleisten, müssen die Lebensräume der Tiere geschützt werden."
Thomas Pietsch, Tierschutzorganisation Vier Pfoten
Diverse Umwelt und Tierschutzorganisation betrachten das Vorhaben als sehr kritisch. Sie beurteilen es als Tierschutzproblem, da für einen erfolgreichen Klon sehr viele Versuche nötig sind. Ausserdem lenkt dieses Vorgehen von den tatsächlichen Problemen um die Bedrohungen der Wildtiere. "Um wirklich nachhaltigen Schutz der Artenvielfalt zu gewährleisten, müssen die Lebensräume der Tiere geschützt werden", betont Thomas Pietsch von der Tierschutzorganisation Vier Pfoten. Den Forschern sei dies bewusst, sagt Carlos F. Martins. Es handle sich bei der Klonung um eine rein komplementäre Massnahme zum Schutz von natürlichen Lebensräumen. Hauptziel sei es, in der Forschung weiterzukommen und herauszufinden, ob es grundsätzlich möglich sei, Tiere unserer natürlichen Umgebung genetisch zu reproduzieren, falls dies einmal nötig sein würde.
Dies würde bedeuten, dass die heute bedrohten Wildtiere, die in einigen Jahrzehnten in der Natur allenfalls nicht mehr existieren, als künstlich produzierte Nachkommen im Zoo bestaunt werden könnten.
Brasilien ist nicht das einzige Land, das in diesem Bereich aktive Forschung betreibt. Staaten wie die USA, Indien und China versuchen offenbar Büffel, Riesenpandas und sogar Wale zu „kopieren“. Hierbei stellt sich ernsthaft die Frage nach der Sinnhaftigkeit dieser Bestrebungen. Selbst wenn es in absehbarer Zeit möglich sein sollte, derartige „Ausstellungstiere“ herzustellen, kann der Mensch sich der Verantwortung für das Aussterben der natürlichen Wildtiere nicht entziehen.
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