Kleinwasserkraftwerke: kein wesentlicher Beitrag zur Energieversorgung
Die Wasserkraft ist eine weitgehend emissionsfreie Energiequelle und in der Schweiz die wichtigste Stütze für eine erneuerbare Energiezukunft. Heute stammt über die Hälfte des erzeugten Stroms aus Wasserkraft. Deshalb sind rund 95 Prozent der erschliessbaren Wasserkraft in der Schweiz bereits genutzt. Kein anderes Land nutzt seine Gewässer derart stark. Das bedeutet aber auch, dass kaum ungenutzte Fliessgewässer übrig geblieben sind und sich die Wasserkraftnutzung an ihrem ökologischen Limit bewegt. Obwohl es sich um eine erneuerbare Energiequelle handelt, hat die Wasserkraft Auswirkungen auf die Umwelt - wie jede andere Energiequelle auch. Sie ist einer der wesentlichen Gründe für die ökologischen Defizite unserer Fliessgewässer.
„Der zusätzliche Ausbau der Kleinwasserkraft an bislang ungenutzten Gewässern leistet also keinen entscheidenden Beitrag an die Energiewende.“
Befürworter der Kleinwasserkraft argumentieren, nach neuesten Standards und fachgerecht gebaute Kleinwasserkraftwerke belasteten die Gewässer nicht; oder jedenfalls weniger als grosse Kraftwerke. Fischaufstiege und andere ökologische Begleitmassnahmen könnten Schäden vermeiden und oft sogar zu einer Verbesserung führen. Doch laut Pro Natura leisten Kleinwasserkraftwerke keinen wesentlichen Beitrag zur Energieversorgung und können nicht wirtschaftlich betrieben werden. Weniger als zehn Prozent des Stroms aus Wasserkraft stammt aus den weit über 1000 Kleinwasserkraftwerken. Der zusätzliche Ausbau der Kleinwasserkraft an bislang ungenutzten Gewässern leistet also keinen entscheidenden Beitrag an die Energiewende. Seitdem der Bund jedoch unrentable Kleinwasserkraftwerke subventioniert, spriessen diese wie Pilze aus dem Boden. Der Bund hat es laut WWF versäumt, planerisch festzulegen, welche Gewässer noch genutzt werden können. So drohen viele frei fliessende Fischgewässer verbaut zu werden. Jetzt scheint die Erkenntnis auch in der Politik langsam zu reifen, dass ein weiterer Ausbau durch Anlagen an bisher ungenutzten Standorten, nur unter Inkaufnahme von sehr hohen ökologischen Kosten möglich ist. Kleinwasserkraftwerke von weniger als 1000 kW Leistung an bislang ungenutzten, naturnahen Gewässern könnten in Zukunft von der Förderung ausgeschlossen werden. Überdies kritisiert eine neue Studie des WWF auch den wirtschaftlichen Nutzen der Kleinwasserkraftprojekte: Rund zwei Drittel der vom Bund geförderten Projekte erzielten laut Studie eine zu hohe Rendite. Dadurch würden schätzungsweise 400 Millionen Franken Fördergelder verschwendet. Mit diesem Geld könnten rund 100‘000 typische Einfamilienhaus-Solaranlagen realisiert werden, rechnet der WWF vor.
Das Problem mit dem Restwasser
Wasserkraftwerke entnehmen den Flüssen und Bächen für die Strom-Produktion grosse Mengen Wasser. Nach der Nutzung fliesst dieses Wasser an einem anderen Ort in dasselbe oder in ein anderes Gewässer. Als Restwasser wird jener Bruchteil des Wassers bezeichnet, welcher zwischen Entnahme- und Rückgabestelle im Gewässerbett verbleibt. Das Volk hat sich 1992 in der Abstimmung zum Gewässerschutzgesetz dafür entschieden, dass in den Flüssen und Bächen der Schweiz ein minimales Restwasser fliessen muss. Nur so können die Gewässer ihre vielfältigen Funktionen als Lebensraum, Landschaftselement und Grundwasserzufluss wahrnehmen. Dieser im Gesetz festgeschriebene Kompromiss zwischen Ökonomie und Ökologie bedeutet für die Tiere und Pflanzen ein absolutes Minimum. Trotzdem wehren sich viele Kraftwerksbesitzer aus finanziellen Gründen gegen die vom Volk bestätigten minimalen Restwassermengen. Dort, wo sie unterschritten werden, sind die Auswirkungen für die Gewässerfauna und -flora verheerend: Lebensräume werden zerstört und die natürliche Fortpflanzung von Lebewesen wird verhindert.
Weitere Informationen:
Faktenblatt (Pro Natura)
Medienmitteilung und Studie „Vergoldete Kleinwasserkraft“ (WWF)
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