Die Ausgangslage nach der Annahme der Energiestrategie 2050 im Mai 2017 ist klar: Das Schweizer Volk hat sich für die Energiewende ausgesprochen. Damit es nicht nur bei diesem ersten Massnahmenpaket bleibt, sind nun weitere Schritte nötig. An der Fachtagung der SES gaben Experten Ratschläge, wie dies zu bewerkstelligen sei.
Der Strategiedesigner Marco Steinberg aus Finnland empfiehlt den Beteiligten einen integrativen Ansatz zu wählen, und bei der Energietransformation auch mal die Regime zu hinterfragen. Macht die momentane Aufteilung der Departemente Sinn, um die Aufgabe erfolgreich zu bewältigen? Verschiedene Fachgebiete wie Architektur, Raumplanung und Technik müssen miteinander kommunizieren. Denn es macht keinen Sinn, wenn CO2-neutrale Wohnungen am Stadtrand gebaut werden, sodass die Bewohner trotzdem Energie verschwenden müssen, da sie täglich weit zur Arbeit pendeln müssen.
Für eine erfolgreiche Energiewende müssen alle Faktoren von der Stromproduktion bis hin zum Konsumenten zusammenspielen.
Ansätze in der Stromproduktion
Als Professor für Energiepolitik rät Tobias Schmidt von der ETH Zürich an den Subventionen für erneuerbare Energien festzuhalten, damit diese weiterentwickelt werden können. Seiner Meinung nach verdient jede Technologie die Chance, sich zu verbessern, auch wenn sie anfangs noch nicht konkurrenzfähig ist. Denn der Markt selektiert stets die günstigste Lösung, die sich aber längerfristig nicht immer als die beste herausstellt. Erst in einer späteren Phase ist es wünschenswert, dass der Staat seine Unterstützung einstellt, denn er darf nicht zugleich Gesetzgeber und Eigentümer sein. „Das wäre, als ob bei einem Fussballspiel der Schiedsrichter zugleich auch Inhaber der Mannschaft wäre“, räumt Dr. Patrick Dümmler von Avenir Suisse ein.
Um Fortschritte in der Stromproduktion zu erzielen, wünscht sich Jasmin Staiblin, CEO von Alpiq, die vollständige Marktliberalisierung. So könne man das Potential der „alten“ erneuerbaren Energien wie der Wasserkraft ausschöpfen.
Herausforderungen für die Stromverteilung
Das Stromnetz bildet die Schnittstelle zwischen der Stromerzeugung und dem Verbraucher. Ein fortschrittliches Verteilnetz muss zugleich robust und flexibel sein, um die Energieversorgung zu gewährleisten. Damit erneuerbare Energien optimal genutzt werden können, muss das Netz mit Schwankungen umgehen können. Je nach Tageszeit, Saison oder Wetterlage wird unterschiedlich viel Strom produziert. Bisher wurden solche Unregelmässigkeiten so gelöst, dass die Schweiz zum Beispiel im Sommer Strom exportierte und im Winter importierte. In Zukunft werden bessere Speichermöglichkeiten benötigt, damit die überschüssige Energie zwischengespeichert und bei Bedarf ins Netz eingespeist werden kann. Wenn das Stromnetz flexibel wird, können Bürger auch selber beginnen, auf ihren Dächern Solaranlagen zu bauen und ihren Strom ins Netz einzuspeisen.
Konsumenten miteinbeziehen
Auch nach der Volksabstimmung sind die Bürger, die zugleich auch Konsumenten sind, weiterhin gefragt, die Energiewende umzusetzen. Da jeder Stimmbürger auch ein Stromkonsument ist, dürfen seine Wünsche an die Politik diesbezüglich nicht widersprüchlich sein. Wir müssen uns im Klaren sein, dass unser Verhalten an der Urne direkt an unseren täglichen Stromverbrauch gekoppelt ist.
Damit der Konsument in die Energiewende miteinbezogen wird, rät Marco Steinberg den Stromkonzernen, Kunden mit Echtzeitdaten zur Stromverfügbarkeit auszustatten. Mit dieser Information kann der Konsument zum Beispiel seinen Geschirrspüler dann laufen lassen, wenn das Netz wenig ausgelastet ist – und er bezieht so den Strom erst noch zu einem tieferen Preis. Dank der fortschreitenden Digitalisierung sollten solche Tools kein Ding der Unmöglichkeit sein.
Wenn dann Bürger beginnen, aus Eigeninitiative Photovoltaikanlagen auf ihren Dächern zu installieren und den erzeugten Strom sogar ins Netz einzuspeisen, wird die klare Trennung zwischen Stromproduzent und Konsument schwammig.
Nun liegt es also an der Politik, den Weg in Richtung Energiewende zum Beispiel anhand von Preissignalen freizumachen, damit auch der Konsument seinen Beitrag dazu leisten kann.
Der Entscheid zur Energiewende wurde gefällt, nun muss die Grüne Energie zum Standard gemacht werden.
Weiterführende Informationen:
Medienmitteilung der SES zur Fachtagung 2017
Unterlagen der Referenten der SES Fachtagung 2017
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