Knapp 17‘000 Elektrobusse sind derzeit auf Shenzhens Strassen unterwegs. Das macht die Stadt nördlich von Hongkong zu jener mit den meisten batteriebetriebenen Bussen weltweit. Innerhalb von nur drei Jahren wurde die komplette Busflotte, die ursprünglich mit Diesel angetrieben wurde, ersetzt. Die meisten Elektrobusse stammen von der Firma BYD, einem weltweit führenden High-Tech-Unternehmen mit Hauptsitz in Shenzhen. Die Umrüstung wurde von Stadt und Staat massgeblich subventioniert– die beiden Instanzen übernahmen zusammen über zwei Drittel des Kaufpreises von umgerechnet je ca. 200‘000 Franken. Ansonsten hätten die Busunternehmen kaum so schnell auf elektrische Busse umsteigen können.
Das Umrüsten lohnt sich
Die Volksrepublik China hat seit Jahren mit einer überdurchschnittlich hohen Smogbelastung in den Städten zu kämpfen. Das Land hat den grössten CO2-Ausstoss weltweit zu verantworten. Laut einer Studie der Universität Nanjing ist Smog besonders gesundheitsschädlich: ein Drittel aller Todesfälle gingen auf das Konto der Luftverschmutzung in den Städten. Smog wird als ebenso gesundheitsgefährdend wie Rauchen angesehen. Entsprechend wollte China so schnell wie möglich handeln und den Smog in den Städten reduzieren. Bei den Bussen zu beginnen, ist ein guter Anfang: Machten Busse vor ein paar Jahren in Shenzhen nur 0,5% aller Verkehrsmittel aus, produzierten sie ein Fünftel aller Treibgasemissionen. Busse benötigen bis zu 30 Mal mehr Energie als PKWs, weil sie deutlich mehr wiegen und im Stadtverkehr langsam vorankommen. Da ihre Strecken gut planbar sind, stellt das Aufladen der Batterien kein Problem dar. Dazu wurden mehrere Ladestationen in der Stadt installiert. Innerhalb von vier Stunden sind die Batterien wieder aufgeladen. Es genügt aber für die meisten Busse, wenn sie über Nacht an das Stromnetz angeschlossen werden, da ihre Reichweite ca. 250 km beträgt.
Die Emissionen konnten mit dem Umrüsten auf Elektrobusse stark reduziert werden. Das Ziel ist nun, dass bis Ende 2018 auch alle Taxis der Stadt elektrisch angetrieben sind. Shenzhen ist Vorbild für ganz China: Zurzeit sind fast ein Fünftel aller Busse im Land elektrisch, doch der Wandel vollzieht sich schnell. Die Hauptstadt Peking will bis 2020 ein Drittel der Busse durch Elektrobusse ersetzen.
Batteriebetriebene Busse haben weitere Vorteile: Sie sind leiser, geräumiger und moderner als herkömmliche Dieselbusse. Dank des simpleren Baus entstehen tiefere Unterhaltskosten, was den Busunternehmen zugutekommt. Es stellt sich nur die Frage, wie China den erhöhten Energiebedarf deckt – der Hauptteil der produzierten Energie stammt von Kohlekraftwerken. Erneuerbare Energien machen nur ca. 10 % aus. Bis 2030 soll der Anteil allerdings auf 20 % steigen.
Eine Stadt im Wandel
Shenzhen erlebte in den letzten Jahrzehnten ein regelrechter Bauboom und zählt zu den am schnellsten wachsenden Städten der Welt. 1950 war es noch ein von Fischerei geprägtes Dorf mit 3000 Einwohnern. Heute sind es über 11,6 Millionen, stolze 145 Wolkenkratzer stehen in der Metropole. Shenzhen liegt in einer sogenannten Sonderwirtschaftzone. Die Stadt lebt vor allem vom Export, und der liberale Markt und die tiefen Steuern locken viele Investoren an. Sie gilt als Mekka des Elektronikmarktes und ist beliebter Standort von Start-Ups, die ihre Technologien möglichst billig und schnell weiterentwickeln wollen.
Vorbild für die Schweiz
Im Gegensatz zu China kommt in Europa der Umstieg auf Elektrobusse nur langsam voran. Der Marktanteil Chinas beträgt ganze 98 Prozent. Was die Luftverschmutzung anbelangt, ist der Leidensdruck hier nicht so hoch wie in Asien. In China war die Umrüstung deshalb eine notwendige Massnahme. In der Schweiz dagegen schreckt man oft vor dem vergleichsweise hohen Kaufpreis und der erforderlichen Umstellung der Infrastruktur zurück. Es gibt daher nur wenige batteriebetriebene Busse.
Die meisten davon sind Pilotprojekte: In Genf verkehren seit 2013 elektrische Gelenkbusse zwischen dem Flughafen und Carouge. Der Antrieb der Busse wurde von dem Technologiekonzern ABB Schweiz entwickelt. Die Aufladetechnik unterscheidet sich von jener, die in China genutzt wird: Die Busse werden über einen beweglichen Arm an durchschnittlich jeder vierten Haltestelle kurz nachgeladen. Die vollständige Aufladung erfolgt an den Endhaltestellen innert drei bis vier Minuten. Der Strom dafür stammt vollständig aus Wasserkraft. Weitere Projekte laufen in Interlaken und Sarnen, wo elektrisch angetriebene Postautos in Betrieb sind. Auch das Fernbusunternehmen Flixbus will künftig auf batteriebetriebene Fahrzeuge setzen.
Der Busbestand setzt sich laut dem Bundesamt für Statistik aus 4871 konventionellen und 606 Trolleybussen zusammen. Gegenüber von Oberleitungsbussen haben E-Busse den Vorteil, dass sie das Stadtbild nicht durch Stromleitungen beeinträchtigen. Sie können ausserdem auch in der Agglomeration und der ländlichen Umgebung eingesetzt werden. Es besteht also durchaus Potenzial für E-Busse in der Schweiz.
Quellen und weitere Informationen:
Handelszeitung: China-Metropole Shenzhen zeigt die Zukunft der Mobilität
www.vox.com: China made solar panels cheap. Now it’s doing the same for electric buses.
Elektrobusse in Genf: Medienmitteilung von ABB Schweiz
Handelszeitung: Flixbus testet Elektrobusse
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