Angriff auf eine unersetzbare Gebirgslandschaft

Die Trift im Berner Oberland, die durch einen Staudamm verschandelt werden soll. Die Trift im Berner Oberland, die durch einen Staudamm verschandelt werden soll.

Der Ausbau der Wasserkraft ist eine der Strategien für die Energiewende. Das Triftprojekt in einer unberührten Landschaft stösst aber auf Widerstand.

Vergangenen Freitag 9. August trat das neu gegründete Triftkomitee an die Öffentlichkeit. Im Vorfeld des Triftgletschers haben Mitglieder mit einem Biwak ihren Widerstand gegen den Bau eines neuen Stausees im Triftgebiet kundgetan.

Wie es zum umstrittenen Projekt kam

Die Trift ist eine weitgehend unberührte Hochgebirgslandschaft zwischen Sustenpass und Grimsel. Das Gebiet grenzt unmittelbar an zwei BLN-Gebiete und ist von gleicher Schönheit wie diese zwei geschützten Landschaften, steht aber nicht unter Schutz, weil es bis anhin als zu abgelegen galt und nicht bedroht schien. Der Triftgletscher im Quellgebiet des Triftwassers hat nun beim Abschmelzen nach und nach einen Gletschersee frei gegeben. Die örtlichen Verhältnisse wären ideal, den See für die Energiegewinnung mit einer 167 Meter hohen Mauer zu stauen.

„Der Rückzug des Triftgletschers eröffnet das Potential für ein Wasserkraftprojekt von nationaler Bedeutung.“
Kraftwerke Oberhasli (KWO)

2013 liessen die Berner Kraftwerke (BKW) und die Kraftwerke Oberhasli (KWO) verlauten, den Gletschersee in der Trift für die Stromproduktion nutzen zu wollen. Das hätte zur Folge, dass das natürliche Gletschervorfeld und die Triftaue überflutet würden. Damit ginge eine einzigartige Landschaft unwiederbringlich verloren.

Enger Zusammenhang zwischen Triftprojekt und Erhöhung der Grimselstaumauer

Schon mehr als 20 Jahre dauert der gerichtliche Schlagabtausch zwischen der KWO und Umweltschutzorganisationen wegen der Erhöhung der Grimselsee-Staumauer um 23 Meter. Damit würden eine wertvolle Moorlandschaft und jahrhundertealte Arven überflutet. Die NGOs kämpfen dafür, dass die Konzession nicht erteilt wird. Nach aktuellstem Stand wurde nun vom Verwaltungsgericht des Kantons Bern im Mai 2019 die Erhöhung der Grimsel-Staumauer für zulässig befunden. Mit diesem Urteil geben sich Aqua Viva, die Schweizerische Greinastiftung und der Grimselverein nicht geschlagen. Am 24. Juni haben sie Beschwerde beim Bundesgericht eingereicht.

„Wir müssen in der Bevölkerung ein Bewusstsein schaffen, dass die Zerstörung der letzten unberührten Gebirgstäler kein wirksamer Beitrag für unsere Energiezukunft darstellt.“
Hans Anderegg Präsident Grimselverein

Die Umweltschutzorganisationen (WWF, ProNatura, Aqua Viva und die Schweizerische Energiestiftung) sind über ihre Niederlage vor dem Verwaltungsgericht enttäuscht. Sie erhofften sich, dieses Projekt mit einem Deal verhindern zu können. Denn im Dialog mit der KWO befürworteten sie das Triftprojekt. Dies allerdings nur deshalb, weil die Umweltorganisationen - allen voran WWF und ProNatura - in einem Clinch sind. Auf der einen Seite setzen sie sich für den Landschaftsschutz ein, auf der anderen Seite unterstützen sie die nationale Energiestrategie, die erneuerbare Energien fördern will; also auch die Wasserkraft. Das Triftprojekt wird als verschmerzbares Opfer angesehen. In Anbetracht der Leistung, die das Kraftwerk erbringen soll, wäre das vereinbarte Soll der kantonalen Wasserstrategie für den Kanton Bern erreicht und weitere Wasserkraftwerke an wertvollen und unberührten Gewässern wären im Kanton nicht mehr notwendig.

„Denn das Kraftwerk [Trift] produziert Strom, der auch wirklich gebraucht wird. Nämlich Speicherstrom, Winterstrom und flexiblen Strom.“
Jörg Rüetschi WWF Bern

Doch die Erwartungen, dass deshalb erstens die Grimselstaumauer nicht erhöht werde und zweitens im Kanton Bern keine weiteren Wasserkraftwerke mehr erweitert oder neu gebaut würden, sind ohne vertraglichen Rückhalt. Das Berner Kantonsparlament hat über die Konzessionsvergabe zu befinden. Die bürgerlichen Vertreter, die die Mehrheit stellen, haben angedeutet, dass sie sich auf ein Verbot von weiteren Wasserkraftwerken nicht einlassen werden. So gesehen, haben die Umweltorganisationen bis jetzt nichts erreicht. Im Gegenteil, sie haben verloren, weil sie in einem misslungenen Kuhhandel die Trift opfern und dennoch keine Garantien dafür erhalten.

Die KWO lässt sich nicht bremsen

Die Erhöhung der Grimselstaumauer liegt zur Zeit aus Rentabilitätsgründen auf Eis. Dagegen wird das Projekt Trift vorwärts getrieben. Im Januar 2018 wurde das Wasserkraftkonzessionsgesuch eingereicht und liegt derzeit beim Bundesamt für Umwelt. Gegen das Gesuch Trift erhoben Aqua Viva und der Grimselverein im Februar 2018 Einsprache. Sie fordern die Verweigerung der Konzession für die Nutzung der Wasserkraft in der Trift oder zumindest die Prüfung einer redimensionierten Projektvariante. Die Einsprecher weisen auf die fehlerhafte, unvollständige Umweltverträglichkeitsprüfung hin und bemängeln die zu tief angesetzten Restwassermengen. Weiter wird der Nutzen in Zweifel gezogen. Der geringe Beitrag des Kraftwerkes Trift zur gesamtschweizerischen Stromversorgung mit 0,25% rechtfertige die Zerstörung einer unberührten Gebirgslandschaft nicht. Das Geschäft ist noch hängig.

Das Triftkomitee bringt sich in Stellung

Im Frühling 2019 haben unabhängige Einzelpersonen aus der ganzen Schweiz und aus dem Ausland das Triftkomitee gegründet, um die Zerstörung des Trift-Gebietes zu verhindern. Aus Sicht des Komitees dürfen der Energiewende und dem Klimaschutz nicht unsere letzten kaum berührten Berglandschaften geopfert werden. Es gibt Alternativen. In ihrem Manifest wird unter anderem darauf hingewiesen, dass mit dem gleichen Investitionsvolumen wie für das geplante Kraftwerk Photovoltaik-Anlagen installiert werden können, die doppelt so viel Strom erzeugen.

Quellen und weitere Informationen:
Triftkomitee
Trift Projekt
Wasserstrategie Kanton Bern
Energiestrategie 2050

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Kommentare (1) anzeigenausblenden 

+1 #CharlyS2021-09-05 00:17
Weiter so! Unberührte Gebirgslandschaften, aber Scheuklappen und eine leere Gletschermulde in der hintersten Ecke der Schweiz gegen die dringend notwendige Stromproduktion zu verteidigen, dafür aber in Kauf zu nehmen, dass 45 % des Schweizer Strombedarfs von ausländischem Atom- und Kohlestrom kommen, das nenne ich aufrechte und hehre Ziele an allen Fakten vorbei bis zum Sankt Nimmerleinstag zu verteidigen. Wie in der Welt da draussen der Strom erzeugt wird, auf den man dringend angewiesen ist, ist Nebensache. Hauptsache, die Schweiz bleibt sauber und grün. Für den Solarstrom interessiert sich nicht einmal die Strassenbeleuchtung, wenn weiterhin Stauseen blockiert werden. Erst nachdenken, dann Flagge zeigen!
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