Erfreulicherweise werden die Probleme um den immer offensichtlicher erkennbaren Klimawandel auch in Fachkreisen des Bau- und Energiegewerbes heftig diskutiert. So war das 25. Herbstseminar zum Auftakt der Bau+Energie Messe 2019 in Bern ausschliesslich dem Umfeld dieses Themas gewidmet.
Namhafte Referenten bestritten ein umfangreiches Programm und stellten sich auch in zwei Podien einer angeregten Diskussion zu einem breiten Strauss aktueller Fragen: „Woher kommt unsere Energie, wenn AKW, Gas- und Kohlekraftwerke abgeschaltet werden? Sind Versorgungsengpässe zu erwarten? Gibt es eine Winterstromlücke? Welches sind die Anforderungen an das Stromnetz? Was braucht es, damit die erneuerbaren Energien den Durchbruch schaffen?“
Sowohl Reto Knutti –Professor für Klimaphysik ETH Zürich- wie auch Hans-Josef Fell -ehem. Mitglied des dt. Bundestags- zeigten anhand des fortschreitenden Klimawandels die Dringlichkeit des Energiewandels auf und belegten überdies, dass das derzeitige Energiesystem bis 2050 auf Netto Null umbaubar ist, sofern der politische Wille dazu besteht. Dafür wird wohl der Druck der Strasse weiter aufrecht erhalten bleiben müssen! Aufgrund einer neuen Studie verlangt Fell, dass dies bereits bis 2030 geschehen muss und kann, wobei die Energieversorgung dezentral wesentlich kostengünstiger ausfällt, als die heute zentralisierten Strukturen der Energieversorger. Dazu muss allerdings das Stromnetz angepasst werden, wie Gabriela Hug -Professorin für elektrische Energiesysteme ETHZ- ausführte. Dabei sind wir, ebenso wie in der Umsetzung der Energiestrategie 2050 keineswegs auf Kurs, was die Darlegungen von Pascal Previdoli -stv. Direktor BfE bestätigten.
Konkrete Handlungsbereiche wurden vorallem in den Podien postuliert. Gefordert sind die Änderung bzw. Erhöhung der Richtwerte im Energiegesetz, eine Neuregelung der Netzgebühren, damit eine Dezentralisation und Regionalisierung möglich wird (für Eigenverbrauch und lokale Speicherung), ebenso wie eine intelligentere Ausgestaltung der Netze, die Angebot und Nachfrage berücksichtigt. Akuter Handlungsbedarf wird auch gegenüber der KEV-Warteliste geortet, da derzeit rd. 35‘000 Photovoltaikprojekte durch BfE und Ständerat blockiert sind.
Dächer und Fassaden in unserem Land reichen aus, um mehr als den sommerlichen Strombedarf abzudecken, nur müsste er gespeichert werden. Dabei kann der PV-Strom bereits für 10 Rappen geliefert werden, was bedeutet, dass es keinen Sinn macht, weitere Gewässer mit Kleinkraftwerken zu beeinträchtigen, deren kW-Strom zwischen 20 und 30 Rappen liegt. Allerdings macht es fallweise Sinn, alte Kraftwerke zu renovieren und Speicher auszubauen.
Von Windanlagen kann künftig vorallem im Winter ein höherer Stromertrag erwartet werden. Infrastrukturelle Lücken blockieren allerdings die Möglichkeit, an den Überkapazitäten der Nordsee teilzuhaben.
Trotz verschiedener Bedenken über die Trägheit unserer Systeme, überwog der Optimismus und die Zuversicht, dass die Verfügbarkeit von erneuerbaren Energien relativ schnell ansteigen und dann auch zu einem schnelleren Tod der Atomkraftwerke in der Schweiz führen werde. Ebenso herrschte Einigkeit, dass -unabhängig von einem mit dem institutionellen Rahmenabkommen mit der EU verknüpften Stromabkommen- diese Entwicklung mit grösseren Anstrengungen verstärkt werden muss und beispielsweise die Einführung der Flugticketabgabe, die Schaffung genügender Speichermöglichkeiten sowie die Verteuerung der CO2-Zertifikate möglichst schnell realisiert werden müssen.
Ebenso klar wurde einmal mehr, dass erneuerbare Energien nicht kostenlos zu bekommen sind, es aber auch nicht billiger wird, wenn auf die konsequente Förderung der erneuerbaren Energien verzichtet würde.
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