Der Wind bläst auch in der Schweiz

Die Schweiz ist Schlusslicht bei der Windenergie Die Schweiz ist Schlusslicht bei der Windenergie

In der Schweiz führen Windenergieanlagen trotz Modernisierung zur Effizienzsteigerung und Lärmreduktion weiterhin ein Schattendasein.

2019 gab es in der Schweiz 37 Gross-Windenergieanlagen mit einer Gesamtleistung von 75 Megawatt (MW). Mit dem – voraussichtlich 2020 fertiggestellten – Windpark “San Gottardo” kommen noch einmal 11,75 MW dazu. Im Rekordjahr 2019 betrug die Jahresproduktion des Windstromes etwa 146 Mio. Kilowattstunden (kWh), was rund 20% mehr war als im Vorjahr. Zwar konnten damit 41.700 Haushalte mit sauberem Windstrom versorgt werden, doch dies entspricht immer noch weniger als 0.3% des Schweizer Strombedarfs. Europaweit liegt der Anteil dieser erneuerbaren Energiegewinnung bei 15%. Der Vergleich mit den europäischen Nachbarn zeigt, dass Österreich schon heute 13% der Elektrizität mit Windstrom produziert; ein Ziel, das die Schweiz für 2030 erreichen will. Auch Frankreich und Deutschland haben schon viel mehr Windanlagen und produzieren so auch mehr nachhaltigen Strom. 

Vergleich der Windenergie mit regionalen Nachbarn (Stand 2019) 
Schweiz: 37 Anlagen mit insgesamt 75 MW Leistung  
Österreich: 1340 Anlagen mit insgesamt 3159 MW Leistung 
Grand-Est: 2080 Anlagen mit insgesamt 3120 MW Leistung (Stand 2018) 
Rheinland-Pfalz: 1771 Anlagen mit insgesamt 3685 MW Leistung 
Baden-Württemberg: 730 Anlagen mit insgesamt 1550 MW Leistung 

 

Frischer Wind in der Technik 

Durch den technischen Fortschritt können mittlerweile auch mittlere Windverhältnisse sehr effizient genutzt werden. Ausserdem verfügt die Schweiz vor allem im Jura und in den Alpen für die Stromgewinnung sehr gute Windverhältnisse. Es ist davon auszugehen, dass moderne Anlagen in der Schweiz ebenso viel Strom produzieren können wie in den Nachbarländern. Gerade im Winter ist Windenergie die ideale Ergänzung zu Wasser- und Solarenergie. Denn zwei Drittel ihrer Energieleistung bringen die Windräder während der Wintermonate: Genau zu der Zeit also, in der viel geheizt und früh das Licht angemacht werden muss, die Sonne aber weniger scheint und auch weniger Niederschlag in Form von Regen fällt. 
Viele Anwohner von geplanten Windparks haben Bedenken wegen der Lärmbelästigung. Die Geräusche entstehen durch Windturbulenzen an den Flügeln. Doch moderne Anlagen haben “Kämme”, die dem Gefieder von Vögeln ähneln und die Turbulenzen verringern. Ein Gespräch in der Nähe der Windräder zu führen, ist auf jeden Fall möglich.

Schweizer Strommix 2018 
56.6% der in der Schweiz erzeugten Elektrizität stammt aus Wasserkraft, 38% aus Atomkraftwerken und 5.4% aus anderen Quellen (thermische Kraftwerke und neue erneuerbare Energien), davon 2% Solarstrom und nur 0.15% Windstrom. Da 40% des erneuerbaren Wasserstroms aus der Schweiz exportiert und durch Importe von Kohle-, Öl-, Gas- und Atomstrom aus dem Ausland ausgeglichen wird, stammen 65% des Schweizer Stroms aus nicht erneuerbaren Quellen. 

 

Beste Ökobilanz für Klima und Umwelt 

Die Ökobilanz von Windenergieanlagen ist unschlagbar, denn schon nach ungefähr einem halben Jahr Betriebszeit ist die graue Energie – also die Energie, die für Herstellung, Montage, Nutzung und Entsorgung der Windräder anfällt – kompensiert. Nach Wasserkraft ist Windkraft die nachhaltigste Art, Strom zu produzieren: Windstrom erzeugt 5-mal weniger CO2 als der bisherige Schweizer Strommix. Windstrom kann also einen wichtigen Beitrag zum Klimaschutz und zur Reduktion von Umweltbelastungen leisten. Ein weiter Vorteil: Windräder können am Ende ihrer Laufzeit innerhalb von wenigen Monaten wieder rückgebaut werden. Die Flächen eigen sich danach wieder für Land- oder Forstwirtschaft, denn weder Erde, Luft oder Grundwasser werden kontaminiert. 80-90% der Baumaterialen der Windräder sind durch Recycling wiederverwendbar, der Rest wird zu Beton verarbeitet. 

Kein Risiko für Wildtiere und Vögel

Bisher wurden hierzulande noch keine Windparks im Wald errichtet, aber Erfahrungen aus Rheinland-Pfalz zeigen, dass die Waldtiere sich schnell an die neue Störquelle gewöhnen und sie davon nichts zu befürchten haben. Windenergieanlagen beeinträchtigen Vögel und Fledermäuse kaum. Viel stärker bedroht sind sie durch den Klimawandel. 


«Wir gehen davon aus, dass 75% der europäischen Brutvögel vom Klimawandel bedroht sind. Wenn wir auf umweltfreundliche Windenergie setzen, kommt dies auch der Vogelwelt zugute», Felix Liechti (Vogelwarte Sempach), «Beobachter Natur» (April 2014) 


Bei der sorgfältigen Planung von Windenergieanlagen wird auf Brutplätze und Habitate sensibler Vogelarten Rücksicht genommen. Für Moore, Wasser- und Zugvogelreservate, Auen, Amphibienlaichgebiete und Trockenwiesen gilt ein generelles Verbot von Windanlagen. Studien aus dem Windpark Peuchapatte im Jura zeigen, dass nur wenige Vögel durch Kollisionen sterben, obwohl der Vogelzug an diesem Standort hoch ist. Zugvögel fliegen meist weit oberhalb der Windräder, und andere Vögel meiden die Anlage, indem sie sie umfliegen. Auch können die Windräder mit einem Abschaltsystem ausgerüstet werden, das dann beispielsweise die Fledermäuse während ihrer Jagd in der Dämmerung schützt.

Noch nicht überzeugt? Dann überzeugen Sie sich selbst! Besteigen Sie in der Unesco-Biosphäre Entlebuch (LU) nach Voranmeldung das Windrad Feldmoos, besuchen Sie das Besucherzentrum der Anlage Mont-Crosin im Jura oder wandern Sie in Andermatt entlang des Windlehrpfads auf dem Gütsch. Auch die Windanlagen in Haldenstein (Chur), Charrat (Adonis), Martigny (Mont d'Ottan) und Collonges (Cime de l’Es) bieten nach Voranmeldung Führungen an. 

 


Quellen und weitere Informationen: 
Suisse Eole: Statistik
Suisse Eole: Windenergie FAQ
BAFU: Windenergie
UVEK: Windatlas

 
 
 

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Kommentare (1) anzeigenausblenden 

0 #Uwe Scheibler2020-06-22 11:56
Wenn dieser Artikel in den 1990-er Jahren geschrieben worden wäre, hätte er eine Berechtigung gehabt. Heute gehören Grosswindkraftanlagen aber nicht mehr zu den Elementen einer nachhaltigen Energiewirtschaft. Erstens sind die Einsparpotentiale - beim Strom nur schon durch die Effizienzsteigerng von rund 1,5 % pro Jahr! - enorm gross, zweitens ist es wenig sinnvoll, Energie dort zu produzieren, wo sie keiner braucht (Beispiel Gotthard) und drittens gibt es mit Photovoltaik, Wasserstoff-Technik u.a. genügend Alternativen, die weniger umweltbelastend sind. Vom Landschaftsschutz, der offenbar bei "umweltnetz-schweiz" keine Thema mehr ist, ganz zu schweigen.
Die Windenergienutzung macht heute nur bei Kleinanlagen, auch im urbanen Bereich und in ländlichen Inselsituationen durchaus Sinn als ergänzende Energie.
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