Glyphosat im Körper – „na und“?

Eine aktuelle Studie hat bei fast jedem zweiten getesteten Europäer Rückstände des Pflanzenschutzmittels Glyphosat im Körper nachgewiesen. Das „Total“-Herbizid“ ist das in der Schweiz und weltweit am meisten eingesetzte Pflanzengift. Gemäss dem Hauptproduzenten Monsanto sei das Mittel für die menschliche Gesundheit „unbedenklich“...

Für die eben erschienene, von der internationalen Organisation Friends of the Earth (FOE) und Pro Natura in Auftrag gegebene Studie wurden Urinproben von 186 Personen aus 18 europäischen Ländern untersucht (vgl. Ergebnisse der Studie, En). Bei 44% der Testperson wurden signifikante Glyphosat-Rückstände im Körper nachgewiesen; in Deutschland waren sogar 70% der Proben belastet. Von den zwölf Schweizer Stichproben wiesen zwei Spuren des Totalherbizids auf. Frühere Studien hatten wiederholt Glyphosat-Rückstände im Körper von Landwirten gefunden. Erstmals wurden in der gross angelegten Studie jetzt aber nur Bewohner europäischer Grossstädte getestet, die in keinem direkten Kontakt mit dem Wirkstoff stehen.

Gefährden die Glyphosat-Spuren im menschlichen oder tierischen Organismus die Gesundheit?

Es erstaunt nicht, dass Monsanto, der weltweit wichtigste Hersteller von glyphosathaltigen Herbiziden die Frage verneint. Das nichtselektive Totalherbizid Glyphosat tötet Gräser und anderes „Unkraut“ durch die Hemmung eines Enzyms komplett ab. Da dieses Enzym weder bei Tieren noch bei Menschen vorkommt, sei das Produkt für Mensch und Tier „sicher“, behaupten die Produzenten. Zudem würden für Glyphosat sehr strenge Zulassungsverfahren gelten. Auch die WHO betont, dass die Chemikalie durch rund fünfzig Tierversuche auf seine toxische Wirkung getestet wurde und das Gesundheitsrisiko dementsprechend gering sei. Industrie-unabhängige Studien sowie fundierte Informationen über die Langzeitwirkung der Chemikalie gibt es jedoch kaum, obwohl das Mittel bereits seit 1975 auf dem Markt ist. Für die Zulassung von glyphosathaltigen Herbiziden reicht es, allein den Wirkstoff Glyphosat zu testen. Entscheidend für Wirkungen auf Umwelt und Gesundheit ist aber das gesamte Pflanzenschutzmittel inklusive Beimischungen. Die beigemischten Stoffe sorgen unter anderem dafür, dass die Pflanzen die Herbizide besser aufnehmen können und verstärken in manchen Fällen deren Toxizität. Forscher der Universität Leipzig konnten kürzlich nachweisen, dass der Kontakt mit gewissen glyphosathaltigen Mitteln für Frösche und andere Amphibien zu 100% tödlich wirken (!), während andere nur unwesentlich gesundheitsschädigend wirken. Frösche nehmen das Mittel zudem nicht nur über die Nahrung, sondern – anders als Laborratten – auch durch Hautkontakt auf. Amphibien reagieren also komplett anders auf die Herbizide als Labormäuse. Welche Reaktionen zeigt der menschliche Körper?

"Wir wollen von den Behörden wissen, über welche Wege das Pestizid in unsere Körper gelangt und was die Folgen für unseren Organismus ist."

Marcel Liner, Landwirtschaftsexperte Pro Natura


Zurzeit ist wenig bekannt über die genaue Wirkung auf den menschlichen Organismus. Bisher wurde angenommen, dass Glyphosat nur in seltenen Fällen bei direktem Kontakt im menschlichen Körper auftritt. Die aktuellen Untersuchungen widerlegen diese Annahme...

Es wird vermutet, dass Glyphosat sich negativ auf den Hormonhaushalt auswirken und eventuell auch die Fruchtbarkeit beeinträchtigen könnte. Zudem soll es gemäss einer Untersuchung der Universität Leipzig wichtige Darmbakterien abtöten. In einer unabhängigen Langzeitstudie konnten schon bei minimalen Dosen des Glyhosat-Mittels „Roundup“ Schäden an menschlichen Zellen nachgewiesen werden. Da derartige Langzeitstudien, die sehr aufwändig und kompliziert sind, bestimmten internationalen „Standards“ nicht entsprechen (können), werden sie für die Zulassungsverfahren jedoch nicht berücksichtigt. Die Gefährlichkeit des Totalherbizids „Roundup“, welches fast ausschliesslich bei gentechnisch veränderten Kulturen zum Einsatz kommt, wurde aber bereits durch zahlreiche Berichte und Studien bestätigt (siehe Bericht eines internationalen Wissenschafts-Teams, 2010).

Obwohl sich die Hinweise auf gefährliche Nebenwirkungen des Herbizides von Jahr zu Jahr verdichten, verkaufen die Pestizidhersteller ihre glyphosathaltigen Mittel mit zunehmendem Erfolg! Die Gesamtmenge des weltweit eingesetzten Glyphosats liegt heute schon bei rund 800‘000 Tonnen pro Jahr und dürfte in den nächsten Jahren auf weit über eine Millionen Tonnen ansteigen. Auch in der Schweiz nimmt der Glyphosat-Einsatz deutlich zu; auch, weil die Unkräuter immer resistenter werden. Dadurch werden die chemischen Stoffe verstärkt eingesetzt! Angesichts der erheblichen Umweltschäden und den grossen Unsicherheiten bezüglich der gesundheitlichen Risiken ist diese Zunahme höchst bedenklich.

Weiterführende Infos
Albert Schweizer Stiftung: Glyphosat und seine Auswirkungen auf die Mitwelt, 6. Jun 2013

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