Zecken, Mücken, Flöhe und andere Parasiten; wieso hat die Natur sie geschaffen?

Wespenlarven speisen von ihrem Wirt - der Schmetterlingsraupe - bis dieser stirbt. Wespenlarven speisen von ihrem Wirt - der Schmetterlingsraupe - bis dieser stirbt.

Die Bedeutung der Parasiten in Ökosystemen wurde lange Zeit unterschätzt. Sie trainieren nicht nur unser Immunsystem, sondern nehmen eine wesentliche Rolle im Erhalt der Artenvielfalt ein.

Es würden wohl viele nichts dagegen haben, würden Parasiten einfach von der Bildfläche verschwinden. Die kleinen Viecher scheinen für nichts gut zu sein, schliesslich bieten sie ihren Wirten nicht die geringste Gegenleistung und zapfen deren Lebensenergie an. Die kleinen Lebewesen nisten sich ein, ernähren sich von fremden Körpern und machen diese im schlimmsten Falle auch noch krank. Doch ihre Rolle im Ökosystem wird meist unterschätzt, leisten sie doch einen wichtigen Beitrag für das Gleichgewicht der Natur. Unsere Welt würde ohne die Schmarotzer wohl ganz anders aussehen.

Fördern Artenvielfalt und Evolution

Parasiten sind Lebewesen, die die Ressourcen eines anderen Organismus – ihrem sogenannten Wirt – ausnutzen. Parasiten finden bei ihren Wirten eine wohlige Heimat und ernähren sich von ihnen. Sind die Nutzniesser auch noch Träger von Krankheiten, infizieren sie ihren Wirt. Dies kann bis zum Tode des befallenen Organismus führen. Im Ökosystem kommt ihnen damit eine besondere Rolle in der Dezimierung von dominanten Arten zu. Damit verhindern sie, dass eine bestimmte Art überhandnimmt. Wo Wirte sehr dicht aufeinander leben, sorgen die Parasiten für eine Dezimierung der Bestände und schaffen dadurch wieder Raum für die anderen Tierarten. Dadurch bleibt die Artenvielfalt aufrechterhalten.

„Da Wirt und Parasit in einer engen Wechselbeziehung leben und sich miteinander ständig weiterentwickeln, sind Parasiten auch Antrieb für die Evolution.“

Deutsche Gesellschaft für Mikrologie

Parasiten hatten in der Vergangenheit auch immer eine Weiterentwicklung der befallenen Wirte zur Folge. Diese reagieren auf den Befall, indem ihr Immunsystem komplexer wird. Diejenigen, die sich gegen den Befall wehren können und überleben, können sich fortpflanzen und weiter bestehen. So entsteht eine natürliche Weiterentwicklung der Artenbestände. Im Gegenzug geschieht beim Parasit genau dasselbe. Unangenehm werden die Lebewesen, wo sie sich invasiv ausbreiten können, weil bei den Trägern (noch) kein Schutzmechanismus besteht. In solchen Fällen kann dies gar zur Verdrängung anderer Arten führen.

Kontakt mit Parasiten vermindert Autoimmunerkrankungen

Auch im menschlichen Körper spielen Parasiten eine wesentliche Rolle. Nicht immer muss der Kontakt mit ihnen eine Erkrankung auslösen, aber in jedem Fall wird auch unser Immunsystem durch die Schmarotzer trainiert. Mit der „Hygiene-Hypothese“ bezeichnen Wissenschaftler den Zusammenhang von Parasiten und Autoimmunkrankheiten. Es konnte festgestellt werden, dass der Kontakt mit Erregern für unser Immunsystem wichtig ist. Da Berührungspunkte heute immer seltener werden, wird das Immunsystem weniger trainiert und es ist weniger aktiviert. Dies hat zur Folge, dass der Körper stärker anfällig wird für Infekte und andererseits auf harmlose Stoffe überreagiert, wodurch die eigenen Zellen angegriffen werden.

"Bauernkinder wiesen viel mehr Antikörper gegen Neu5Gc im Blut auf - und Kinder mit mehr Antikörper litten wesentlich seltener an Asthma"

Dr. Remo Frei, Universität Zürich

Forscher erklären mit diesem Ansatz die Zunahme von Autoimmunkrankheiten wie Asthma oder Allergien. Eine kürzlich publizierte Studie einer Forschergruppe der Universität Zürich zeigte, dass Bauernhofkinder weniger unter Asthma leiden. Durch den regelmässigen Kontakt mit Tieren bildet das Immunsystem mehr Antikörper, welche das Immunsystem vor einer Fehlreaktion schützen.

Steuerung des Verhaltens

Parasiten wechseln in ihrem Leben häufig mehrmals ihre Wirte und nehmen eine nicht zu unterschätzende Rolle im Geflecht der Nahrungsketten ein. Einige Parasiten können sich beispielweise nicht im selben Wirt fortpflanzen, wie sie sich ernähren. Der Wirtswechsel ist in den meisten Fällen gar nicht so einfach und gelingt nur durch eine List. Forschungen geben Anlass zur Vermutung, dass die Parasiten das Verhalten ihrer Wirte zu ihren Gunsten zu steuern vermögen. Ein Forschungsteam berichtet im Journal "Global Change Biology" von Parasiten in infizierten Fischen bei unterschiedlichen Wassertemperaturen. Die Würmer im wärmeren Wasser wurden viel grösser und entwickelten sich um einiges schneller. Die Parasiten bewegten die Fische schliesslich dazu, sich in die wärmeren Bereiche des Wassers zu begeben, um sich schneller ausbreiten zu können. Solche Verhaltensänderungen durch die Parasiten werden auch im menschlichen Körper nicht ausgeschlossen.

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