Infektionserkrankungen, welche durch Insekten übertragen werden, werden auch als Vektorkrankheiten bezeichnet. Bei den sogenannten Vektoren, den Überträgern der Krankheiten von einem infizierten Tier zum Menschen, handelt es sich meist um einheimische oder invasive Insekten. Sie sind nicht nur für Reisende in betroffene Regionen gefährlich, sondern stellen auch die dortige Bevölkerung vor grosse Herausforderungen. Jährlich erkranken rund 700 Millionen Menschen an solchen vektorübertragenen Krankheiten, mehr als 219 Millionen davon an Malaria.
Stich mit Folgen
Fälle von Chikungunya-, Dengue-, West-Nil- und Zika-Fieber sind bei zurückkehrenden Reisenden nicht selten. Doch in der Schweiz sind vor allem FSME und Lyme-Borreliose relevant.
Frühsommer-Meningoenzephalitis (FSME): FSME ist eine virale Krankheit, welche durch einheimische, infektiöse Zecken – genauer den Holzbock - übertragen wird. Obwohl Zecken mit ihren acht Beinen nicht zu den Insekten, sondern zu den Spinnentieren zählen, sind sie einer Erwähnung würdig. Eine Infektion mit FSME kann zunächst grippeartige Symptome verursachen, bevor es zum Befall des zentralen Nervensystems kommt. Kopfschmerzen, Lichtscheu, Schwindel sowie Konzentrationsstörungen treten auf. Bei einigen Patienten kann das Virus ausserdem zu Lähmungserscheinungen, Behinderungen und auch zum Tod führen.
FSME ist vor allem in Russland weit verbreitet, wird aber auch in der Schweiz immer häufiger. Durch eine Impfung, aber auch durch allgemeine Schutzmassnahmen wie geschlossene Kleider und das Meiden von Unterholz kann einer Ansteckung vorgebeugt werden.
Gemeldete Stichorte von FSME. (geo.admin)
Lyme-Borreliose: Die Lyme-Borreliose wird durch von Borrelia Bakterien infizierte Zecken übertragen. Sie ist die häufigste Zeckenerkrankung in der Schweiz – um die 30% aller Zecken sind von den verschiedenen Arten des Bakteriums befallen, die einen unterschiedlichen Krankheitsverlauf auslösen. Die ersten Symptome sind jeweils eine ringförmige Rötung der Zeckeneinstichstelle. Bei einigen Erkrankten kommt es nach Wochen, Monaten oder sogar erst Jahren zu einem Befall der Gelenke, des Nervensystems, der Haut oder des Herzens. Durch frühzeitige Einnahme von Antibiotika können bleibende Schäden jedoch verhindert werden. Im Gegensatz zu FSME gibt es für Borreliose keine Impfung. Jedoch kann auch hier durch allgemeine Schutzmassnahmen einer Erkrankung vorgebeugt werden.
Chikungunya-Fieber: Das Chikungunya-Virus wird unter anderem von der asiatischen Tigermücke übertragen und kommt in zahlreichen Ländern Afrikas, des Nahen Osten und Asiens vor, seit kurzem ausserdem in Mittelamerika und einigen Ländern Südamerikas. Auch in Italien und Frankreich gab es 2017 einige hundert Fälle. In der Schweiz ist es bisher zu keiner Ansteckung gekommen. Allerdings breitet sich die asiatische Tigermücke auch bei uns aus – bisher aber noch ohne das Virus.
Rund eine Woche nach dem Stich einer infizierten Mücke treten die ersten Symptome auf: Hohes Fieber, Kopfschmerzen, Gelenk- und Muskelschmerzen und manchmal auch Hautausschlag. Die Krankheit ist in der Regel ungefährlich, nur bei älteren Menschen und Personen mit chronischen Erkrankungen kann ein schwerer Verlauf auftreten. Die einzige präventive Massnahme ist derzeit der Schutz vor Mückenstichen.
Dengue-Fieber: Auch das Dengue-Fieber wird von Mücken übertragen, insbesondere von der Gelbfiebermücke oder der asiatischen Tigermücke. Es handelt sich dabei um eine virale Erkrankung, welche bei 40 – 80% der Fälle beschwerdefrei verläuft. In den übrigen Fällen kommt es zu hohem Fieber, Kopf- und Gliederschmerzen sowie Hautauschlägen. In seltenen Fällen kann eine Erkrankung zum Tod führen.
In den letzten Jahren hat sich das Dengue-Virus weltweit stark verbreitet. Während in den 1960er Jahren jährlich maximal 20 000 Ansteckungen verzeichnet wurden, so werden momentan bis zu 100 Millionen Fälle pro Jahr registriert. Rund 50% der Weltbevölkerung leben in einem Risikogebiet. In Europa kam es bisher jedoch nur zu einzelnen Übertragungen in Frankreich und Kroatien. In der Schweiz wurde noch keine Ansteckung verzeichnet, jedoch kehren immer häufiger Reisende mit der Krankheit zurück. Auch hier ist die einzige präventive Massnahme der Schutz vor Insektenstichen.
Zika-Fieber: Das Zika-Virus wird hauptsächlich durch Mücken, selten durch sexuellen Kontakt übertragen. Eine Erkrankung verläuft in der Regel milde, kann aber auch schwere neurologische Komplikationen verursachen.
Seit einer Epidemie im Jahr 2015, welche in Brasilien ihren Anfang nahm, sind weltweit 60 Länder in Süd- und Mittelamerika, Asien und Afrika betroffen. Seit 2019 treten selten auch Ansteckungen in europäischen Ländern auf. In der Schweiz ist das Risiko einer Erkrankung sehr gering und das Virus kann überwiegend nur in Reisenden festgestellt werden. Auch für das Zika-Fieber existieren weder eine Impfung noch eine medikamentöse Vorbeugung. Die effektivste Prävention ist nach wie vor das Vermeiden eines Mückenstichs.
Malaria: Malaria ist die häufigste Tropenkrankheit und wird über Mücken übertragen. Rund die Hälfte der Weltbevölkerung lebt in einem Risikogebiet. Eine Erkrankung macht sich mit Fieber, Schüttelfrost, Kopf- und Muskelschmerzen und gelegentlich mit Erbrechen und Durchfall bemerkbar. In schlimmen Fällen kann das Virus zu Krämpfen, Koma und schliesslich zum Tod führen. Jährlich sterben etwa eine halbe Million Menschen – hauptsächlich im subsaharischen Afrika - an den Folgen einer Malariaerkrankung, obwohl prophylaktische Medikamente oder einfache Schutzmassnahmen existieren würden.
Massnahmen – einfach in der Schweiz, schwierig in Entwicklungsländern
Die Gefahr von vektorübertragenen Krankheiten ist in der Schweiz eher gering. Zwar etablieren sich die Tiger- sowie die Buschmücke im Inland, jedoch sind die Tiere bislang mit keinem der obengenannten Viren infiziert. Einzig die von Zecken übertragenen Erkrankungen sind häufig, können in der Schweiz aber auch erfolgreich behandelt werden. Allgemeine Schutzmassnahmen wie gute Kleidung – feste Schuhe, Strümpfe und weite, dicke, langärmelige Hosen und Hemden – sowie Repellentien und Akarzide können eine Infektion verhindern. Geschlossene und klimatisierte Räume bieten einen guten Schutz vor Stechmücken.
In Ländern, welche nur über geringe finanzielle Mittel und ungenügende Gesundheitssysteme verfügen, gestaltet sich die Prävention und Behandlung von Vektorkrankheiten schwieriger. Bewährt hat sich – besonders in Malariagebieten – das Moskitonetz. Zahlreiche Programme und Organisationen verteilen die Netze in afrikanischen Ländern. Doch das Utensil allein reicht oft nicht aus: Auch die nötigen Informationen über die Krankheit sowie über die korrekte Verwendung des Moskitonetzes müssen gewährleistet werden. Das Netz endet sonst als Kleidungsstück, Wasserfilter oder als Handtasche.
Mit der von ihnen ausgehenden Gefahr machen sich Mücke und Zecken unter den Menschen natürlich keine Freunde. Vernichtungsfantasien können schonmal aufkommen, ihnen nachzugeben wäre aber nicht angemessen. Weder sind sie erfolgsversprechend noch in ihren Konsequenzen abzuschätzen. Effektivere Lösungen harren in verstärkter Verteilungsgerechtigkeit mit dem Ausbau der Gesundheitssysteme, der Bildung und Forschung – und längerfristig in der Bezähmung des Klimawandels, der die verstärkte Ausbreitung der Krankheiten derzeit begünstigt.
Quellen und weitere Informationen:
Tropeninstitut: Insekten – Krankheitsüberträger
Krankheitsübertragende Insekten: Flyer
BAG: Vektorübertragene Krankheiten
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