Vieles im neuen Klimabericht ist nicht wirklich neu: Bei steigender globaler Erwärmung muss in weiten Teilen der Erde mit vermehrten Extremwetterereignissen wie Dürren und Überschwemmungen gerechnet werden, die Artenvielfalt wird sich reduzieren und die Lebensqualität der Menschen wird abnehmen. Tatsächlich werden sich solche Katastrophen in der Zukunft mit grosser Wahrscheinlichkeit häufen: Die Erwärmung war über die letzten 50 Jahre mit 0,13 Grad Celsius pro Jahrzehnt fast doppelt so gross wie diejenige über die letzten 100 Jahre. Verantwortlich für den rasanten Temperaturanstieg ist gemäss des UN-Klimarats (IPCC) vor allem der menschgemachte hohe Ausstoss an klimaschädigenden Treibhausgasen wie Kohlenstoffdioxid (CO2) und Methan. Der Löwenanteil der Treibhausgasemissionen entsteht durch die Verbrennung fossiler Energieträger, durch die Land- und Viehwirtschaft, sowie durch die Rodung riesiger Waldflächen.
Der IPCC zeichnet ein unerfreuliches Zukunftsbild: Bei fortschreitender Erderwärmung wird global mit grosser Wahrscheinlichkeit eine Verschiebung der Ökosysteme mit einem dramatischen Artenrückgang stattfinden. Das Waldsterben, insbesondere im Amazonas und in Tundren wird aufgrund von Trockenheit und heissen Temperaturen fortschreiten. Mit der parallel stattfindenden Abholzung geht so ein essentieller CO2-Speicher verloren. Was maritime Ökosysteme angeht, wird das Absterben der Korallenriffe fortschreiten, aber auch andere Wasserspezies werden zurückgehen. Hauptursache dafür ist nebst der Vermüllung, dass Ozeane und Meere aufgrund der Wärme weniger Sauerstoff binden können. Extemwetter-Ereignisse werden weltweit – aber insbesondere in Küstenregionen und Trockengebieten – zunehmen. Bei einem totalen Abschmelzen des Grönland-Eises würde der Meeresspiegel um rund 7m ansteigen! Kaum auszumachen, was alles an Landfläche verloren geht, wenn das Eis der Erde verschwindet. Doch bereits ein moderater Meeresspiegelanstieg hat vielerorts Küstenerosion und Überschwemmungen zur Folge. Heftige Regenfälle werden vermehrt erwartet. Einzelne Inseln werden gar ganz abtauchen. In Trockengebieten ist dagegen mit weniger Regenfällen und längeren Dürreperioden zu rechnen. Aufgrund des Klimawandels werden bereits heute geringere Erträge bei Mais und Weizen verzeichnet. Derartige Ernteeinbussen dürften zunehmen.
Die negativen Auswirkungen des Klimwandels werden insbesondere die Bevölkerung in ärmeren Erdteilen wie Afrika und Asien treffen. Diese Menschen leben häufig in Küstennähe und sind besonders auf eine intakte Umwelt und Ökosystemdienstleistungen vor Ort angewiesen. Bereits ein Rückgang der lokalen Fischbestände oder das Austrocknen eines Flusses kann schnell existenzbedrohend werden. Zusätzlich ist die Infrastruktur, wie Häuser oder die Trinkwasser- und Stromversorgung, viel störanfälliger bei Extremereignissen wie Überschwemmungen. Auch Nahrungsmittelrückgänge und damit zusammenhängende steigende Nahrungsmittelpreise, dürften diese Menschen als erstes zu spüren bekommen. Laut Report erhöht der Klimawandel damit indirekt auch das Risiko gewaltsamer Konflikte und verschärft die Flüchtlingsproblematik.
„Der Klimawandel hat die Ernteerträge von Mais und Weizen in zahlreichen Regionen der Welt bereits beachtlich reduziert. Ob die Ernten ab 2050 weiter zurückgehen, hängt vom Grad der Erderwärmung ab“
Fünfter Klimabericht des IPCC
Wir bewegen uns auf sehr dünnem Eis – doch noch ist nicht Hopfen und Malz verloren. Das Besondere am neuen IPCC-Bericht ist seine Risikobeurteilung: Ob die schlimmsten Szenarien tatsächlich eintreffen, hängt direkt davon ab, ob wir Treibhausgasemissionen endlich in den Griff bekommen. Bis zu einer Erderwärmung um höchstens 2 Grad im Verlauf des Jahrhunderts ist mit moderaten Auswirkungen zu rechnen, ab einem Anstieg um mehr als 2 Grad mit gravierenden Auswirkungen. Noch haben wir also die Möglichkeit, das Ruder herumzureissen. Je länger wir aber nur Däumchen drehen, desto schwieriger und teurer wird es, sich den Folgen der Erwärmung anzupassen.
Der IPCC appelliert denn auch direkt an Regierungen und Behörden, entsprechende Massnahmen einzuleiten. Diese umfassen sowohl die Eindämmung des Klimawandels (mitigation), als auch die Anpassung an den Klimawandel (adaptation). Zur Eindämmungsstrategie gehören zum Beispiel Vorschriften bezüglich der Ressourcen-Nutzung, Wiederaufforstungsprojekte, langfristige Investitionen in klimafreundliche Energien, zusätzliche Lenkungsabgaben wie die CO2-Steuer, oder die Zusammenarbeit mit indigenen, naturnah lebenden Völkern. Anpassungsmassnahmen beinhalten unter anderem verbesserte Warnsysteme vor Überschwemmungen, Artenschutzprogramme, Finanzielle Unterstützung für schwächere Gruppen, Versicherungen etc.
Präzise Prognosen für Jahrzehnte zu erstellen, grenzt an ein Ding der Unmöglichkeit. Der IPCC hält sich denn auch mit derartigen Fakten zurück und wirft vielmehr die Frage in den Raum, welchen Preis wir für eine intakte Umwelt in Zukunft zu zahlen bereit sind. „Letztlich handelt der Report vor allem auch davon, wie wir eine bessere Welt schaffen können“, so der Koordinator des Klimareports, Chris Field. Der Weltklimarat umfasst fast 200 Mitglied-Länder. Im Jahr 2007 wurde die UN-Organisation mit Sitz in Genf für ihren Kampf gegen den Klimawandel mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnet. Das ist zwar eine bemerkenswerte Anerkennung, sollte aber nicht über die bedrohliche Dimension des Klimawandels hinwegtäuschen!
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