Antarktis: Wenn der Eiskorken schmilzt

Dass die Erderwärmung zum Abschmelzen des Poleises und zu einem Meeresspiegelanstieg führt, ist bekannt. Nun haben Klimaforscher des Potsdam-Instituts für Klimaforschung (PIK) herausgefunden, dass es noch viel schlimmer kommen könnte: Schmilzt ein Eiskorken vor dem Wilkes-Becken im Osten der Antarktis, führt dies zum Auslaufen einer riesigen Eismenge und zu einem Anstieg der Meere um bis 4 m. Sind Küstenstädte wie Mumbai, Tokyo oder Dublin besonders gefährdet?

Wie die Potsdamer Klimaforscher in ihrer Studie im Nature Climate Change schreiben, gleicht das Wilkes-Becken der Ost-Antarktis einer umgekehrten Flasche: Vor dem Becken befindet sich ein Eisblock, der wie ein Korken verhindert, dass dahinter liegende gigantische Eismengen ins Meer gelangen. Dies liegt an der speziellen Geologie des Wilkes-Beckens: Der felsige Untergrund unter der massiven Eisschicht fällt wie ein Trichter in Richtung Inland ab. Damit stützen sich die Eismassen auf eine Basis, die ungefähr 1'000 Meter unter dem Meeresspiegel liegt. Ohne den Eiskorken, der wie ein Damm fungiert, würde Meerwasser in den Trog strömen. 
 
Anhand eines Modells fanden die Forscher heraus, dass genau das geschehen wird, wenn sich die lokale Wassertemperatur um bis 0,3 Grad Celsius erwärmt. In den Computersimulationen hatte das Abschmelzen des verhältnismässig kleinen Eiskorkens eine Kettenreaktion zur Folge: Die dahinter liegenden riesigen Eismengen schmolzen unverhältnismässig rasch und liessen den Meeresspiegel um bis zu 4 m ansteigen.

„Der vollständige Meeresspiegelanstieg wäre letztlich bis zu 80-mal größer als der durch das anfängliche Abschmelzen des Eiskorkens.“
Anders Levermann, Co-Autor der Studie


Müssen Inselstaaten und Küstenstädte wie New York oder Mumbai um ihren Boden fürchten? Die Forscher beschwichtigen. Die Situation könnte sich aber auch schon viel früher dramatisch verändern; dann nämlich, wenn ein – noch unbekannter – Schwellenwert überschritten und das dortige Ökosystem episodisch Kippen würde. Bis der Meeresspiegel auf 4 m steigt, dürfte es zwischen 5'000 und 10'000 Jahre dauern. Dies bedeutet aber, dass wir uns keinesfalls zurücklehnen können. Die Wissenschaftler warnen, dass der heutige Ausstoss riesiger Mengen an Treibhausgasen Reaktionen auslöse, die wir in Zukunft nicht mehr aufhalten können. Die Eismassen im Wilkes-Becken würden – ist der Korken erst geschmolzen – unaufhörlich auslaufen und wären auch durch einen Stopp der Erderwärmung nicht mehr aufzuhalten.

Offen bleibt, wie gross die Wahrscheinlichkeit ist, dass die Temperaturen so stark ansteigen, wie im Test simuliert wurde und wann genau dies eintreffen könnte. Gemäss den Klimaforschern ist eine regionale Meereserwärmung um 2,5 Grad Celsius die Voraussetzung, um den Korken zum Schmelzen zu bringen. Dies dürfte der Fall sein, wenn Klimaschutzmassnahmen scheitern, und wir laut aktuellem Bericht des Weltklimarats IPCC  bis Ende des Jahrhunderts mit einem Anstieg der globalen Oberflächentemperatur um bis zu 4,8 Grad Celsius rechnen müssen.

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