Der Faktor Ozon
Klimamodelle sind eine komplexe Sache, da sie eine Vielzahl an Faktoren und Annahmen miteinschliessen müssen. Bisherige Klimamodelle haben wohl den Einfluss von Ozon (O3) unterschätzt. Neuere Modellierungen gehen nämlich davon aus, dass ein veränderter Ozongehalt in den Tropen die globale Erwärmung reduzieren könnte, wie ein Artikel in der NZZ (Nr. 10/2015, „Ozon als unterschätzter Klimafaktor“) aufzeigt. Chemische Rückkopplungen in der Luft wurden bisher in Computermodellen zur Simulation des Klimas oft ausgelassen. Dies kann die Präzision der Modelle beeinflussen. In der Fachzeitschrift Nature Climate Change ist Ende 2014 ein Artikel erschienen, der in seinen Klimasimulationen die Wechselwirkungen von Ozon mit atmosphärischen Strömungen berücksichtigt. Rechneten die Forscher ihr Klimamodell mit einer extremen Situation von einem vervierfachten Kohlendioxidgehalt, so stieg die Temperatur innerhalb von 75 Jahren um fünf anstelle der sechs Grad Celsius. Dies gilt für Modelle, welche die Ozonchemie einbezogen. Wie stark sich die Erwärmung schliesslich reduziert, hängt stark vom Modell und dessen Faktoren ab. Eine ähnliche Studie, die vor einem Jahr im Journal of Geophysical Research: Atmospheres erschienen war, hatte zum Beispiel nur eine halb so grosse Reduktion der Erwärmung errechnet.
Dass Ozon Klimamodelle derart stark beeinflussen kann, liegt an seiner ungleichmässigen räumlichen Verteilung. Das meist natürlich entstehende Treibhausgas ist in der Troposphäre, der untersten Schicht der Atmosphäre, nur spärlich vorhanden. Erst in der nächsthöheren Schicht, der Stratosphäre, findet sich in der Ozonschicht eine maximale Konzentration des Gases. Diese Verteilung des Ozons ist nun eng verknüpft mit dem globalen Klimawandel und gehört daher auch in Klimamodelle integriert. Mit der Erwärmung kann sich die Ozonverteilung nämlich verändern und dies wiederum wirkt sich auch auf das Klima aus.
Aufwind dünnt Ozonschicht aus
Wie das Ozon verteilt ist, hängt folgendermassen von der Erwärmung ab: Mehr CO2 in der Atmosphäre führt dazu, dass in den Tropen mehr erwärmte Luft in die Stratosphäre aufsteigt. Durch diesen Aufwind gelangt immer mehr ozonarme Luft in die Stratosphäre. In der unteren tropischen Stratosphäre hat es somit weniger Ozon, die verringerte Konzentration des Treibhausgases führt dazu, dass sich die Luft an der Erdoberfläche weniger erwärmt. In rund 18 Kilometern Höhe, im Übergang von tropischer Troposphäre zur Atmosphäre, gibt es zudem eine sogenannte „Kältefalle“. Hier muss alle Luft hindurchströmen, die in die Stratosphäre gelangt. Sinkt die Temperatur der Kältefalle, wird die tropische Stratosphäre trockener. Das bedeutet, dass sie weniger Wasserdampf speichern kann und weniger des klimaaktiven Gases Wasserdampf bedeutet auch weniger Erwärmung am Boden. Hier schimmert auch die Komplexität des Themas durch: Weniger Erwärmung am Boden heisst weniger warme Luft, die über den Tropen aufsteigt und dies heisst auch weniger Einfluss auf die Ozonschicht: Das Spiel kann wieder von vorne beginnen.
Stärke des Einflusses ungeklärt
In früheren Klimamodellen nahmen die Forscher für den durchschnittlichen Gehalt an Ozon in der Luft oft plausible Annahmen. Physikalisch-chemischen Gesetzen zufolge den Ozongehalt für jeden Zeitschritt neu zu rechnen, wäre früher zu aufwendig gewesen, wie Michael Ponater gegenüber der NZZ sagt. Er gehört zu einem Deutschen Forschertrio, das 2013 bereits den gleichen Effekt von Ozon erforscht hatte. Künftige Forschung könnte klären, wie stark sich die Ozonchemie tatsächlich auf die Klimamodelle auswirkt. Laut NZZ sind aber nicht nur zum Ozon Folgestudien zu erwarten. Methan und Lachgas zum Beispiel sind ebenfalls Klimagase, deren chemische Reaktionen mit dem Klimawandel wechselwirken.
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