Unserer Welt droht eine höchst unangenehme Zukunft. Sollten sich die Szenarien einstellen, die eine Erderwärmung von bis zu 6°C vorhersehen, droht ein existenzielles Desaster. Diesem zu entgehen, verlangt einen konsequenten und rasch greifenden Klimaschutz. Doch dazu fehlt offensichtlich der politische Wille, da die Situation nicht ernst genommen wird - anders als beim Bankenkollaps 2008. Wundert es da - und ist es nicht beschämend -, wenn jetzt die Macht der Strasse - initiiert durch Jugendliche - massiv Forderungen stellen muss, endlich wirksam zu handeln?
Die Grenzen, an die wir stossen
Seit über einer Generation zeigen Wissenschaftler in aller Welt auf, dass unser auf Wachstum getrimmtes Wirtschaftssystem so wie bis anhin nicht auf Dauer funktionieren kann. Schon 1972 legte der Club of Rome mit den „Grenzen des Wachstums“ dar, dass die Ressourcen unserer Erde nicht unendlich sind und wir mit unserer Umweltzerstörung die eigenen Lebensgrundlagen vernichten. Viele weitere kritische Stimmen warnten seither eindringlich, dass die menschlich verursachten Emissionen zu einer globalen Erwärmung führen, deren Folgen unabsehbare Auswirkungen zeitigen könnten.
Inzwischen sind viele der Befürchtungen Realität geworden. Gletscher schmelzen, der Meeresspiegel steigt, tropische Wirbelstürme werden häufiger und stärker, Hochwasser und Murgänge verschütten Infrastrukturen und Menschen, Hitzeperioden und Dürren bewirken Ernteausfälle, die Treibhausgasemissionen nehmen zu und mit ihnen steigt die Erdtemperatur.
Gewiss: Diese Tatsachen sind inzwischen in das Bewusstsein vieler Menschen getreten und haben dazu geführt, dass mittlerweile an 24 Erdklimagipfeln die Vertreter praktisch aller Staaten zusammen debattierten und über mögliche Gegenmassnahmen stritten. Immerhin haben sie sich 2015 im Pariser Klimaabkommen darauf geeinigt, Massnahmen zu ergreifen, um die Erderwärmung nicht über 2°C, wenn möglich nicht über 1,5°C ansteigen zu lassen. Doch was ist seither geschehen? Ende 2018 hat man sich global auf ein allgemein gültiges Instrumentarium geeinigt, das allerdings auf Freiwilligkeit beruht. In der Schweiz hat es der Nationalrat zur selben Zeit versäumt, ein revidiertes CO2-Gesetz zu beschliessen. Die kurzfristig orientierten wirtschaftlichen Ziele haben obsiegt. Dabei wurde einmal mehr negiert, dass auch namhafte Ökonomen schon längst dargelegt haben, dass uns diese kurzsichtige Denkweise sowohl zusehends teurer zu stehen kommt als auch grosse potenzielle Marktchancen verunmöglicht.
Die Kunst der Verdrängung: Politik und Klimawandel
Besonders bedenklich ist es, wenn angesichts gravierender Umweltzerstörungen (beispielsweise beim Abbau von Bodenschätzen) die betroffenen Wirtschaftsgrössen dafür plädieren, dass es keiner behördlicher Regelungen bedürfe und die Freiheit wirtschaftlicher Tätigkeiten damit nur unnötig behindert würde - zum Wohle von Gewinnmaximierung und überdimensionierter Boni. Das masslose und rücksichtslose Verhalten hinterlässt zerstörte Ökosysteme und entwurzelte Menschen - nicht nur in Afrika, Asien, Australien und Amerika, auch in Europa.
Einer unbegrenzten Freiheit beraubt zu werden; davor fürchten sich auch jene Klimaleugner, die wider mehrfach belegter wissenschaftlicher Erkenntnisse unbeirrt darauf beharren, dass es den Klimawandel nicht gebe und wenn doch, dann sicher nicht anthropogen verursacht. Gestützt durch den derzeitigen Präsidenten der USA und verschiedene private, durch die Erdölindustrie alimentierte, meist pensionierte und selbsternannte Experten werden gezielt Falschnachrichten verbreitet mit dem Ziel, die Öffentlichkeit zu verunsichern. Es wird dabei selbst davor nicht zurückgeschreckt, Texte und Interviews renommierter Forscher zu fälschen. Die Situation erinnert stark an die Zeit des Waldsterbens und der damit verbundenen Forderung nach Umweltschutz-Gesetzen.
Seit über einer Generation wird zusehends und spürbar offensichtlich, dass sich durch die zunehmende Erwärmung der Erdatmosphäre die Grundlagen für das Leben auf unserem Planeten verändern. Nüchtern betrachtet, erscheint die Situation global wenig erfreulich und die Zukunft wenig verheissungsvoll. Sie kann nicht darüber hinweg täuschen, dass die Mächtigen in Politik und Wirtschaft dieser Welt, den Zustand der aktuellen Lage unterschätzen und den Klimawandel und seine letztlich unabsehbaren Folgen nicht wirklich ernst nehmen. Wäre das Bewusstsein wirklich vorhanden, würden Krisengipfel abgehalten, die Krisenpläne hervorbrächten, und innert weniger Tage würde genug Geld mobilisiert, um die notwendigen Massnahmen finanzieren zu können.
Wäre die Welt eine Bank, sie wäre längst gerettet worden!
Der Aufstand der Jugend
Ist es angesichts dieser Situation verwunderlich, wenn sich jetzt die Jugend auflehnt? Wenn eine junge Schwedin mit Streiks auf die missliche Lage und die gefährdete Zukunft aufmerksam machen muss und zunehmend viele Jugendliche mit Klimastreiks ihrem Unmut Ausdruck verleihen? Ist es nicht beschämend, dass sich die etablierten Erwachsenen auf diese Art den Spiegel für ihre Passivität, ihr Nicht-Handeln, ihre Ignoranz und teilweise Arroganz vorhalten lassen müssen?
Erfreulich ist, dass an den bisher durchgeführten Streiks und Demonstrationen nicht nur jugendliche Schulpflichtige, sondern manchenorts sogar mehr Erwachsene teilgenommen haben. Offenbar zeigt der Aufstand der vielen Tausend Personen doch schon erste Wirkungen. Das Basler Parlament hat mit 2/3-Mehrheit den Klimanotstand proklamiert und die nationale FDP beginnt sich darauf zu besinnen, dass der Mensch nicht nur für die Wirtschaft lebt.
Am Freitag, 15. März 2019 soll ein weiterer, in 78 Ländern stattfindender Klimastreik durchgeführt werden. Unter dem Motto "Wir sind hier, wir sind laut, weil man uns die Zukunft klaut!" finden auch in der Schweiz an zahlreichen Orten Kundgebungen statt:
“Weil die Politik schläft und den Klimawandel ignoriert, gehen wir auf die Strassen, bis sich etwas ändert! Wir sind Schüler/innen und kämpfen für unsere Zukunft.“
- Wir fordern, dass die Schweiz den nationalen Klimanotstand ausruft: “Die Schweiz anerkennt die Klimakatastrophe als zu bewältigende Krise. Sie hat folglich auf die Krise zu reagieren und die Gesellschaft folglich auch über diese Krise zu informieren.”
- Wir fordern, dass die Schweiz bis 2030 im Inland Netto 0 Treibhausgasemissionen ohne Einplanung von Kompensationstechnologien
hat.
- Wir fordern Klimagerechtigkeit.
- Falls diesen Forderungen im aktuellen System nicht nachgekommen werden kann, braucht es einen Systemwandel.
Will die Menschheit eine Zukunft auf dem Planeten Erde haben, braucht es ein radikales Umdenken. Seit dem Erdgipfel von Rio 1992 wird deshalb eine Nachhaltige Entwicklung propagiert, die den Ausgleich zwischen Ökonomie, Ökologie und der Gesellschaft anstrebt. Nur so kann eine dauerhaft stabile Gesellschaftsordnung entstehen, die eine ethisch-moralische Verantwortung aller Akteure beinhaltet.
Die Aufgaben der heutigen Generation gehen über den Natur- und Umweltschutz hinaus. Klimaschutz ist zur Hauptaufgabe geworden, da er existenziell geworden ist.
Kommentare (1) anzeigenausblenden