Ein Siegel des Umweltschutzes, ein Beweis für den Einsatz fürs Klima: Solche Auszeichnungen werden für Unternehmen jeder Art immer wichtiger. Kundinnen entscheiden sich vermehrt für nachhaltige Optionen. Diese Entwicklung ist auch der Fluggesellschaft easyJet aufgefallen. easyJet geht neuerdings nach eigenen Angaben „aktiv gegen CO2-Emissionen“ vor.
Tropfen auf den heissen Stein
„Wir sind die erste große Fluggesellschaft, die die durch Treibstoffverbrennung verursachten CO₂-Emissionen aller nationalen und internationalen Flügen ausgleicht.“
easyJet, Billigflug-Airline
easyJet präsentiert sich als die nachhaltige Wahl. In ihren Worten erscheint das Fliegen auf einmal in einem neuen, grüneren Licht: Jeder Ausstoss an CO2-Äquivalenten wird andernorts kompensiert. Das heisst jede Tonne, die auf das Konto von easyJet geht, wird an einem anderen Ort eingespart. Die Fluggesellschaft finanziert Aufforstungen, fördert erneuerbare Energien und unterstützt Klimaschutzprojekte in Entwicklungsländern. Das Unternehmen ist sich bewusst, dass die CO2-Kompensation keine langfristige Lösung darstellt. Deshalb versuchen sie auch in anderen Bereichen auf der nachhaltigen Schiene zu fliegen:
- Entwicklung und Bau von Elektro- und Hybridflugzeugen
- Effizientes Fliegen: Ausgelastete Flugzeuge, treibstoffsparend, effizienzsteigernd, Gewichtsreduktion
- Vermeidung von Einweg-Kunststoff im Bordbistro
Klimaschutz und gutes Gewissen für lau
Trotz der Nachhaltigkeitsstrategie von easyJet wird unterstrichen, dass sich für die Passagiere nichts ändert: Preis, Leistung und Sicherheit werden beibehalten. Wie passt das alles zusammen? easyJet erwartet für das Jahr 2019 einen Gesamtjahresüberschuss bzw. Profit zwischen 420 und 430 Millionen Pfund (vor Steuern). Die Kosten für die CO2-Kompensation aller Flüge belaufen sich nach Berechnungen von easyJet für das Flugjahr 2020 auf etwa 25 Millionen Pfund. Die britische Fluglinie beteuert, freundlicherweise alles aus der eigenen Tasche zu bezahlen. Aber wenn man die 25 Millionen auf ein einzelnes Ticket herunterbricht, wird die Freude bereits gedämpft. Pro verkauftes Ticket wird easyJet lediglich 30 Cent in den Umwelt- oder Klimaschutz investieren. Das kann höchstens als Tropfen auf den heissen Stein gelten.
Jetzt kommt das grosse ABER
Die ganze Klimaschutz-Kampagne von easyJet scheint vor allem eins: Greenwashing. 30 Cents reichen lange nicht aus, um einen Flug klimaneutral zu machen. CO2-Kompensationen klingen vielleicht gut und schön, sind aber nur Schmerzpflaster. Flugzeuge stossen ihre Treibhausgase in äusserst sensiblen Gebieten aus. Wenn dann ein Tonne in einem anderen Gebiet wegfällt, vermag das den Flugzeugausstoss nicht zu kompensieren. Ausserdem häufen sich neben den CO2-Emissionen noch weitere Treibhausgase an. Wer sich bereits gefreut hat, wieder mit gutem Gewissen in einen Flieger steigen zu können, müssen wir leider enttäuschen: Das Fluggeschäft ist noch immer weit entfernt von der Klimaneutralität. Die nachhaltige Fassade soll der Fluggesellschaft wahrscheinlich auch in Zukunft ihre Gewinnzahlen sichern – trotz Klimawandel und Klimabewegung.
Eigenverantwortung
Wir dürfen aber nicht nur mit dem Finger auf die Billigflug-Airline zeigen, sondern müssen auch uns selbst in die Verantwortung ziehen. Die Fluggesellschaften können nur grosse Gewinne einstreichen, solange die Passagiere auf dem schnellsten Weg und zum billigsten Preis verreisen wollen. Der Wandel muss bei uns beginnen, denn eine Firma, die jährliche Gewinne in Millionenhöhe einstreicht, wird ihr Konzept nicht so schnell aufgeben. Auch nicht, wenn damit unsere Zukunft, unsere Lebensgrundlage gefährdet wird.
Quellen und weitere Informationen:
easyjet: Nachhaltigkeit
Webcast: Easyjet 2019 Full Year Results Presentation
Corporate easyJet: Easyjet Trading Update 2019
TAZ: Greenwashing von Flugunternehmen
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„Das letzte Woche angekündigte Kompensationssystem wird uns in diesem Jahr insgesamt 25 Millionen Pfund kosten und wir werden es für all unsere Kunden unterstützen.
Dieser Betrag ist notwendig, um höchst glaubwürdige Gold Standard oder VCS-akkreditierte Projekte zu finanzieren. Wir glauben, dass es in unserer Verantwortung als grosse Fluggesellschaft liegt, die durch unseren Flugbetrieb verursachten CO2-Emissionen auszugleichen. Diese Zahlen mögen niedrig erscheinen, aber sie erklären sich durch das sehr hohe Volumen unserer CO2-Kreditkäufe und den aktuellen Preis. Wenn unsere Passagiere dies individuell tun würden, würden die Kosten daher anders ausfallen (insgesamt über 90 Millionen Pfund).
Der CO2-Ausgleich ist nur eine Übergangsmassnahme, bis neue Technologien entwickelt sind, aber wir glauben, dass es zurzeit die beste Option ist, um CO2 aus der Luft zu entfernen.
Kurzfristig werden wir weiter daran arbeiten, unsere CO2-Emissionen zu reduzieren und gleichzeitig versuchen, den Luftverkehr langfristig neu zu innovieren. Wir haben uns auf die Entwicklung der elektrischen Luftfahrt fokussiert und werden dies auch in Zukunft tun.
Es gibt heute eine echte Auswahl an Verkehrsmitteln, und für diejenigen, die weiterhin fliegen wollen, möchten wir eine der besten Möglichkeiten sein, die ihnen zur Verfügung stehen .»