Der Klimawandel bedroht die Lebensgrundlage der Menschheit. Doch nicht wir alle tragen das gleiche Mass an Verantwortlichkeit. Der persönliche Ökologische Fussabdruck unterscheidet sich je nach Person, Land oder auch weiteren Einflüssen. Auch die Fähigkeit, sich an die Veränderungen anzupassen, hängt von sozialen Faktoren ab. Bestimmte Bevölkerungsgruppen spüren die Konsequenzen dann schneller oder stärker als andere. Diese Ungerechtigkeit muss berichtigt werden. Der Klimawandel konfrontiert uns mit zentralen sozial-politischen und ethischen Problemstellungen.
“Climate change affects every aspect of society, from the health of the global economy to the health of our children. It is about the water in our wells and in our taps. It is about the food on the table and at the core of nearly all the major challenges we face today.”
Ban Ki-moon, ehemaliger UN-Generalsekretär (2009)
Soziale Schere
Eine der Forderungen der Schweizerischen Klimabewegung betrifft die Klimagerechtigkeit. Denn der Klimawandel ist nicht nur ein Umweltproblem. Es stellt uns auch vor ein riesiges Gerechtigkeitsproblem: Unter den Folgen des Klimawandels leiden insbesondere die Bevölkerungsgruppen und Regionen, die am wenigsten Einfluss auf das Klima nehmen. Die Verantwortlichen hingegen haben bessere Mittel, sich vor diesen Entwicklungen zu schützen. Die Klimagerechtigkeit fordert, dass der Klimawandel gebremst wird. Primär die Hauptverursacher sollen dafür zur Verantwortung gezogen werden. Wir müssen der Wissenschaft zuhören, Lösungen umsetzen und Massnahmen treffen.
“Climate change is happening now and to all of us. No country or community is immune. And, as is always the case, the poor and vulnerable are the first to suffer and the worst hit.”
António Guterres, UN-Generalsekretär
Geschlechterfrage
Die Klimadebatte wirft ausserdem die Thematik der Geschlechterfrage auf. Männer und Frauen erfahren die Veränderungen in Klima und Umwelt in unterschiedlichen Formen. Verantwortlich dafür sind - wie es scheint - insbesondere das gesellschaftliche Rollenverständnis und die damit verbundenen sozialen und ökonomischen Ungleichheiten. Die nach wie vor benachteiligte Stellung der Frau schafft auch hier eine Ungerechtigkeit, die aus der Welt geschafft werden muss.
„Die Wahrscheinlichkeit, dass Frauen bei Naturkatastrophen ums Leben kommen, liegt um ein Vielfaches höher als bei Männern.“
Europäisches Parlament, Initiativbericht vom 16. Januar 2018
Erste Untersuchungen zeigen, dass die Folgen des Klimawandels Frauen anders treffen als Männer. Im Folgenden wollen wir einige Beispiele aufzeigen:
- Bei plötzlichen Extremwetterzuständen wie Hochwasser, Hitzewellen oder Hurrikans sterben regelmässig mehr Frauen als Männer. Das stellt eine Studie der London School of Economics fest. Ihr Untersuchungszeitraum lag zwischen den Jahren 1981 und 2002 und umfasste über 4`500 Katastrophen in 141 Ländern.
- Im Sommer 2003 plagte Südeuropa der „Hitzesommer“. Das führte zu 70`000 zusätzlichen Todesfällen, sogenannte „Hitzetote“. Insbesondere betroffen waren ältere und schwächere Menschen.
- Auch an Tagen mit extrem hohen Ausnahmetemperaturen ist die Sterblichkeit von Frauen etwas höher als bei den Männern. Eine Erklärung dafür könnte sein, dass ältere Frauen häufig weniger finanzielle Mittel zur Verfügung haben, um sich gegen Ausnahmezustände zu wappnen. Zudem muss bedacht werden, dass alte Frauen häufiger allein leben; das erhöht das Risiko.
- Der Einfluss von Geschlechterungleichheit auf die Lebenserwartung zeigt sich am stärksten an Orten, wo die sozioökonomische Stellung der Frau besonders tief ist.
Die Klimaseniorinnen der Schweiz (unser Interview mit Pia Hollenstein) reichten im Jahr 2016 offiziell eine Klimaklage beim Bund ein. Die Klage begründen sie mit dem erhöhten Risiko für ihre Bevölkerungsgruppe: „Wir KlimaSeniorinnen haben deshalb ein schutzwürdiges Interesse daran, dass der Staat mindestens die Handlungen vornimmt, die zur Verfolgung des 2-Grad-Ziels nötig sind, und damit unser Leben und unsere Gesundheit schützt.“
Die Gründe für die stärkere Anfälligkeit von Frauen auf klimawandelbedingte Veränderungen sind bisher nicht systematisch erforscht. Erste Studien und Erkenntnisse lassen aber die Annahme zu, dass die geschlechtlichen Arbeitsteilung und die ungleiche Ressourcenverteilung zentrale Rollen spielen. In diesem Bereich bleiben bisher viele Fragen offen. Es gilt Forschungen und Studien voranzutreiben, damit auf die Ungleichheit reagiert werden kann. Nur mit einem breiteren Vorrat an Fakten und Grundlagenkenntnissen können wir uns einem Zustand der Klimagerechtigkeit annähern.
Quellen und weitere Informationen:
Bundeszentrale für politische Bildung bpb: Klimawandel, Migration und Geschlechterverhältnisse
bpb: Geschlechtergerechtigkeit und Klimapolitik
World Health Organization: Gender, Climate Change and Health
Klimaseniorinnen Schweiz: Warum wir klagen
UN Sustainable Development Goals: Climate Justice
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