Arktisches Eis – und was es mit Europa zu tun hat

Die schwindende Eisfläche bedeutet für den Eisbären einen starken Rückgang seines Lebensraums. Die schwindende Eisfläche bedeutet für den Eisbären einen starken Rückgang seines Lebensraums.

Keine andere Region erwärmt sich so schnell wie die Arktis. Was vor wenigen Jahrzenten noch als ewiges Eis galt, schmilzt immer schneller. Das bedeutet Lebensraumverlust für viele Tiere und Identitätsverlust für die indigenen Völker in der Polarregion. Aber es birgt auch Konfliktpotenzial um nun zugängliche Bodenschätze und neue Schifffahrtswege. Auch für uns in Europa hat die Kältekammer Einfluss auf unser Wetter.

Im September des vergangenen Jahres bricht das deutsche Forschungsschiff “Polarstern” auf eine einjährige Forschungsreise auf. Über 300 wechselnde Forscher aus verschiedenen Fachrichtungen und 19 verschiedenen Ländern sollen Daten erheben, um die Zukunftsprognosen für die Arktis zu festigen. Denn bisher sind diese, mangels fehlender Daten aus den Wintermonaten, sehr unsicher. Dabei ist diese Region der Erde am stärksten vom Klimawandel und der Erderwärmung betroffen.

Das Eis schmilzt 

Gletscher auf den arktischen Landmassen, die früher bis ins Meer reichten, ziehen sich zurück. Der Permafrostboden taut auf. Auch das Meereseis schmilzt rasant. Die Eisfläche, die das Meer auch im Sommer bedeckt hat, war vor 50 Jahren noch doppelt so gross, die Dicke des Eises hat sich seitdem halbiert. Auch das Alter des Eises verändert sich. Es tritt nun verstärkt einjähriges Eis auf. Dieses ist im Vergleich zu mehrjährigem Eis weniger dick. Die dünne Eisschicht schmilzt nicht nur schneller, es lässt auch mehr Sonnenstrahlen hindurch. Das wärmt das Meereswasser zusätzlich auf.

“Volk aus dem Eis des Meeres” 

Für die indigene Bevölkerung der Arktis hat das weitreichende Folgen: Reisen zu Orten, die früher auf dem Eis zu Fuss oder per Hundeschlitten möglich waren, müssen jetzt mit dem Boot angetreten werden. Die Robbenjagd ist erschwert und auch die traditionellen Rentierwanderungen zu den Winterquartieren können nicht mehr stattfinden. Die Flüsse frieren nicht mehr zu und sind verschiedentlich unpassierbar. Diese Menschen leben in starker Bindung zu den Gletschern und dem Meereis. Das Schmelzen der Eisfläche bedeutet für sie einen Verlust ihrer kulturellen Identität und eine Gefährdung ihres Lebensunterhalts. Dass es auch die örtliche Flora und Fauna immens bedroht, muss wohl nicht mehr besonders herausgestellt werden. 

Neue Schifffahrtsrouten 

Forscher gehen währenddessen davon aus, dass schon in einigen Jahrzehnten die Nordwestpassage auch im Winter eisfrei bleiben wird. Schon heute geschieht dies in den Sommermonaten in weiten Teilen der Arktis. Die Nordwestpassage ist ein Direktweg zwischen Europa und Asien und würde die Strecke im Vergleich zur bisherigen Schifffahrtsroute um 40% verkürzen. Doch die Ersparnis am Treibstoffverbrauch der Schiffe wird dabei wohl durch die Verlängerung der menschlichen Treibhausgas-Emissionen konterkariert werden. 

Die Arktis als Wirtschaftszone 

Laut einer Studie von 2008 aus den USA sollen sich 30% der weltweiten Gasreserven und 16% des Ölvorkommens nördlich des Polarkreises befinden. Das weckt Begehrlichkeiten unter den Anrainerstaaten. Die an die Arktis angrenzenden Länder sind die USA, Kanada, Norwegen, Grönland (das zu Dänemark gehört) und Russland. Aufgrund des niedrigen Ölpreises lohnt es sich aber (noch) nicht, in der Arktis zu fördern. Die Investitionskosten sind hoch und die Gefahren von Winterstürmen und kollidierenden Eisbergen sind zu gross. Nur Russland fördert bereits Öl in der Arktis und verschifft es in den Sommermonaten über das Polarmeer nach Europa und China.  
Die vermehrte Stationierung von russischem Militär auf verschiedenen Inseln, neue Besitzansprüche der angrenzenden Ländern auf die Polarregionen oder auch der Versuch des US-Präsidenten Trump, Grönland zu kaufen: All das zeigt, dass der Wettlauf um die Ressourcen und die Vormachtstellung in der Arktis begonnen hat.  

Wetterextreme in Europa 

Auch in Europa spüren wir die Veränderungen in der Arktis: Das grundlegende Wetter- und Windsystem der Nordhemisphäre wird vom Westwind-Jetstream beeinflusst. Dieser entsteht durch den Temperaturunterschied zwischen den wärmeren Luftmassen in den gemässigten Breiten und den kälteren in der Polarregion. Der Jetstream zirkuliert um den Nordpol und schliesst die kalten Luftmassen dort ein. Durch die Erwärmung der Arktis wird die Temperaturdifferenz nun geringer. Das Windsystem ist weniger stabil und bricht teilweise zusammen. Die Auswirkungen sind dann, dass die sonst eingeschlossenen kalten Luftmassen der Arktis bis zu uns vordringen und für extreme Kälte sorgen. Ebenso lässt die Veränderung Warmluft aus subtropischen Breiten zu uns kommen. Dies beschert uns dann extrem trockene und heisse Sommer. 


Das Anliegen des internationalen Forscherteams auf der Polarstern ist es, den Klimawandel und dessen Auswirkungen in der Arktis besser zu verstehen und so die zu erwartenden Klimaveränderungen besser vorausahnen zu können. Denn was weit weg in den Polarregionen passiert, betrifft auch uns in Europa. Uns allen sollte bewusst sein, dass das Abschmelzen der Polkappen nicht nur einen Anstieg des Meeresspiegels und eine Gefahr für weit entfernte Südseeinseln darstellt. Es hat direkte Auswirkungen auf unser Wetter, die wir beispielsweise durch extreme Hitzesommer zu spüren bekommen. Es zeigt, wie extrem wichtig es ist, den weltweiten CO2-Austoss rasch zu reduzieren und die Erwärmung der Arktis einzudämmen.  
 

 

 

Quellen und weitere Informationen:
Die Zeit: Globale Erwärmung am Nordpol
Bayrischer Rundfunk: Eischmelze an den Polkappen
Deutschlandfunk: Interview mit dem Expeditionsleiter der Polarstern
Wo befindet sich die Polarstern?

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