Auf internationaler Ebene sind mit dem Pariser Klimaschutzabkommen und dem European Green Deal Konzepte zur Bekämpfung des Klimawandels vorhanden. Allerdings können auch Städte und Gemeinden in der Schweiz zur erfolgreichen Klimapolitik beitragen – und tun das auch vermehrt.
Online-Tool für Gemeinden
Seit Ende 2022 verfügt unser Land über das vom Bundesamt für Umwelt BAFU erschaffene Online-Tool «Anpassung an den Klimawandel». Dieses soll interessierte Gemeinden bei der Überprüfung von Risiken und konkreten Massnahmen im Bereich Klimawandel unterstützen. Das Tool deckt neun Themenbereiche ab, unter anderem Biodiversität, Planung und Bau, Energieproduktion und Land- oder Waldwirtschaft. Auch der Erfahrungsaustausch zwischen den verschiedenen Gemeinden spielt hier eine wichtige Rolle: Beispiele laufender Projekte werden laufend präsentiert und können als Inspiration und Vorlage dienen, um eigene Lösungsansätze zu entwickeln.
Energiestadt-Zertifikation
Die lokale Energie- und Klimapolitik der Schweiz wird mit dem Label der «Energiestadt» unterstützt, das seit gut 30 Jahren vergeben wird und auch auf europäischer Ebene zertifiziert. Ein Bergdorf, eine Gemeinde oder eine Stadt darf sich Energiestadt nennen, wenn überdurchschnittliche Anstrengungen und lokales, kontinuierliches Engagement geleistet werden.
Vorzeigeprojekte sind hier beispielsweise das Walliser Gletscherdorf Saas-Fee und die Gemeinde Entlebuch im Kanton Luzern. Sie sind Träger des «European Energy Award Gold», der höchsten europäischen Auszeichnung in diesem Bereich. Ihnen gelang es, innovative Projekte zur Förderung von erneuerbaren Energien, der Energieeffizienz und einer effizienten Nutzung von Ressourcen umzusetzen.
Saas-Fee wurde 2002 erstmals zertifiziert. Unter anderem ist die Gemeinde autofrei und wird zu 100% mit Natur-Energie-Strom versorgt, der zum Teil vor Ort produziert wird. In Saas-Fee verkehrt das höchste Elektro-Postauto der Welt zwischen Busterminal und Bergbahnen. Elektroautos können gratis im Parkhaus geladen werden. Zusätzlich wird ein bereits existierendes solares Fernwärmenetz zurzeit weiter ausgebaut wird, und das Schulhausdach konnte durch die Beteiligung von Einheimischen und Besitzern von Ferienwohnungen mit einer Photovoltaik-Anlage bestückt werden. Weiterhin ist ein Ziel, die Gemeindegebäude in den nächsten Jahren vollständig erneuerbar zu beheizen und den Stromverbrauch um 75% zu reduzieren.
Die Gemeinde Entlebuch betreibt unter anderem eigene Photovoltaikanlagen auf den Schulhausdächern und drei Windenergieanlagen. Zudem wird vermehrt auf den Neubau von Häusern mit Minergie-Standard gesetzt. Die Gemeinde als Teil der UNESCO Biosphäre Entlebuch bietet regelmässige Führungen und Aktivitäten im Bereich Energie an – für Einheimische und Touristen zugleich.
Biogas aus der Landwirtschaft
Erneuerbares Biogas wird aus Gülle, Mist und organischen Reststoffen hergestellt, die sowieso auf einem Bauernbetrieb anfallen. Anstatt die entstehenden Treibhausgase wie Methan in die Atmosphäre entweichen zu lassen, können die Vergärungsprozesse für die Produktion von Biogas genutzt werden. Beispielsweise können die Gründer der Bioanlage Müller Energie GmbH im Kanton Schaffhausen so ihre eigenen Felder klimaneutral bewirtschaften. Zusätzlich wird Strom für etwa 400 Haushalte produziert, und mit der Abwärme lassen sich mehr als 270 Wohnungen und Betriebe mit Heizungswärme und Warmwasser versorgen. Landwirte erhöhen so nicht nur die Wirtschaftlichkeit ihres eigenen Betriebs, sondern tragen auch zum Klimaschutz bei.
Mit dem Bau von Biogastankstellen lässt sich zusätzlich das Diesel der Hoffahrzeuge durch einen umweltfreundlicheren Treibstoff ersetzen und der Stoffkreislauf weiter schliessen.
Lokale Klimaplattform
Auch im Bereich der Siedlungsplanung engagieren sich Gemeinden lokal für den Klimaschutz. Unter anderem setzt sich die Klimaplattform in Küttigen AG mittels Vernetzung von Bewohnern, Behörden, Firmen und Organisationen für nachhaltiges Handeln im Kampf gegen den Biodiversitätsverlust und den Klimawandel ein. So wurde etwa am 24. Februar dieses Jahres die erste Aktion für die Entsiegelung von Böden gestartet.
Klimaplattform
Das Aufbrechen von versiegelten Flächen erlaubt die natürliche Versickerung von Regenwasser im Boden und verbessert die Zirkulation von Luft und Wasser. Renaturiert werden vor allem private Parkplätze und Strassen, aber auch öffentliche Plätze, sofern die Asphalt- und Betonbeläge nicht unbedingt erforderlich sind. Zuvor verschlossene Flächen werden begrünt, was die Entstehung von Lebensräumen für eine Reihe einheimischer Pflanzen und Kleinstlebewesen begünstigt. Die Verdunstung des Regenwassers hält die Umgebung zusätzlich kühl und kann so die klimatischen Bedingungen lokal verbessern.
Innerhalb der eigenen Gemeinde oder Stadt lassen sich vielerlei Ideen umsetzen und kleine, aber wichtige Beiträge zur Verbesserung des Klimaschutzes leisten. Es gibt also nicht nur Handlungsbedarf: Es bieten sich auch Perspektiven.
Quellen und weitere Informationen:
Energiestadt
BAFU: Online-Tool für Gemeinden
Swiss Climate: Biogasanlagen auf Schweizer Bauernhöfen
Kommentare (0) anzeigenausblenden