Im Geografie-Unterricht mussten wohl die meisten von uns einst die Klimazonen einzeichnen und auswendig lernen. Bereits heute oder in ein paar Jahrzehnten - je nachdem wie alt wir sind - müssten wir die Grenzen zwischen diesen Zonen nicht mehr an den genau gleichen Stellen ziehen. Grund dafür ist die Verschiebung der Klimazonen. Man geht davon aus, dass sich die Klimazonen pro Grad Erwärmung um 100 bis 200 km verschieben. Diese Verschiebung erfolgt in Richtung der Pole, wodurch das Gebiet, welches über ein polares Klima verfügt, stetig kleiner wird. Die Tropen hingegen dehnen sich aus.
Trockenzone um den 30. Breitengrad dehnt sich aus
Das Klima ist ein komplexes System und verhält sich nicht strikt nach Schema. Das zeigt etwa die beobachtete Verschiebung der innertropischen Konvergenzzone. Über Indien und Ostafrika wandert diese nach Norden, während sie sich über Südamerika und dem Pazifik in Richtung Süden verschiebt.
In der innertropischen Konvergenzzone liegt der tropische Regengürtel. Dieser umspannt den Globus wie ein Band und befindet sich je nach Jahreszeit nördlich oder südlich des Äquators. Mit der Verschiebung des tropischen Regenbands verändert sich auch die Ausdehnung und Zirkulation der Hadley-Zelle, die sich ebenfalls abhängig von der Jahreszeit nördlich bzw. südlich der innertropischen Konvergenzzone befindet. Die Hadley-Zelle dehnt sich seit einiger Zeit in ihren höheren Breitengraden aus.
Hadley-Zelle (Dieter Kasang: Wiki Bildungsserver Creative Commons)
Das bedeutet konkret, dass sich die Zone ausweitet, in welchem die Abwärtsbewegung des Luftmassenaustausches stattfindet: Ein grösseres Gebiet wird von der absinkenden trockenen Luft erreicht. Das führt zu einer Ausdehnung der Wüsten (Desertifikation) und ist wahrscheinlich der Grund für das Vordringen der Sahara im Norden. Auch die zunehmende Trockenheit in Südeuropa ist zu einem Teil der Verschiebung der Hadley-Zelle zuzuschreiben. Besonders eindrücklich zeigt sich diese in Spanien. Die Steppenlandschaft im Südosten des Landes breitet sich derzeit stark aus: 75% der Landesfläche sind laut EU-Kommission durch Wüstenbildung bedroht.
So verändert sich das Klima in der Schweiz
Nicht nur Südeuropa wird sehr wahrscheinlich trockenere Sommer erleben - auch in der Schweiz ist mit einer Abnahme des Sommerniederschlags zu rechnen. Unser Land liegt am Rand einer Zone, für die in den nächsten Jahrzehnten geringerer Sommer-Niederschlag prognostiziert wird: Die Trockenheit betrifft damit nicht nur Süd-, sondern auch Westeuropa. Der Grund dafür liegt in der Ausdehnung des Azorenhochs in den letzten Jahrzehnten. In der Schweiz wird während des Sommers ein Rückgang der Niederschlagsmenge von rund 20 Prozent im Westen und rund 5-10 Prozent im Osten erwartet.
Die markanteste Klimaveränderung ist aber bekanntlich der Temperaturanstieg. In der Schweiz ist nicht nur die Verschiebung der Klimazonen Richtung Norden sichtbar; hierzulande ist auch der Rückzug der kalten Klimazonen im Gebirge zu beobachten. In den Alpen erwärmte sich das Klima in den letzten 120 Jahren um knapp 2 Grad – fast doppelt so stark wie im globalen Durchschnitt.
In der Schweiz treffen wir traditionell auf drei Klimatypen: Das gemässigte Klima, das Schneeklima und das polare Klima. Besonders eindrücklich spürbar ist die Verschiebung dieser Klimazonen etwa im luzernischen Sörenberg. Das auf 1160 Meter gelegene Dorf ist stark vom Wintersport abhängig und verfügt nach geläufiger Klassifikation über ein „Schnee-Wald-Klima“: Es verzeichnet mindestens einen Monat mit einer Durchschnittstemperatur von über 10 Grad sowie mindestens einen Monat mit durchschnittlich unter -3 Grad Celsius. Mit dem Klimawandel könnte das kalte Klima jedoch verschwinden – das Dorf muss sich in Zukunft auf ein gemässigtes Klima mit entsprechend weniger Schneefall einstellen. Bereits in den letzten Jahren machte dem Dorf die Abnahme der Schneemenge zu schaffen: Skilifte mussten über längere Zeit geschlossen bleiben und Veranstaltungen verschoben werden.
Sörenberg ist bei weitem nicht das einzige Wintersportgebiet, das mit Schneemangel zu kämpfen hat. Die Schneefallgrenze steigt zurzeit rapide an – sie liegt bereits 300 Meter höher als noch vor einigen Jahrzehnten. Die Forschung geht davon aus, dass sie bis Ende des Jahrhunderts noch um weitere 500 bis 700 Meter steigen wird. Der Rückgang des Schneefalls wird dann auch in Skigebieten ab 2000 Metern spürbar sein.
Und was ist mit dem Golfstrom?
Das Klima ist einer riesigen Zahl an Wechselwirkungen unterworfen, was seine Entwicklung schwer vorhersehbar macht. Eine Wechselwirkung, die mit grossen Unsicherheiten behaftet ist, ist jene zwischen den schmelzenden Eiskappen und den globalen Meeresströmungen. Es gibt aber Hinweise, dass sich der Golfstrom in den letzten Jahrzehnten ungewöhnlich stark verlangsamt hat.
Eine Veränderung des Golfstroms hätte markante Auswirkungen auf Europas Klima: Der Golfstrom transportiert warmes Wasser aus dem Golf von Mexiko an die europäische Atlantikküste und sorgt dadurch in Europa für ein deutlich wärmeres Klima als auf den gleichen Breitengraden in Nordamerika. Angetrieben wird der Golfstrom vom Absinken des abgekühlten (und damit schwereren) Salzwassers vor Grönland. Die Abwärtsbewegung der riesigen Wassermasse erzeugt eine Sogwirkung, die das warme Oberflächenwasser von der Westküste Amerikas nachzieht.
Durch das Abschmelzen der Polkappen sinkt nun aber der Salzgehalt des Nordatlantiks. Das Wasser im Golfstrom verliert dadurch an Dichte und Gewicht, wodurch die Sogwirkung abnimmt. Sollte der Golfstrom gänzlich zum Erliegen kommen, würde es deutlich kälter in Europa. Es wird befürchtet, dass der Golfstrom einen sogenannten Kipppunkt erreichen kann, nach dessen Überschreiten er innerhalb weniger Jahrzehnte komplett zum Stillstand kommt. Laut Forschenden des Weltklimarates IPCC ist ein abrupter Stillstand des Stroms bis Ende dieses Jahrhunderts allerdings nicht wahrscheinlich. In Europa wird es also – wie auch auf dem Rest der Erde bereits deutlich zu beobachten – in nächster Zeit nicht kälter, sondern weiterhin deutlich wärmer werden.
Quellen und weitere Informationen:
Spektrum: Tropisches Regenband auf Nordkurs
Globale Erwärmung und atmosphärische Zirkulation: großer Dominoeffekt!
Flucht nach oben? (Sörenberg)
Scinexx: Klima: Azorenhoch wird grösser
ARD: Golfstrom: Die Wärmepumpe für Nordeuropa
NCCS: Trockene Sommer
Kommentare (0) anzeigenausblenden